Streit in der CSU:CSU-Chef Seehofer watscht Söder ab

Beginn CSU-Parteitag

Bayerns Finanzminister Markus Söder und sein Chef Horst Seehofer (hier auf dem CSU-Parteitag) liegen schon seit geraumer Zeit im Clinch.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • CSU-Chef Seehofer hat den bayerischen Finanzminister scharf angegriffen - in einer Sitzung in Berlin, bei der Söder gar nicht dabei war.
  • Hintergrund von Seehofers Wutrede ist ein Interview, in dem Söder die Befürworter für eine weitere Kanzlerschaft Merkels angriff.
  • Das ohnehin angespannte Verhältnis der beiden dürfte damit eine neue Eskalationsstufe erreicht haben.

Von Wolfgang Wittl

Es war eine vermeintlich harmlose Sitzung, ein Treffen, wie es alle paar Jahre stattfindet. Einmal in jeder Legislaturperiode kommen die Spitzen der CSU-Landtagsfraktion und der Berliner Landesgruppe zusammen - eigentlich, um den Kontakt zu pflegen und über aktuelle Fragen zu beraten. Am Montag war turnusmäßig wieder Berlin an der Reihe, zehn Uhr, ein Sitzungssaal im Jakob-Kaiser-Haus, etwa 50 Teilnehmer. Es ging um die Rente, die schwierige Kür eines Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl, nichts Besonderes so weit. Doch dann folgte eine Maßregelung, die in der CSU schon Stunden später für Gesprächsstoff sorgte.

Die Hauptdarsteller: Parteichef Horst Seehofer und sein bei der Sitzung abwesender Finanzminister Markus Söder, deren ohnehin angespanntes Verhältnis damit eine neue Eskalationsstufe erreicht haben dürfte. Und das nur zwei Tage nach dem Parteitag, von dem ein Zeichen des Friedens und der Harmonie ausgehen sollte.

Auslöser war eine Wortmeldung des früheren CSU-Chefs Erwin Huber. Mit Blick auf die aus seiner Sicht notwendige Versöhnung mit der CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte Huber, die CSU müsse die Merkel-Attacken endlich einstellen. Man dürfe die eigenen Anhänger nicht weiter aufwiegeln, sondern müsse die Union zusammenhalten, sagte Huber nach Angaben von Teilnehmern. Dann verwies er auf ein Interview von Söder, der in der Passauer Neuen Presse am Montag die Befürworter für eine weitere Kanzlerschaft Merkels angriff. "Einige aus der CSU sind bereits mit vorauseilendem Gehorsam nach vorn gegangen. Das war nicht gut", sagte Söder. Angesprochen fühlen durften sich CSU-Vize Manfred Weber und Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die zuletzt öffentlich für Merkel geworben hatten.

Nun schaltete sich Seehofer in die Debatte ein. Dazu wolle er auch etwas sagen, hob Seehofer laut Zeugen in ruhigem Ton an. Doch was er sagte, hatte ein Beben zur Folge, dessen Erschütterungen am selben Tag bis nach München zu spüren waren. Offenbar hatte er von Söders Interview bereits Kenntnis gehabt. Ohne dessen Namen ein einziges Mal zu nennen, kanzelte er seinen Rivalen ab, dass sich mancher an die legendäre Weihnachtsfeier 2012 erinnert fühlte. Damals hatte Seehofer seinem Finanzminister "Schmutzeleien" und "Charakterlosigkeit" vorgeworfen. So persönlich wurde er diesmal zwar nicht, doch der Inhalt war unmissverständlich.

Sprachlos waren alle nach der Wutrede des Parteichefs

Die "Privatstrategien" müssten ein Ende haben, rüffelte Seehofer. So gehe es nicht mehr weiter, solche Beiträge belasteten die gesamte Partei. "Nur Zwietracht" werde auf diese Art geschürt. Der Eigennutz solcher Aussagen stehe stets über dem Gesamtwohl der Partei, er sei nicht länger bereit, dies hinzunehmen. Es gehe nicht an, dass die CSU in wichtigen Fragen "zwei- oder dreigleisig" fahre, habe Seehofer noch geschimpft. Und wer Zweifel gehabt haben sollte, wen er meinte, der hatte spätestens nach dem nächsten Satz Klarheit: "Wer jeden Tag einen Förderbescheid überreicht, ist noch lange kein Stratege."

Die Reaktionen auf Seehofers Philippika fielen gemischt aus. Die eine Hälfte der Teilnehmer klatschte, die andere Hälfte hielt sich zurück. Sprachlos waren alle nach der Wutrede des Parteichefs - allerdings weniger wegen des Inhalts, sondern aufgrund der Ungebremstheit, mit der Seehofer seinem Zorn freien Lauf ließ. "Völlig zerrüttet" müsse das Verhältnis zwischen Seehofer und seinem Herausforderer inzwischen wieder sein, sagten CSU-Abgeordnete, wenn ein kleiner Funke wie dieser beim Parteichef zu dieser Explosion führe. Die Worte seien "kein Urteil" über Söder gewesen, sondern "eine Verurteilung".

Söder hatte sich am Parteitag öffentlich weitgehend zurückgehalten. Er hatte Seehofers Rede mit mäßigem Enthusiasmus beklatscht, die Linie des Parteichefs aber unterstützt. Vor allem kümmerte er sich um Delegierte, schüttelte Hände und nahm sich Zeit für Gespräche. Dass Seehofer ihn nun mit dieser Vehemenz tadelte, liege wohl daran, dass Söder "einfach keine Ruhe geben" könne, wie ein CSU-Mann sagte.

Der Parteichef müsse es als Anmaßung empfunden habe, dass Söder die von oben verordnete Zurückhaltung in der Merkel-Debatte mit dem Interview offenbar ignoriert habe. Bis Mittwoch weilt Seehofer noch in Berlin. Zum nächsten Treffen mit Söder kommt es voraussichtlich am Donnerstag im Landtagsplenum.

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