Süddeutsche Zeitung

Streit in der Union:Seehofer verärgert Merkel

Die CDU kritisiert die Europapolitik der bayerischen Schwesterpartei. Viele Länderchefs fühlen sich von CSU-Chef Seehofer verschaukelt.

Stefan Braun und Susanne Höll

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist schwer verärgert über den Kurs der CSU in der Europapolitik. Nach Berichten von Teilnehmern zeigte sie sich in der CDU-Präsidiumssitzung am Montag empört darüber, dass die Schwesterpartei sich in der Umsetzung des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsgerichts für eine kompromisslose Linie entschieden hat. Während die CSU bei der nötigen Neufassung des Begleitgesetzes zum EU-Reformvertrag deutlich über die Maßgaben des Gerichts hinausgehen möchte, lehnt die CDU-Spitze das für diese Legislaturperiode strikt ab.

Besondere Verärgerung gab es darüber, dass CSU-Chef Horst Seehofer am vergangenen Donnerstag beim Treffen der Unionsspitze mit den Ministerpräsidenten gesagt hatte, er müsse das Votum seiner Partei abwarten - während er zwei Tage später die ganz harte Linie selbst durchsetzte. Viele CDU-Länderchefs hatten seine Worte vom Donnerstag als Kompromisssignal verstanden und fühlten sich am Montag auf den Arm genommen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch wird mit den Worten zitiert, dass man sich, wenn das immer so laufe, in der Runde der Länderchefs so nicht mehr zusammenzusetzen brauche.

Nach Angaben von Teilnehmern betonten mehrere Mitglieder des Präsidiums, unter ihnen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Koch, wie wichtig es für die CDU sei, nicht zum Bremser in der EU zu werden. "Eine positive Einstellung zu Europa und die Rolle des Antreibers für eine engere und tiefere Zusammenarbeit - das gehört zu den Grundpfeilern unseres Selbstverständnisses", sagte ein Vize-Parteivorsitzender der SZ. "Deshalb dürfen wir uns an der Stelle auf keine Spielchen der CSU einlassen."

Die CDU-Führung beschloss, noch in dieser Legislaturperiode die Bedingungen des Gerichts zur Ratifizierung des EU-Reformvertrags "eins zu eins" umzusetzen. Das werde eine "genügend filigrane Aufgabe" sein, sagte Schäuble.

Aus der SPD-Spitze wurde die Sorge laut, dass der Konflikt in der Union die Verabschiedung des Gesetzes verzögern und neue Irritationen über die Zukunft des EU-Reformvertrags auslösen könnte. Das SPD-Präsidium sei sich einig, dass jede Verschiebung negative Folgen für die EU hätte, hieß es aus SPD-Kreisen. "Die anderen EU-Staaten schauen auf Deutschland". Konkrete Vorschläge für das Gesetz hat die SPD noch nicht vorgelegt.

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SZ vom 14.07.2009/mikö
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