Stoibers letzte Regierungserklärung:Disziplin zum Dank

Die CSU-Fraktion hat bei Edmund Stoibers letzter Regierungserklärung versucht, ihm den Abschied leicht zu machen. Den Abgeordneten fällt der Abschied jedenfalls leicht.

Katja Auer

"Damit der Abschied nicht so schwer fällt." Mit diesem Satz hat die SPD-Fraktion eine CD mit den gesammelten Versprechern von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber überschrieben, und dieser Satz darf wohl als Motto des Tages gelten.

Das schon legendäre Radebrechen zum Transrapid ist auf der CD zu hören genauso wie Stoibers Gehampel über Schadbären und Problembären. Schon bevor Edmund Stoiber am Dienstag im Bayerischen Landtag zur letzten Regierungserklärung seiner 14-jährigen Amtszeit anhebt, kursiert der Tonträger unter den Abgeordneten der CSU. Unter der Hand. Noch, die Fraktion hat sich ein letztes Mal Disziplin verordnet.

Stoiber gibt seine Abschiedsvorstellung im Parlament, und die CSU will ihm ein dankbares Publikum sein. "Den jubeln wir heute hinaus", sagt einer. Fraktionschef Joachim Herrmann ist da diplomatischer. "Wir bereiten uns auf die Staffelübergabe vor", sagt er, Stoiber setze nun zum Schlussspurt an. Und die Fraktion feuert an.

Beifall also für das Investitionsprogramm Bayern 2020, das Stoiber verkündet, mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Beifall für eine Regierungsbilanz, die suggeriert, dass es alle nach ihm nicht annähernd so gut machen können. Ovationen im Stehen am Schluss, drei Minuten lang. Wie im Theater lässt sich Stoiber da noch einmal auf die Bühne klatschen, verbeugt sich. Damit dem Ministerpräsidenten der Abschied nicht so schwer fällt.

Auf dem Weg in den Plenarsaal ist der Regierungschef unbeirrbar, geht mit geradeaus gerichtetem Blick an Kameras und Mikrofonen vorbei, so viele Journalisten waren lange nicht mehr im Landtag. "So", sagt Stoiber lediglich, und "so" hat er schon eine Stunde zuvor gesagt, als er noch einmal in der Fraktionssitzung vorbeigeschaut hat.

Ein Landtagsangestellter sieht die Szene, und ihm fällt dazu eine Geschichte ein. Dass Stoiber schon seit 15 Jahren beim Ankommen nur noch dieses kleine Wort spricht, kein Grüß Gott, kein kleiner Plausch. "Jetzt grüße ich ihn einfach auch nicht mehr", sagt der Mann. Dann platzt noch etwas aus ihm heraus: "Der muss froh sein, wenn ihn in ein paar Monaten überhaupt noch jemand erkennt."

An diesem Dienstag nun sind alle noch einmal seinetwegen gekommen. Pünktlich tritt Stoiber ans Rednerpult, seine Erklärung ist wie immer auf hellgrünes Papier gedruckt worden. Herren in schwarzen Anzügen setzen hinter der Regierungsbank ernste Mienen auf.

Es sind die Beamten der Staatskanzlei, die da über ihren Chef wachen. "Stoibers Einflüsterer" werden sie abschätzig in der Fraktion genannt, sie sollen schuld daran sein, dass der Regierungschef schon lange nicht mehr viel auf die Meinung seiner Abgeordneten gibt.

Auch CSU-Generalsekretär Markus Söder hat die Stirn in Falten gelegt. Wie die ernsten Herren könnte auch er nach dem Verblassen der Stoiberschen Leuchtkraft im Schatten zurückbleiben. Vorerst aber bleiben am Dienstag zwei andere im Dunkeln: Günther Beckstein, recht wahrscheinlich nächster Ministerpräsident Bayerns, kommt nach neun Minuten.

Es gibt viel Geld zu verteilen

Gerade, als Stoiber ausdrücklich betont, dass Beckstein seine Ideen mit hohem Engagement in das Investitionsprogramm eingebracht habe. Von einem Festlegen der Politik seiner Nachfolger könne keine Rede sein. Erwin Huber, aussichtsreichster Kandidat auf den Parteivorsitz, lässt sich eine halbe Stunde Zeit mit dem Kommen. Da lobt Stoiber gerade seine Bildungspolitik.

Die CSU-Fraktion lauscht inzwischen tapfer, die Inhalte kennt sie schon. In zähem Ringen war diese Fassung entstanden. Was Stoiber nun verkündet, wurde vergangene Woche einstimmig von der Fraktion beschlossen. Es gibt viel Geld zu verteilen, deswegen fällt der Beifall ein bisschen leichter. Vor allem bei solchen Sätzen: "Die einzige Volkspartei in Bayern ist und bleibt die CSU", ruft Stoiber. Es folgt eine eindrucksvolle akustische Demonstration der Macht, als 124 Abgeordnete auf die hellen Holzbänke des Plenarsaals Beifall klopfen.

"War es Scheinheiligkeit oder Erleichterung", fragt SDP-Fraktionschef Franz Maget am Ende und erntet Empörungsrufe. Freilich sei man froh, wenn die neunmonatige Hängepartie seit Stoibers Rückzugsankündigung ein Ende habe, heißt es von CSU-Abgeordneten, aber was sich Herr Maget da leiste, sei auch nicht recht. "Natürlich waren wir bei einer Regierungserklärung schon mal aufmerksamer", räumt ein anderer ein. Aber man müsse auch verstehen, dass den CSU-Abgeordneten der Abschied nicht besonders schwer falle.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: