SPD in Bayern:Natascha Kohnen benennt Generalsekretär - und sorgt damit für Unmut

Klausur des SPD-Landesvorstandes

Natascha Kohnen will die bayerische SPD anführen. Sie ist die einzige Frau unter den Bewerbern.

(Foto: dpa)
  • Bis zum 11. Mai können die SPD-Mitglieder in Bayern noch per Briefwahl entscheiden, wer ihr neuer Landesvorsitzender werden soll.
  • Eine Kandidatin für die Nachfolge von Florian Pronold ist Generalsekretärin Natascha Kohnen.
  • Dass sie bereits vor dem Ende der Mitgliederbefragung einen neuen Generalsekretär präsentiert hat, sehen ihre Konkurrenten kritisch.

Von Lisa Schnell

Bitte nicht falsch verstehen, der Uli Grötsch sei ein super Typ, gegen den oberpfälzischen SPD-Bundestagsabgeordneten habe man gar nichts. Auch nicht dagegen, dass Generalsekretärin Natascha Kohnen ihm ihren Job geben will, falls sie selbst Landesvorsitzende wird. Nur wie und wann sie das verkündet hat, das erzeugt Unmut in der Bayern-SPD, nicht nur bei ihren fünf Konkurrenten um den Landesvorsitz.

Kohnen habe "Wortbruch" begangen, führe das "System Pronold" weiter, über die Köpfe der Partei hinweg, ohne Absprachen, heißt es aus der einen Ecke. Dort wird sofort ein Video präsentiert. Es zeigt Kohnen in München bei einer der Regionalkonferenzen, bei denen sich die sechs Kandidaten der Basis vorstellten.

Kurz darauf begann die Briefwahl, mit der die Mitglieder bis zum 11. Mai über den Landesvorsitz entscheiden sollen. Wer ihr Generalsekretär werden soll, wird Kohnen gefragt. Bevor der Ausgang der Urwahl klar sei, habe keiner der Kandidaten ein "Anrecht, irgendwas zu benennen", sagte sie. Jetzt hat sie es selbst getan, noch bevor die Mitgliederbefragung beendet ist.

Genau diese Art führe dazu, dass Politik für die Bürger nicht mehr glaubwürdig sei, sagt ihr Konkurrent um den Landesvorsitz, der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn. Erst nach der Basisbefragung, wenn feststehe, wer gewonnen habe oder in die Stichwahl gehe, sei die Zeit für Personalfragen.

Diese müssten außerdem in einem breiten Prozess im Dialog mit der Partei diskutiert werden. Sein Mitbewerber, der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, sieht das ähnlich. Vor den Vorstellungsrunden oder nach der Mitgliederbefragung wäre die richtige Zeit für so eine Verkündigung gewesen, aber nicht jetzt.

Kohnen offenbarte ihre Entscheidung nur zwei Tage nach der letzten Vorstellungsrunde. Damit habe sie der Basis die Möglichkeit genommen, mit ihr über ihre Entscheidung für Grötsch zu diskutieren, heißt es. Denjenigen, die schon abgestimmt haben, sei die Information vorenthalten worden.

Dass Kohnen ihre Wahl für den Generalsekretär zu früh bekannt gegeben habe, sei doch "Erbsenzählerei", heißt es dagegen aus dem Lager ihrer Befürworter, wie dem Chef der Niederbayern-SPD Christian Flisek. Generalsekretär und Landeschef seien ein Tandem, das gut zusammen arbeiten müsse. Seit Wochen werde Kohnen gefragt, wen sie vorschlagen würde. Die Diskussion um den richtigen Zeitpunkt sei nur eine "Formaldebatte".

Kohnen will jetzt auch die Oberpfalz an sich binden

Kohnen selbst reagiert auf die Vorwürfe vermeintlich gelassen. Sie sei "superehrlich", schließlich habe sie ja transparent gemacht, wen sie sich als Generalsekretär vorstelle. Auch ihre Aussage von der Vorstellungsrunde habe noch ihre Gültigkeit. Das Team für den Landesvorstand könne der Landesverband nur gemeinsam bestimmen.

Beim Generalsekretär aber komme es auf den Landesvorsitzenden an. Dass sie nicht das Ende der Mitgliederbefragung abgewartet hat, erklärt sie mit zunehmenden Druck auf etliche Personen. Um sie zu entlasten, habe sie jetzt handeln müssen. Mit strategischen Überlegungen habe ihre Wahl aber nichts zu tun. "Das ist eine sehr menschliche Entscheidung", sagt Kohnen.

Eine, die aber auch taktisch sinnvoll erscheint. Die Oberpfalz sei ein einflussreicher Bezirk, der sowohl mit den Franken, als auch mit den Oberbayern könne, sagt ein Parteimitglied. Der Franken sei sich Kohnen schon sicher, jetzt wolle sie auch die Oberpfalz an sich binden. Zudem habe sie mit Grötsch die Landesgruppe eingefangen.

Wen man kennt, den wählt man

Er sei außerdem jemand, der als unbeschriebenes Blatt nicht polarisiere und als Mann der Basis verkauft werden könne. Die parteiinterne Diskussion, ob Kohnen nun ein falsches Spiel spiele oder nicht, bekomme das gemeine SPD-Mitglied nicht mit. Wen man kennt, den wählt man. So einfach sei das. Und Kohnen kenne man eben. Seit acht Jahren ist die 49-Jährige Generalsekretärin. Sie ist die einzige Frau unter den Bewerbern.

Andere sehen Kohnens Chancen durchaus beeinträchtigt. Die voreilige Benennung ihres möglichen Generalsekretärs sei ein "großer strategischer Fehler", sagt ein Parteimitglied. Dass sie für einen Politikstil stehe, der transparent und gerade raus sei, könne Kohnen jetzt nicht mehr glaubwürdig vertreten.

Erst anzukündigen, das Basisvotum abzuwarten und sich dann nicht daran zu halten, sei "eine große Blödheit". So würde es Kohnen-Befürworter Flisek nicht ausdrücken. Er wählt andere Worte. Sich selbst zu äußern und dann nicht entsprechend zu handeln, sei "nur bedingt zielführend".

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