Streit am Tegernsee:Bad Wiessee und der bayerische Oligarch

Ein Geschäftsmann irritiert die Bürger in Bad Wiessee: Er kauft eine Immobilie nach der anderen und schließt mitten in der Hochsaison zwei beliebte Lokale - nachdem die Gemeinde ihm die Genehmigung für ein Bauprojekt verweigert hat. Alles nur Zufall? Heimatschützer wittern Erpressung.

Von Heiner Effern, Bad Wiessee

Über Oligarchen regt sich am Tegernsee kaum mehr einer auf. Man hat sich an das Verhalten der neuen Nachbarn gewöhnt: Sie kaufen riesige Grundstücke am Ufer, bauen sündteuer und sind fast nie zu sehen. Doch ein reicher und vielen auch etwas suspekter Geschäftsmann heizt am Tegernsee derzeit die Stimmung an, als ob das legendäre Bräustüberl an eine norddeutsche Pilsbrauerei verkauft würde.

Ein ums andere Mal schlägt er zu, wenn in Bad Wiessee eine Immobilie zum Kauf steht. Die Berggaststätte Bauer in der Au mit Wald und Alm - gehört ihm seit etwa zwei Jahren. Das Ausflugsziel Söllbachklause mit ähnlichen Beigaben - gekauft im Februar. Ein Wohn- und Geschäftshaus mit Gaststätte im Zentrum - dieser Tage erworben. Der Käufer Franz Haslberger aus Freising hat am Tegernsee schon einen Spitznamen: der bayerische Oligarch.

Dessen Kollegen aus dem Osten stehen im Ruf, ihr Geld und ihre Macht rigoros zu ihrem persönlichen Vorteil einzusetzen. Dieses Verhaltensmuster erkennen Heimatschützer wie Angela Brogsitter-Finck, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT), auch beim Unternehmer Haslberger. Dieser bestimmt mit dem Bauer in der Au und der Söllbachklause über zwei attraktive Ausflugsziele. Beide sind jetzt in der Hochsaison geschlossen. Kein Zufall, glaubt Brogsitter-Finck.

Denn Haslberger streitet derzeit mit der Gemeinde Bad Wiessee über ein großes Bauprojekt. An Stelle der Gaststätte Bauer in der Au will der Unternehmer einen 61 Meter langen Bauernhof errichten. Die Gemeinde und das Landratsamt Miesbach verweigerten die Genehmigung, Haslberger klagt nun vor dem Verwaltungsgericht.

Bürgermeister fühlt sich nicht unter Druck gesetzt

"Man kann das als eine Art Erpressung sehen. Entweder darf ich meinen Mammuthof bauen, oder ich sperre die Gaststätten zu", sagt die SGT-Vorsitzende Brogsitter-Finck. Auch wenn mancher schon seine Heimat Bad Haslbergl statt Bad Wiessee nennt, Bürgermeister Peter Höß (Freie Wählergemeinschaft) geht nicht so weit. "Natürlich ist es schlecht, dass diese beiden Ausflugslokale geschlossen sind", sagt er. Unter Druck gesetzt fühle er sich aber nicht.

Im Übrigen wolle er "den Ball flach halten". Schließlich müsse man sich mit Herrn Haslberger ja wieder zusammensetzen. Der Kontakt sei ja nicht abgerissen, erst vergangene Woche habe man telefoniert.

Was nicht heißt, dass er im Streit um das große Bauprojekt mitten in der Natur einknicken wird. "Wenn wir das hier gegen die gesetzlichen Vorgaben genehmigen, werden wir erpressbar. Dann haben wir hier die totale Zersiedelung. Dabei ist doch die Landschaft unser größtes Kapital", sagt der Bürgermeister.

Man müsse die geschlossenen Ausflugsziele nicht als Drohkulisse werten, sagt Bürgermeister Höß. Es gebe auch andere Erklärungen. Die Söllbachklause müsse renoviert und den neuesten Anforderungen an einen Gaststättenbetrieb angepasst werden. Zum Beispiel beim Brandschutz. So etwas könne dauern. Und beim Bauer in der Au?

Ein Geschäftsmann werde nicht in ein Gebäude investieren, für dessen Abriss er gerade vor Gericht kämpft. Das sei aus dessen Sicht schon zu verstehen, sagt Höß. Zumal die rechtliche Lage nicht einfach ist: Bis zum Brand im Jahr 1971 stand auf dem Areal des Bauer in der Au ein Hof in der nun beantragten Größe.

Die Gemeinde hält das Baurecht für erloschen, Haslberger pocht auf die Privilegierung der Landwirtschaft beim Bauen im Außenbereich. Warum ein offenbar erfolgreicher Multi-Unternehmer aber für viel Geld einen Bergbauernhof bauen und betreiben sollte, der kaum Gewinn machen wird, darauf blieb Haslberger bis jetzt eine Antwort schuldig.

Franz Haslberger will sich nicht äußern

Der Mann und seine Immobiliengeschäfte sind vielen Menschen vielleicht auch deshalb unheimlich, weil er fast nie öffentlich etwas erklärt. Franz Haslberger ist keiner, der sich auf Empfängen in seinen Geschäftserfolgen sonnt und Hof hält. Ruft man in seiner Freisinger Unternehmenszentrale an, sagt die Dame in der Leitung, sie dürfe auf gar keinen Fall Auskünfte irgendeiner Art geben. Und schon gar keine Mailadresse verraten.

Schlägt man sich dennoch bis zu seiner persönlichen Referentin durch, kann tatsächlich ein Telefonat mit ihm zustande kommen. In dem Franz Haslberger nach kurzer Bedenkzeit freundlich sagt, dass er nichts sagt. Das hinterlässt einen fatalen Eindruck. "Der kauft und kauft, sagt aber nichts. Wenn er seinen Willen nicht kriegt, klagt er", ärgert sich Heimatschützerin Brogsitter-Finck.

Sein Geld verdient Franz Haslberger vornehmlich mit Baustoffen. Seine Fixit-Gruppe mit Stammsitz in Freising verfügt über 62 Standorte in 19 europäischen Ländern. Dort arbeiten etwa 2000 Menschen. Daneben investiert Haslberger in Immobilien, von Einkaufszentren über Hotels bis zu Wohnungen.

In die Öffentlichkeit geriet er im Jahr 2006, als ein Firmenflugzeug im Irak abstürzte. Alle sechs Insassen starben. Haslberger habe damals selbst mitfliegen wollen, sagte er damals der SZ. Er sei nur zuhause geblieben, weil ein Familienmitglied erkrankt war.

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