SteuerschätzungDie fetten Jahre sind in Bayern vorbei

Lesezeit: 3 Min.

Im Doppelhaushalt für die Jahre 2026 und 2027 gebe es „keinen Spielraum für größere Ausgabensteigerungen“, sagt Finanzminister Albert Füracker.
Im Doppelhaushalt für die Jahre 2026 und 2027 gebe es „keinen Spielraum für größere Ausgabensteigerungen“, sagt Finanzminister Albert Füracker. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die neueste Steuerschätzung bereitet Bayerns Finanzminister Albert Füracker keine Freude. Mit Blick auf den Haushalt muss die Politik nun entscheiden, was sich der Freistaat noch leisten kann und möchte.  Naturschutzverbände fürchten Einsparungen, auch die Kultur zittert.

Von Andreas Glas

Es ist ein kurzer Auftritt, keine zehn Minuten spricht Albert Füracker (CSU) in der Nürnberger Zweigstelle seines Finanzministeriums. Seine Botschaft wird die Landespolitik aber noch eine Weile beschäftigen. Im Doppelhaushalt für die Jahre 2026 und 2027 gebe es „keinen Spielraum für größere Ausgabensteigerungen“, sagt Füracker, „an der ein oder anderen Stelle wird eine Konsolidierung unumgänglich sein“. Er hätte auch sagen können: Die fetten Jahre sind vorbei.

Die Botschaft ist nicht neu, die Wirtschaftsflaute hält ja schon länger an. Nun aber sei die Verunsicherung „noch größer als sie ohnehin schon war“, sagt Füracker. Dass von den 20 wirtschaftsstärksten Ländern nur Mexiko eine schlechtere Wachstumsprognose habe als Deutschland, und die Bundesrepublik unter den G-7-Staaten gar auf dem letzten Platz liege, seien „Alarmsignale für die einstige Lokomotive Europas“, sagt Füracker, der sich nach der neuesten Steuerschätzung genötigt sieht, als Lokomotivführer der bayerischen Finanzpolitik die Bremse zu ziehen.

SZ Bayern auf Whatsapp
:Nachrichten aus der Bayern-Redaktion – jetzt auf Whatsapp abonnieren

Von Aschaffenburg bis Berchtesgaden: Das Bayern-Team der SZ ist im gesamten Freistaat für Sie unterwegs. Hier entlang, wenn Sie Geschichten, News und Hintergründe direkt aufs Handy bekommen möchten.

Verglichen mit der jüngsten Herbstschätzung darf der Freistaat für 2026 zwar mit einem leichten Steuerplus von 0,1 Milliarden Euro rechnen, für 2027 allerdings mit einem Minus, ebenfalls 0,1 Milliarden Euro. Ein Nullsummenspiel also, „die düsteren Prognosen vom Herbst sind nahezu unverändert“, sagt Füracker. Damals hatte die Steuerschätzung dem Freistaat bis 2026 Ausfälle von rund 2,4 Milliarden Euro vorausgesagt. Für das laufende Jahr wurde das Minus auf rund 900 Millionen Euro beziffert – verglichen mit vorherigen Prognosen. Für 2026 lagen die errechneten Einnahmeverluste bei rund 1,5 Milliarden Euro. Weil die Steuerschätzung die Grundlage für den bayerischen Doppelhaushalt 2026/27 ist, brauche der Freistaat nun „eine kluge Prioritätensetzung“.

CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek hat bereits Konsequenzen für künftige Projekte im Freistaat angekündigt. Was versprochen wurde, werde man erfüllen, man müsse „aber auch fragen: Was kann man finanziell leisten? Wo liegen die Prioritäten? Was ist absolut notwendig?“, sagte Holetschek der Augsburger Allgemeinen.

In der Regierungskoalition ist bereits von einem „Sparhaushalt“ die Rede. Eine knifflige Aufgabe, da der Freistaat weiter investieren möchte und der Personalbedarf hoch ist, unter anderem bei Polizei und Lehrkräften. In der Schulpolitik also dürfte das Einsparpotenzial geringer sein als anderswo, weshalb etwa die Kultur in den Fokus rücken könnte, wie so oft, wenn der Staat sparen muss. „Die Kultur ist extrem gefährdet“, auch wenn dies „für die Gesellschaft in der jetzigen Situation fatal“ sei, sagt ein hochrangiges Mitglied der Koalition.

Dass die Haushaltslage die Kultur ausbremst, ist bereits spürbar, zum Beispiel in Regensburg. Dort hat Kunstminister Markus Blume (CSU) vor der Landtagswahl 2023 ein „Upgrade“ des Stadttheaters zum Staatstheater versprochen, und zwar in „Rekordgeschwindigkeit“. Kürzlich hat er in der Mittelbayerischen Zeitung jedoch klargestellt, dass eine mit dem Upgrade verbundene Millionenförderung durch den Freistaat später kommt – und die Mittel unter Vorbehalt des Doppelhaushalts 2026/27 gestellt. Neue Stellen, die das Theater schaffen wollte, werden vorerst doch nicht ausgeschrieben.

Der neue Doppelhaushalt werde „keine leichte Aufgabe“

Man müsse auch prüfen, wie viel Geld in Umwelt- und Naturschutz fließen soll, heißt es in Koalitionskreisen – was insbesondere bei den Grünen auf Kritik stoßen dürfte. Auch die bayerischen Umweltverbände fordern statt Einsparungen deutlich mehr Geld für Naturschutzprojekte. Im Sozialbereich hat die Staatsregierung bereits eine Kürzung beschlossen – im kommenden Jahr sinkt das Familiengeld, das Eltern für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr bekommen, von insgesamt 6000 auf nur noch 3000 Euro. Wobei die Ersparnis in Infrastruktur fließen soll, also in Kitas und Kindergärten, was den Haushalt unter dem Strich nicht entlastet.

In der Baupolitik ist zwar nicht von Abstrichen die Rede, aber von möglichen Strukturänderungen. Im Jahr 2018 hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 10 000 neue, bezahlbare Wohnungen versprochen und dafür die staatliche Baugesellschaft Bayernheim gegründet. Angesichts der Finanzlage ist vorstellbar, dass die Politik ihre Strategie überdenkt und wieder mehr auf privaten Wohnungsbau setzt.

Dass die Ausgaben vor allem durch Personalkosten und Tariferhöhungen gestiegen sind, konnte die Staatsregierung bislang auch aus Rücklagen kompensieren. Und in Zukunft? „Mein Ziel bleibt es, keine neuen Schulden zu machen, aber ich kann es nicht versprechen“, sagt Füracker. Er sieht insbesondere die neue Bundesregierung in der Pflicht, die Wirtschaft wieder neu zu beleben. Der neue Doppelhaushalt werde „keine leichte Aufgabe, aber wir müssen grundsätzlich mit dem auskommen, was wir einnehmen“.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Spannung vor der Stichwahl
:Wird in Würzburg der erste Grünen-OB Bayerns gewählt?

Das politische Bayern blickt nach Würzburg: Der Grüne Martin Heilig geht dort als Favorit ins OB-Rennen. Die CSU bangt, dass ein Grünen-OB zur „Blaupause“ für andere Großstädte in Bayern werden könnte.

SZ PlusVon Olaf Przybilla

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: