OB-Stichwahlen:Franken macht es spannend

OB-Stichwahlen: Nürnbergs Kaiserburg wird weiter über der Stadt thronen, egal wie es ausgeht. Wer gewinnt, will niemand prognostizieren.

Nürnbergs Kaiserburg wird weiter über der Stadt thronen, egal wie es ausgeht. Wer gewinnt, will niemand prognostizieren.

(Foto: Martin Siepmann/mauritius)

Die Stichwahl könnte manche Überraschung hervorbringen, in Hof etwa, wo die Tochter eines ehemaligen Oberbürgermeisters antritt. In Erlangen und Bamberg sieht es eher nach Bestätigung der Amtsinhaber aus.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Bayern erlebt eine der spannendsten Kommunalwahlen der Nachkriegszeit. Nicht zuletzt in Franken ist am Sonntag vieles möglich. Ein Rundblick.

Hof

Döhla in Hof - war da nicht was? Doch, da war was: Dieter Döhla war gerade ein Jahr lang Oberbürgermeister in Hof, als er es zweimal hintereinander mit Weltgeschichte zu tun bekam. Im Oktober 1989 trafen Tausende DDR-Bürger aus der Prager Botschaft mit dem Zug in Hof ein. Und ein paar Wochen später fiel die Mauer. Der Sozialdemokrat, von 1988 bis 2006 OB in Hof, ist in der Zeit zur historischen Figur geworden - und nun steht 30 Jahre danach wieder der Name Döhla auf dem Wahlzettel. Diesmal aber nicht Dieter, sondern Eva, seine Tochter. Hätte man umhergefragt vor einem Jahr, wie deren Chancen stehen, OB zu werden und so ihrem Vater nachzufolgen, hätte man meistens Stirnrunzeln geerntet. Harald Fichtner (CSU) gehört zur etablierten Riege fränkischer OBs, seit 2006 ist er im Amt und gilt als Mann mit Kanten, aber unbestrittenem Ehrgeiz und Elan. Im ersten Wahlgang reichte es trotzdem nur für 38,9 Prozent - für Fichtner, der bislang Siege im ersten Wahlgang gewöhnt war, ist das überschaubar. Zwar lag der OB damit klar vor der Sozialdemokratin Döhla, die auf 31,2 Prozent kam. Trotzdem liegt nun eine Sensation in der Luft: Inzwischen haben sich sämtliche im ersten Wahlgang gescheiterten Kandidaten - von den Grünen und den Freien Aktiven Bürgern bis zur FDP und der Piratenpartei - für Döhla ausgesprochen. Wie so etwas sein kann? Immerhin steht Hof heute doch deutlich besser da als noch zu Wendezeiten. Das schon, andererseits wird Fichtner offenbar von vielen mit dem Leerstand im Hofer Zentrum assoziiert - wohingegen Döhla just in diesem Leerstand im Wahlkampf eine Ideenwerkstatt eingerichtet hat. Ein kluger Zug.

Aschaffenburg

Wie in Hof steht auch in Aschaffenburg eine schillernde Figur zur Wahl. OB-Kandidaten, die zuvor Berufsfeuerwehrler waren, sind schon eher selten. Dass Jürgen Herzing seinen Beruf lange Zeit im Frankfurter Bahnhofsviertel ausgeübt hat, als Einsatzleiter zwischen den Türmen der Banken, hebt ihn als Kandidaten durchaus heraus. Aber es gibt noch drei Argumente mehr, warum selbst eingefleischte CSUler ihr Eigenheim eher nicht auf einen Stichwahl-Erfolg ihrer Kandidatin Jessica Euler verwetten würden. Zwar gilt die Juristin als souveräne OB-Stellvertreterin und als solche gut geeignet für eine Beförderung. Aber erstens kam der Sozialdemokrat Herzing im ersten Wahlgang auf knapp 48 Prozent und damit auf 18 Prozentpunkte mehr als Euler. Zweitens ist Herzing derzeit als Leiter des städtischen Krisenstabes - Stichwort Corona - enorm präsent und gefragt in Aschaffenburg. Und drittens hat es seit 50 Jahren gewissermaßen Tradition, dass Aschaffenburger einen Sozialdemokraten zum OB wählen - der dann lange im Amt bleibt: Auf Willi Reiland (1970 bis 2000) folgte Klaus Herzog (2000 bis 2020).

Coburg

Während also in Aschaffenburg ein historischer Wahlsieg der CSU als eher unwahrscheinlich erscheint, könnte er in Coburg durchaus möglich sein. Und sollte dort tatsächlich Christian Meyer, der bisherige Wohnbau-Chef, als Sieger vom Platz gehen, so dürfte er sich eine exklusive Visitenkarte drucken lassen: erster CSU-Oberbürgermeister in der Geschichte Coburgs mit CSU-Parteibuch - das wäre schon was. Die Coburger CSU galt lange Zeit als notorisch zerstrittener Haufen, eine Spaltung inbegriffen. Die SPD aber machte es ihr auch nicht leicht: Norbert Kastner als einst jüngster OB der Republik erntete Meriten, sein Nachfolger Norbert Tessmer schloss daran an, die Stadt wächst und gedeiht. Nach Tessmers überraschendem Rückzug aus der Politik gerieten die Sozialdemokraten kurz aber heftig ins Taumeln. Für die OB-Wahlen hatten sie manche schon abgeschrieben gerade weil die CSU derzeit geeint ist hinter Meyer. Dann aber legte der 33 Jahre alte Anwalt Dominik Sauerteig einen straffen Wahlkampf hin. Und überflügelte Meyer überraschend um einen Prozentpunkt. Alles ist offen in Coburg.

Erlangen

In Erlangen geht Amtsinhaber Florian Janik (SPD) als Favorit ins Rennen gegen seinen Herausforderer Jörg Volleth (CSU). Dass Janik in der Universitätsstadt im ersten Wahlgang nur knapp vier Prozentpunkte vor Volleth lag, mag manchen überrascht haben. Ist aber gut erklärbar: In Erlangen gibt es nicht wenige, die vom Verkehrsgroßprojekt schlechthin des fränkischen Ballungsraumes - eine Straßenbahn von Nürnberg über Erlangen nach Herzogenaurach - nicht so entzückt sind wie die meisten Kommunalpolitiker; respektive diese Bahn theoretisch zwar begrüßen, aber bitte nicht vor ihrer Haustür. Vor allem der Brückenschlag über ein Landschaftsschutzgebiet sorgt für Skepsis. Volleth konnte im ersten Wahlgang wohl nahezu alle Skeptiker hinter sich bringen, die Befürworter verteilten ihre Stimmen auf mehrere Bewerber. Weil sich die in Erlangen starken Grünen inzwischen klar für Janik ausgesprochen haben, wäre dessen Abwahl eine kleinere Sensation.

Bamberg

Ganz ähnlich ist die Situation in Bamberg: Nur 35,9 Prozent für OB Andreas Starke beim ersten Wahlgang - das mag manchen verwundert haben. Immerhin dürfte der etablierte Starke - nach dem Ausscheiden von Nürnbergs OB Ulrich Maly - künftig zusammen mit OB Thomas Jung in Fürth die starke kommunalpolitische Stimme Frankens sein. Mit Blick auf die rekordverdächtige Zersplitterung im Bamberger Stadtrat werden die 36 Prozent aber durchaus erklärbar: BBB, BuB, BaLi, BA, BM - das ist keine Sprechübung, sondern ein kleinerer Ausschnitt aus dem Bamberger Parteitableau. Und je größer die Zahl der Gegenkandidaten, desto schwieriger wird der Sieg im ersten Wahlgang. Starkes junger Gegenbewerber Jonas Glüsenkamp von den Grünen hat sein Primärziel schon erreicht: dass er mit 24,6 Prozent den CSU-Kandidaten abgehängt hat, gilt als klare Empfehlung für die Zukunft. Ein Sieg gegen Starke würde ihn zur historischen Figur machen - darf aber als unwahrscheinlich gelten.

Nürnberg

Am spannendsten aber wird die Wahl in Nürnberg. Weil in der SZ schon hinreichend oft dargestellt, hier nur noch mal die Grunddaten: Zwei Männer unter 40 treten an, beide lagen nach dem ersten Wahlgang nahezu gleichauf, für beide gibt es keine Wahlempfehlung anderer Parteien. Beide sind bislang - kein Witz - gemeinsam in einem Auto zu Wahlkampfterminen gefahren, man versteht sich gut. Beide machen inzwischen eifrig Wahlkampf von zuhause aus. Wer gewinnt, Thorsten Brehm (SPD) oder Marcus König (CSU)? Keine Ahnung.

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