Streit mit Krankenkassen:Ärzte: "Wollen überhaupt nicht mehr Geld"

Die AOK kündigt den Hausarztvertrag, ebenso die Ersatzkassen - weil die Ärzte den Systemausstieg forcieren. Längst ist die Lage eskaliert, doch die Mediziner verstehen die Aufregung nicht.

D. Mittler

Bayerns Hausärzte, die am Mittwoch in Nürnberg darüber abstimmen, ob sie kollektiv ihre Kassenzulassung zurückgeben, sehen sich als Opfer einer Kampagne, bei der die Öffentlichkeit bewusst falsch über die Ziele der Ärzte informiert werde. Wenn Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) erkläre, die Ärzte sollten eher an ihre Patienten denken als an höhere Honorare, so gehe das an der Realität vorbei, sagte Wolfgang Hoppenthaller, der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes. "Wir wollen überhaupt nicht mehr Geld", sagte er in München.

Auch Ersatzkassen kündigen Hausärzte-Vertrag

Die bayerischen Hausärzte sehen sich als Opfer einer Kampagne.

(Foto: dpa)

"Wir sind freiwillig bereit, auf zehn Prozent unseres Honorars zu verzichten, wenn dafür im Gegenzug die Laufzeit des AOK-Hausarztvertrages verlängert wird", erklärte Hoppenthaller. Ein entsprechendes Vertragsangebot liege der AOK Bayern längst vor. Den Hausärzten gehe es dabei um Planungssicherheit. Genau die sei im Kassensystem nun aber nicht mehr gegeben, wie sich derzeit zeige. Mittlerweile hat nicht nur die AOK Bayern ihren Hausarztvertrag fristlos gekündigt, sondern auch die Ersatzkassen. Die Vertragskündigungen seien rechtswidrig, betonte Hoppenthaller. Sein Verband werde dagegen klagen.

Umgekehrt fordert allerdings der Hausärzteverband seine etwa 7000 Mitglieder auf, sich über die Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs hinwegzusetzen und kollektiv die Kassenzulassung zurückzugeben. Sodann könne der Hausärzteverband - so Hoppenthallers Plan - mit den Kassen frei Honorare aushandeln und notfalls auch zum Streik aufrufen, wie er betonte. Den im System verbleibenden Kassenärzten sind Streikmaßnahmen verboten.

Umgekehrt warnen jedoch die Staatsregierung und die Kassen davor, dass ein kollektiver Systemausstieg der Hausärzte illegal sei. Schon deshalb gehe die Rechnung nicht auf, dass die Krankenkassen dann noch mit dem Hausärzteverband einen Vertrag abschließen würden. "Sie dürfen das rein rechtlich gar nicht tun", lautet die Auffassung von Gesundheitsminister Söder. Auch hätten er und Ministerpräsident Horst Seehofer dem Hausärzteverband deutlich klar gemacht, dass die Staatsregierung einen Systemausstieg auf gar keinen Fall unterstütze. Wer seine Kassenzulassung zurückgebe, der sei draußen.

Dem widersprach Hoppenthaller energisch. Die Kassen würden sehr wohl mit den ausgestiegenen Ärzten Verträge abschließen, und die Politik werde auch dafür die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen. Die Staatsregierung könne sich ein Versorgungschaos mit Tausenden Patienten, die plötzlich keinen Hausarzt mehr hätten, nicht leisten. "Was ist das höhere Gut, die Patientenversorgung - oder das Sozialgesetzbuch", fragte Hoppenthaller. Seine Hausärzte seien keine Gesetzesbrecher, die kollektive Rückgabe der Kassenzulassung sei allenfalls ein Verstoß. Und zu diesem seien die Hausärzte gezwungen, um die Existenz ihrer Praxen zu sichern.

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