Süddeutsche Zeitung

SPD-Wahlkampf gegen CSU: "Die Schweinerei ist einfach zu groß"

Eigentlich müsste das Thema doch eine Steilvorlage für den Wahlkampf sein: Die CSU verstrickt sich immer tiefer in der Gehaltsaffäre und die Beschäftigung von Familienmitgliedern. Und die bayerische SPD? Die will nicht übermäßig auf dem Skandal herumreiten - und nennt eigenwillige Gründe dafür.

Von Frank Müller

Plakate, auf denen "Saludos Amigos" steht und gegen die "Chronische Selbstbediener Union" gewettert wurde, gab es bei der SPD schon. Mit diesen tauchten Demonstranten, in mexikanische Strohhüte und Ponchos gewandet, etwa bei der Nominierung von Horst Seehofer zum CSU-Spitzenkandidaten vor dem Münchner Postpalast auf. Doch das soll es auch gewesen sein bei der Verwertung der Gehälter-Affäre im bayerischen Landtagswahlkampf, kündigt SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen am Dienstag an. Das Thema sei für den Wahlkampf nicht geeignet, sagt Kohnen und begründet das eigenwillig: "Die Schweinerei ist einfach zu groß."

Man wolle keine Kampagne führen, wie sie sich vielleicht CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt einfallen lassen könnte, sagt Kohnen. "Das, was die CSU in dieser Legislaturperiode angerichtet hat, geht ja gegen die Politik an sich."

Doch dabei könnte durchaus die Sorge mitschwingen, dass die SPD keineswegs unbeteiligt war bei der Beschäftigung von Verwandten in Abgeordnetenbüros auf Staatskosten. Wer den Blick über die laufende Amtsperiode zurück richtet, stößt auf viele Genossen, die ebenfalls Verwandte ersten Grades beschäftigt haben. Noch vor zwei Legislaturperioden, also bis Ende 2003, war dieses Verhältnis zwischen CSU und SPD beiderseitig auf hohem Niveau: 56 zu 21 lautete damals der Stand. Allerdings hatte und hat die SPD deutlich weniger Abgeordnete als die CSU.

In der Folgeperiode (2003 bis 2008) verbessert sich das Verhältnis zugunsten der SPD, da steht es 39 zu 7, bei den Grünen gab es einen Fall. Und von 2008 an gibt es bei der Opposition überhaupt keinen jener Altfälle mehr, die sich auf eine Ausnahmeregelung aus dem Jahr 2000 berufen und trotz eines Verbots weiter Eltern, Kinder oder Ehegatten beschäftigen dürfen. Da steht es dann 17 zu 0.

Hohe Erwartungen an Ude

Mit diesem Argument hatte auch SPD-Spitzenkandidat Christian Ude seine Rücktrittsforderungen an fünf der betroffenen sechs Kabinettsmitglieder begründet. Ude nahm lediglich Justizministerin Beate Merk aus, die ihre Schwester beschäftigt hatte, eine Verwandte zweiten Grades. Ude hatte auch die Genossen aufgefordert, die gezahlten Summen zu veröffentlichen - das stieß auf ein verhaltenes Echo. Die Fraktionsspitze dürfe dies gar nicht tun, sagt Kohnen.

Das Thema dürfte auch einen wesentlichen Teil des zweitägigen Parteitags bestimmen, zu dem sich die Bayern-SPD am Wochenende in Augsburg trifft. Kohnen legt die Messlatte für Ude gleich vierfach hoch: "Er wird eine zackige Rede halten, er wird Gas geben, er wird die Delegierten nochmals einschwören auf den Wahlkampf, und er wird zulangen." Auch Bundestags-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist angekündigt.

Auf der Tagesordnung stehen neben dem Wahlprogramm auch Vorstandswahlen und damit ein Stimmungstest für Landeschef Florian Pronold. Im Vorfeld knirscht es. Mit dem Wirtschaftssprecher der Landtagsfraktion, Thomas Beyer, wirft einer der vier Stellvertreter Pronolds das Handtuch, er ist offenbar entnervt. "Wenn Sie als Stellvertreter tatsächlich in nichts eingebunden sind, dann haben Sie auch keine Mitwirkungsmöglichkeiten", sagt Beyer. Das habe er auch Pronold "in aller Freundschaft und Offenheit so gesagt". Nachfolger soll der Berliner Landesgruppenchef Martin Burkert werden.

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SZ vom 08.05.2013/infu
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