SPD in Niederbayern:Streit eskaliert

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Christian Flisek war seit 2013 SPD-Bezirkschef, den Wiedereinzug in den Bundestag verpasste er. (Foto: Günther Reger)

Bernhard Roos kandidiert nicht mehr für den Landtag. Konkurrent und Bezirkschef Christian Flisek erklärt seinen Rücktritt

Von Maximilian Gerl, Passau

Wer tritt im Herbst 2018 für die SPD im Stimmbezirk Passau-Ost an: Der bisherige Kandidat und Landtagsabgeordnete Bernhard Roos? Oder der SPD-Bezirkschef Christian Flisek? Die Niederbayern-SPD hat darauf nun eine etwas überraschende Antwort gefunden: vielleicht keiner von beiden. Erst kündigte Roos am Wochenende an, bei der Landtagswahl nicht mehr kandidieren zu wollen. Er sei "enttäuscht über die handelnden Personen", sagte er gegenüber dem Bayerischen Rundfunk; gar vom "Augen auskratzen" war die Rede. Worauf eine der handelnden Personen am Dienstagabend reagierte. Mit sofortiger Wirkung trat Flisek von seinem Amt als Bezirksvorsitzender zurück. Der vorläufige Höhepunkt eines schon länger schwelenden Streits ist damit erreicht - und die Verwirrung bei der SPD mal wieder groß.

Roos,63 Jahre alt, hat sich in der Vergangenheit als Wahlkämpfer verdient gemacht. 2013 hat er in Passau-Ost das beste Ergebnis der SPD in Niederbayern geholt. Eine Garantie auf eine erneute Kandidatur wollte ihm die Partei trotzdem nicht geben. Die Nominierungsversammlung für den Stimmkreis wurde sogar verschoben. Roos sagt, das habe für ihn den Ausschlag gegeben, nicht mehr anzutreten. Dabei habe er favorisiert, mit Flisek gemeinsam in den Wahlkampf zu ziehen.

Flisek, 43, sieht die Sache ein wenig anders. Wie, das lässt ein Satz erahnen. Nachdem Roos seinen Vorwurf via BR öffentlich gemacht hatte, konterte der ehemalige Bundestagsabgeordnete über die Passauer Neue Presse: "Wenn ein langjähriger Abgeordneter derart scharfe Angriffe führt, dann hinterlässt das Spuren." Am Mittwoch am Telefon äußert er sich zurückhaltender. "Sei's drum", natürlich sei er enttäuscht, wie die Sache gelaufen sei. Tags zuvor war in einer Vorstandssitzung Kritik an Flisek laut geworden. Flisek selbst spricht von "massiven Vorwürfen gegen meine Person"; die Debatte im Vorstand habe ihm gezeigt, dass ihm dessen Vertrauen fehle, also habe er seinen Rücktritt erklärt. Das sei das Beste für die Partei. Natürlich setze er sich für einen "geordneten Übergang" ein.

Fliseks Stellvertreterin in Niederbayern, Ruth Müller, ist am Mittwoch nicht erreichbar. Sie ist den ganzen Tag in der Justizvollzugsanstalt Straubing unterwegs, ihr Handy musste sie an der Pforte abgeben. Noch am Dienstagabend hatte sie per Pressemitteilung ihr Bedauern über Fliseks Rücktritt und Roos' Rückzug bekundet. Die beiden hinterließen eine große Lücke. Und: "In Passau gibt es zwei Stimmkreise, beide hätten für den bayerischen Landtag kandidieren können."

Warum die beiden sich nicht einig wurden, warum beide unbedingt Passau-Ost für sich beanspruchten, wie kolportiert wird - das wird auch am Tag nach Fliseks Rücktritt nicht ganz klar. Unbestreitbar ist, dass die Niederbayern-SPD bisweilen einen Hang zur Selbstdemontage betreibt, der selbst für Sozi-Verhältnisse bemerkenswert ist. Beispiel Bezirkstag im Frühjahr: Als Filiz Cetin nicht mehr als Beisitzerin in den Vorstand gewählt wird, spricht sie davon, ihr sei ein Unrecht angetan worden. In ihren Augen wollten einige Genossen sie aus persönlichen Aversionen heraus "eliminieren": Es gebe keinen sachlichen Grund, sie "abzusägen", so Cetin.

Bleibt die Frage: Wer soll im Herbst für die SPD in Passau antreten? Am 17. Februar sollen eigentlich die Kandidaten nominiert werden. Roos sagt, er stehe "definitiv nicht zur Verfügung", er wolle lieber der Gewerkschaftsarbeit und seiner Familie mehr Zeit widmen. Flisek sagt, er werde über die Feiertage zusammen mit seiner Familie entscheiden, ob er antritt. Letzteres entspräche jedenfalls dem Wunsch des Passauer Unterbezirksvorstands, der eine Kandidatur Fliseks unterstützt. Müller schreibt in ihrer Mitteilung, dass man bis nach den Weihnachtsferien eine Nachfolgeregelung präsentieren wolle. Am 3. März finde dann die Listenreihung mit allen Kandidaten statt. Dabei müsse man deutlich machen, "dass wir gute Konzepte und Köpfe haben", schreibt Müller.

Zumindest im Internet hat die Niederbayern-SPD damit schon angefangen. Die letzte Pressemitteilung auf ihrer Website datiert von Anfang Juli. Titel: "Signal für Kontinuität und Stabilität".

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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