Man stelle sich mal vor: Da geht man morgens aus dem Haus und wenn man zurückkommt, ist das Haus nicht ausgeräumt, von Dieben etwa. Es ist auch nicht in Flammen aufgegangen, weil man eine Herdplatte angelassen hat. Nein, es ist einfach weg. So geschehen einem Storch in Fürth. Weil dessen fast 100 Jahre altes Nest auf dem Schornstein einer ehemaligen Brauerei einem Dachdecker in seiner Schieflage akut gefährlich erschien, entfernte er es kurzerhand.
Eine Genehmigung soll es dafür nicht gegeben haben, sagte Fürths Langzeit-Oberbürgermeister Thomas Jung gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR). Man fragt sich, wie das wohl ablief, als dem Storch sein Nest quasi unter dem Hintern weg entfernt wurde. Wurde der Storch einfach höflich zum Ausflug gebeten? Hat man ihn gar weggelockt, indem man sich unweit des Nests versteckte und Frosch-Geräusche imitierte? Oder doch nur einen verlassenen Moment abgewartet, um unter ständiger Angst vor der Rückkehr des Vogels (samt spitzem Schnabel) die Arbeit zu verrichten?

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Ein Anruf bei der verantwortlichen Hausverwaltung klärt zumindest die Hintergründe auf: Der Dachdecker habe, wie jedes Jahr, das Dach anschauen und von Unrat befreien sollen. Auch ein Angebot über die Nestentfernung habe er erstellen sollen. Doch sei die Gefahr aus Sicht des Handwerkers so akut gewesen, dass dieser das Nest gleich beseitigte. Eine Tonne soll es gewogen haben.
Zu der Aufregung um den Fall muss man wissen: Der Storch steht unter Schutz und ist in Fürth quasi Teil des Inventars. Es gibt eine ganze Reihe an Horsten in der Stadt, auch unweit des Rathauses, auf einem Schornstein in der Fürther Altstadt nisten die Vögel. Für die Stadt sei das „der Beginn des Frühlings, wenn da der Storch wieder drauf sitzt“, erklärt eine Sprecherin. Als ihr „Heiligtum“ bezeichnet eine Anwohnerin die Brauerei-Vögel gegenüber dem BR, und auf Facebook stellt Oberbürgermeister Jung die Fürther Störche noch höher, nämlich gleich in eine Reihe mit dem lokalen Fußballverein. Die Freude der Stadt über den Nestabbau, sie ist trotz der höheren Sicherheit: verhalten.
Wie es sich für eine gute Geschichte gehört, wird der Wiederaufbau derweil zum Gemeinschaftsprojekt, wobei nur einer so richtig schuften müssen wird. Unter Beteiligung des Ordnungsamts, der Naturschutzbehörde und ebenjenes Handwerkers soll nun eine Nisthilfe installiert werden. Zuvor hatten viele Menschen bereits Nistmaterial auf angrenzende Wiesen gelegt, wie die Stadt der SZ mitteilt. Doch das ganze Material wieder hochfliegen - das muss am Ende wohl der Storch selbst.