Staatsfinanzen:Warum der Freistaat kein Prasser ist

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Der Bund der Steuerzahler kritisiert auch Kostensteigerungen bei Bauvorhaben. Im Uhrzeigersinn: Die JVA Aichach, das Freilichtmuseum Glentleiten, das Staatstheater am Münchner Gärtnerplatz und das Chemikum der Universität Erlangen-Nürnberg. (Foto: dpa)

Die Kontrolle der öffentlichen Haushalte ist wichtig. Aber was der Bund der Steuerzahler in Bayern zusammengetragen hat, wirkt fast niedlich.

Kommentar von Sebastian Beck

Tausend Zimmer für eine halbe Milliarde Euro: Was würde wohl der Bayerische Oberste Rechnungshof sagen, wenn sich Ministerpräsident Horst Seehofer eine solche Residenz ins Naturschutzgebiet betonieren ließe, und das auch noch im König-Ludwig-Stil mit Schwanengrotte. Seehofers türkischer Kollege Recep Erdoğan hatte da weniger Skrupel und verewigte sich mit einem irgendwie osmanischen Palast, dessen Bau selbst unabhängige Gerichte - als es sie in der Türkei noch gab - nicht verhindern konnten.

Insofern wirkt es fast niedlich, was der Bund der Steuerzahler in seinem Schwarzbuch an staatlicher Geldverschwendung in Bayern zusammengetragen hat: Die Buslinie von Waldkirchen nach Haidmühle beispielsweise machte im Jahr 2015 einen Verlust von 68 714 Euro, weil fast niemand damit fährt. Nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler ist das rausgeschmissenes Geld. Generell sei ein Umdenken in Politik und Verwaltung erforderlich, schließlich reiße Steuerverschwendung Haushaltslöcher.

Das Schwarzbuch kann man allerdings auch ganz anders lesen: Wenn bei einem Staatshaushalt von 55,8 Milliarden Euro Volumen eine Buslinie im Bayerischen Wald erwähnenswert ist, dann kann es nicht ganz so schlimm ums Staatswesen bestellt sein. Der Bayerische Oberste Rechnungshof führte in seinem Bericht für 2016 unter anderem auf, dass das Staatstheater am Gärtnerplatz einen 13 Jahre alten Fiat Scudo zu einem Preis angemietet habe, der höher als sein Zeitwert sei. Ja, auch Privatleute wissen, wie es ist, wenn man sich eine überteuerte Schrottkiste zulegt. Zum Glück prüfen daheim aber weder der Rechnungshof noch der Bund der Steuerzahler.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Die Kontrolle der öffentlichen Haushalte ist notwendig. Gerade der Rechnungshof hat in den vergangenen Jahren immer wieder angeprangert, wie der Freistaat Kreditermächtigungen als Rücklagen deklariert. Und hier geht es um andere Summen als in Waldkirchen. Aber das Schwarzbuch zeigt auf paradoxe Weise auch: In Bayern wird anscheinend meist sparsam und effizient gewirtschaftet. Und nicht einmal die Sparkassen stellen sich noch Paläste hin.

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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