Süddeutsche Zeitung

Streit über Lissabon-Urteil:"CSU darf keine Anti-Europa-Partei werden"

Die CSU streitet sich weiter über das Urteil des Verfassungsgerichtes zur EU: Der Europaabgeordnete Ferber warnt vor zusätzlichen Forderungen - und wird dafür beschimpft.

Der Streit in der CSU über die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum EU-Reformvertrag geht weiter. Markus Ferber, Vorsitzender der CSU-Europagruppe, warnte angesichts der jüngsten Forderungen nach zusätzlichen Mitwirkungsrechten von Bundestag und Bundesrat in EU-Fragen: "Eine Anti-Europa-Partei darf die CSU nicht werden."

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt entgegnete: "Man kann nicht immer nur das Demokratiedefizit der EU beklagen, man muss auch etwas dagegen tun." Auch Parteichef Horst Seehofer und die CSU-Landtagsfraktion stellten sich hinter die Forderungen. "Ich halte das Argument, das von Markus Ferber vorgetragen wird, nicht für stichhaltig, dass die EU gelähmt würde", sagte Fraktionschef Georg Schmid.

Unterstützung bekam Ferber dagegen vom niederbayerischen CSU-Bezirkschef und stellvertretenden Vorsitzenden der konservativen EVP-ED-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber. Er betonte: "Die Europaexperten in der CSU sind wir, die Europagruppe."

"Zu sehr unter der Brüsseler Käseglocke"

Weber warnte zugleich: "Ein genereller Genehmigungsvorbehalt würde die Position der deutschen Minister auf europäischer Ebene massiv schwächen." Zwar sei die von Karlsruhe geforderte Stärkung des Parlaments richtig. Aber eine generelle verpflichtende Befragung von Bundestag und Bundesrat bei EU-Entscheidungen sei "nicht von Vorteil". Die CSU müsse die Diskussion "jetzt versachlichen".

Dobrindt forderte dagegen: "Wir müssen das Lissabon-Urteil ernst nehmen und die Mahnung der Karlsruher Richter nach mehr demokratischer Kontrolle umfassend umsetzen." Wer sich jetzt mit einer "Schmalspurvariante" begnüge, riskiere das Scheitern des gesamten Vertragswerks, wenn es zu einer neuerlichen Klage vor dem Verfassungsgericht komme.

Der CSU-Generalsekretär hatte am Sonntag die Debatte mit der Bemerkung angeheizt, Ferber lebe "schon zu sehr unter der Brüsseler Käseglocke".

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