Jahrelang haben Tausende Studenten auf diese Wochen hingelernt - oder sie bis kurz vor knapp verdrängt und dann Tag und Nacht gebüffelt. Bis Ende der Woche schreiben die bayerischen Lehramtsstudenten jetzt ihr Staatsexamen. Man versetze sich zurück, denke an durchwachte Nächte mit zu viel Kaffee und Schokolade, an Schweiß und Krämpfe in der Schreib-Hand.
Der Druck ist immens. Der Examensschnitt begleitet die Studenten im Freistaat vom ersten Semester an wie ein Damoklesschwert. Gerade in überlaufenden Fächern wie Englisch, Deutsch oder Geschichte bekommen nur die Allerbesten einen Job beim Staat. Am härtesten ist die Konkurrenz beim Lehramt Gymnasium und Realschule.
Entsprechend groß ist nun der Ärger vieler Anglisten, die kürzlich an neun bayerischen Universitäten ihre Prüfungen fürs Gymnasiallehramt schrieben. Während des Examens in Englischer Sprachwissenschaft wurden die 400 Studenten mehrmals unterbrochen und auf insgesamt sechs Fehler wie falsche Zeilenangaben, Zeiten oder Buchstabendreher in der Aufgabenstellung hingewiesen.
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Lehramtsstudenten sollen nach dem Staatsexamen nicht mehr sofort an die Schulen kommen - sondern bis zu drei Jahre warten.
Bei jedem Fehler setzte sich die Telefonkette in Gang: Die Prüfungsaufsicht rief im Prüfungsamt der Hochschule an, und das wiederum im Ministerium. Die zuständige Fachabteilung beschloss eine Regelung für alle Unis, in diesem Fall 20 bis 25 Minuten mehr Zeit. Dann lief die Telefonkette wieder zurück in die Hörsäle. Einmaliger Fauxpas? Kurz darauf fehlten im Examen in Englischer Literaturwissenschaft eineinhalb Zeilen eines Shakespeare-Textes. Die 350 Studenten bekamen 20 Minuten mehr Zeit.
Die Stimmung unter den Studenten ist mies
Nicht nur die Prüflinge fragen sich nun, wie gut es um die Englischkenntnisse im Ministerium bestellt ist. "Prüfungsaufgaben für die Erste Staatsprüfung werden mit großer Sorgfalt erstellt", heißt es dort. Allerdings werden zu jedem Examenstermin in Bayern 400 Einzelprüfungen erstellt. Da sei es "nicht auszuschließen, dass vereinzelt Fehler in den Prüfungsaufgaben vorkommen."
Entworfen werden die Aufgaben von Professoren, danach lesen drei Fachleute im Ministerium Korrektur. Diesmal offenbar nicht besonders aufmerksam. Eine betroffene Studentin beschreibt das Englischexamen als "schreckliche Prüfung", die ständigen Unterbrechungen hätten viele völlig aus dem Konzept gebracht. Die Stimmung unter Studenten sei entsprechend mies. "An uns werden höchste Ansprüche gestellt, und im Ministerium heißt es, Menschen machen Fehler?!", fragt sie.