Strafprozess:"Entmenschlichte Rohheit"

Beginn Prozess um Doppelmord von Höfen

Für Robert P. wurde Sicherungsverwahrung angeordnet

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Raubüberfall von Höfen: Das Landgericht München II verurteilt drei Angeklagte wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft

Von Andreas Salch, Höfen

Es muss ein furchtbarer Anblick gewesen sein. Als Polizeibeamte in der Nacht des 25. Februar vergangenen Jahres das Haus einer Witwe im Weiler Höfen (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) betraten, fanden sie im ersten Stock die an Händen und Füßen gefesselte Leiche von Inge B. Die 76-Jährige lag blutüberströmt auf dem Bauch in einem Bett. Im Heizungskeller stießen die Polizisten auf eine weitere Leiche. Es war die von Johannes S. An dem entstellten Körper des 81-Jährigen zählten Gerichtsmediziner "einhundert Gewalteinwirkungen", unter anderem war seine linke Wange mit einem Schraubendreher durchstoßen worden. Auch die Witwe Veronika F. (Name geändert) war brutal mit Schlägen und Tritten traktiert worden. Die 76-Jährige hatte jedoch überlebt. Als man sie fand, lag sie im Heizungskeller neben der Leiche von Johannes S.

Veronika F. und ihre beiden Bekannten waren in der Nacht des 22. Februar Opfer eines unvorstellbar brutalen Raubüberfalls geworden. Am Montag verkündeten die Richter der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II im Hochsicherheits-Gerichtssaal der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim die Urteile in dem Prozess gegen die drei aus Polen stammenden Täter. Robert P., sein Neffe Michal N. und Jakub G. wurden unter anderem jeweils wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei Robert P. und Michal N. stellte das Gericht zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Eine Entlassung auf Bewährung ist somit nicht möglich. Für den einschlägig vorbestraften Robert P. wurde zudem Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine Schwester, die 50-jährige Malgorzata L., erhielt acht Jahre Haft wegen Raubes. Sie gab nach Überzeugung der Richter ihrem Bruder den Tipp für den Einbruch. Malgorzata L. hatte als Pflegerin bei Veronika F. gearbeitet und mitbekommen, dass diese sehr wohlhabend war. Die Täter erbeuteten rund 100 000 Euro Bargeld, das sich in einem Tresor im Keller des Hauses befand, zwei Goldbarren mit einem Gewicht von 50 und 500 Gramm sowie Schmuck. Um an das Geld und die Preziosen zu kommen, hätten die Angeklagten den Entschluss gefasst, ihre Opfer "niederzumachen", sagte Richter Thomas Bott, bei der Urteilsbegründung.

Veronika F. trat in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Ihr Vertreter, Rechtsanwalt Derek Setz, zeigte sich bei seinem Plädoyer erschüttert über die "unfassbare Rohheit" der Angeklagten. Seine Mandantin und der 81-jährige Johannes S. seien aus dem Obergeschoss in den Heizungskeller geschleift worden, um sie dort "jämmerlich verrecken zu lassen". Man müsse in der bayerischen Kriminalgeschichte schon suchen, um ein ähnlich grausames Verbrechen zu finden, wie das in Höfen, sagte Setz und zog angesichts der "entmenschlichten Rohheit" Parallelen zum Sechsfachmord 1922 in Hinterkaifeck bei Schrobenhausen und den Verbrechen in der Zeit des NS-Regimes.

Jakub G. hatte in der Untersuchungshaft einem Mithäftling, der als Zeuge gehört wurde, von der Tat erzählt: Als sie das Haus verlassen hätten, sei alles voller Blut gewesen. Es habe wie in einem "Schlachthaus" ausgesehen. Die Reinigung des Anwesens durch professionelle Tatortreiniger habe 16 000 Euro gekostet, sagte Rechtsanwalt Setz. Als das Gericht am vierten Verhandlungstag auf einer großen Leinwand Fotos zeigte, auf denen zu sehen war, wie die Angeklagten ihre Opfer zugerichtet hatten, schaute Robert P. nur einmal kurz auf, Jakub G. gar nicht. Malgorzata L. und ihr Sohn Michal warfen ebenfalls nur einen kurzen Blick auf die schwer zu ertragenden Bilder.

Sowohl Robert P. als auch Jakub G. und Michal N., der laut seiner Anwälte grenzdebil ist, wiesen jegliche Schuld am Tod der zwei Menschen von sich. Stattdessen behaupteten sie, in den Tagen vor dem Einbruch und selbst noch am Tattag so viele Drogen konsumiert zu haben, dass sie nicht mehr gewusst hätten, was sie taten. Es sei alles "außer Kontrolle geraten", sagte Jakub G. zu einem Mithäftling. Robert P. spielte das Geschehen als eine "Dummheit unter Drogeneinnahme" herunter und versicherte, er habe niemanden getötet. "Ein Katholik tut einen Katholiken nicht töten - ich bin Katholik." Der Drogenkonsum habe bei ihm zu "Halluzinationen" geführt. Bei der Tat habe er zudem einen epileptischen Anfall erlitten. Die Richter glaubten ihm nicht. Sie schlossen sich den Sachverständigen an, die erklärt hatten, dass der Betäubungsmittelkonsum bei keinem der Angeklagten zu einer erheblichen Verminderung oder gar Aufhebung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit geführt habe.

Robert P. hatte Veronika F. aus der Untersuchungshaft einen Brief geschrieben, in dem er sich ihr als Organspender anbot. Vielleicht sei es dumm, so der 44-Jährige, aber "wenn Sie Blut oder ein Organ brauchen, dann wenden Sie sich an mich. Möge Gott Sie segnen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: