Stadtansichten:Regensburg unverstellt

Ein Streetfotografie-Kalender geht in die zweite Runde

Von Maximilian Gerl, Regensburg

Sein Lieblingsbild? Da muss Mario Kick nicht lange überlegen. Es ist der 30. Mai 2017, die Sonne scheint, Kick läuft gerade über den Eisernen Steg, der sich zwischen Oswaldkirche und Badstraße über die Donau spannt. Auf dem Brückengeländer zwei Jugendliche in Badekleidung kurz vor dem Sprung ins Wasser. Eine Nonne radelt vorbei. Kick klickt.

Der 45-Jährige sammelt Szenen wie diese. Einzige Bedingung: Sie müssen authentisch sein und aus Regensburg stammen. So oft wie möglich ist Kick mit seiner Kamera im Stadtgebiet unterwegs und fotografiert. Seine Aufnahmen bündelte er 2016 zum, wie er sagt, ersten Streetfotografie-Kalender Deutschlands. Der Tischkalender namens "Gesichter Regensburgs" war ein Erfolg, weshalb für 2018 eine Neuauflage her soll. Das nötige Startkapital von 5000 Euro hat Kick seit Sonntag beisammen, per Crowdfunding-Kampagne im Internet. Bis Anfang November soll der Kalender in Druck gehen.

Seit 2015 arbeitet der Hobbyfotograf an der ungewöhnlichen Bilderserie. Eigentlich hatte er zuerst einen Kalender mit Porträts geplant, aber das erwies sich als schwierig, sagt Kick: "Man muss Leute raussuchen, 365 Termine ausmachen, Einverständniserklärungen unterschreiben lassen." Streetfotografie funktioniert dagegen spontan und schnell, "ich hab mich einfach auf die Straße gestellt und angefangen". Bei der Streetfotografie geht es darum, das Leben im öffentlichen Raum so einzufangen, wie es tatsächlich ist: unverstellt, unverkrampft. Auf der Straße genauso wie drinnen, "in Firmen, Institutionen, Tiefgaragen". Privatwohnungen sind tabu. Auf Farbe in seinen Bildern verzichtet Kick. Die würde zu sehr ablenken.

Kick, der hauptberuflich als Informatiker arbeitet, stammt aus der nördlichen Oberpfalz. Seit 23 Jahren wohnt er in Regensburg. Viele Motive entdeckt er, wenn er von seiner Wohnung in Kumpfmühl Richtung Innenstadt läuft. Manchmal zwingt er sich bewusst zu neuen Routen durch die Stadt, dann setzt er sich in einen Bus und fährt bis zur Endhaltestelle. Zurück geht es zu Fuß und mit der Kamera im Anschlag. 6500 Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind so zusammengekommen, 365 davon sollen in den Kalender, pro Tag ein Bild. Manchmal sind Bauwerke zu sehen oder eine Katze auf dem Fensterbrett. Meist aber sind es Menschen in Aktion - am liebsten radelnde Nonnen und sprungbereite Teenager.

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