Aus der Intention, die auch in dieser Landtagsdebatte steckt, macht die SPD-Fraktion in ihrer Vorankündigung keinen Hehl. Um den „Impulsgeber Handwerk“ soll es am Dienstag im Plenum gehen. Mit der demonstrativen Erwähnung, dass den Sozialdemokraten seit gut drei Monaten ein Handwerksmeister vorsitzt: Holger Grießhammer, Maler- und Lackierermeister mit eigenem Betrieb in Oberfranken. Einen gegründeten, keinen geerbten, wie er selbst gern betont. Er kenne, teilte die Fraktion mit, die Herausforderungen und Probleme aus erster Hand. Na dann, Auftritt Grießhammer im Plenarsaal, zum von der SPD beantragten Debatten-Format einer Aktuellen Stunde.
Schon bei seiner Wahl zum Chef im Sommer hatte Grießhammer angemeldet, dass er seine berufliche Perspektive einbringen will für den künftigen Kurs der Sozis: mehr in die Mitte der Gesellschaft, eine Politik „für die Fleißigen“, für jene, „die selbst für ihren Unterhalt sorgen“. Anders gesagt: Den Nimbus der SPD, langsam aber sicher zur Partei für verbliebene Anhänger im öffentlichen Dienst und darüber hinaus für Leistungsbezieher aller Art zu geraten, gedenkt der neue Fraktionsvorsitzende abzustreifen.
Grießhammer erklärt im Plenum, es bestehe im Handwerk akuter Handlungsbedarf – mit Blick auf Fachkräftemangel, Bürokratie und schwächelnde Nachfrage. Er fordert etwa einen Nachfolge-Bonus, um Betriebsübernahmen zu erleichtern. „Wir müssen verhindern, dass Betriebe schließen, weil der Chef in den Ruhestand geht und kein Nachfolger bereitsteht.“ Andere Vorschläge betreffen die Ausstattung von Ausbildungsstätten auf dem neuesten Stand der Technik, Qualifizierungsprogramme für Quereinsteiger oder eine Imagekampagne, um junge Menschen für Handwerksberufe zu begeistern; gerade im Lebensmittelhandwerk in Bäckereien und Metzgereien. Dies seien, so Grießhammer, „keine utopischen Ideen“, sondern leicht umsetzbare Verbesserungen. Dazu müsse sich die Staatsregierung aber mehr ins Zeug legen, auch finanziell. Die SPD dagegen stehe klar an der Seite des Handwerks.
Nun beansprucht die SPD natürlich nicht allein die Rolle der Handwerksversteherin. CSU und Freie Wähler sehen diese Aufgabe ganz klassisch bei sich, erst neulich ließ Ministerpräsident Markus Söder nach einem Spitzengespräch mit den Kammern verlautbaren, Bayern sei – was auch sonst – „Handwerksland Nummer eins“. Auch die Grünen fremdeln keineswegs mit dem Handwerk, sogar ein Landesparteitag 2022 stand unter dem Thema. Handwerkerinnen und Handwerker seien allein schon als Gestalter der Energiewende maßgeblich, hieß es da, schließlich schraubten sie Fotovoltaikanlagen auf Dächer oder dämmten Häuser. Ebenso zeichnet sich die AfD als Anwalt der zupackenden Leute, meist in Kontrast zu angeblichen linken Faulenzern. So bleibt Grießhammers Vorlage nicht ohne Widerspruch.
Die anderen Fraktionen attackieren die Bundespolitik der SPD
Martin Wagle (CSU) sagt, „das Handwerk ist zweifellos das Herzstück der bayerischen Wirtschaft“. Der Vorwurf unzureichender Förderung sei aber nicht richtig. Auch spiele das Handwerk bei der Entbürokratisierung, wie sie Söder in seiner Regierungserklärung dieses Jahr in Angriff nahm, und bei der „Entfesselung der Wirtschaft“ eine zentrale Rolle. Er müsse sich, so Wagle, aber schon die Augen reiben, dass gerade die SPD diese Aktuelle Stunde beantragt. Die Partei stehe ja „eher für die Umverteilung“ dessen, was Leistungsträger in diesem Land erwirtschafteten – man denke nur an das „Milliardendesaster Bürgergeld“. Markus Striedl (AfD) stänkert über die Debatte auf SPD-Antrag: Dies wäre, als würden die Grünen über den Wiedereinstieg in die Atomenergie reden wollen.
Auch Hubert Aiwanger (FW) ergreift als Wirtschaftsminister das Wort im Landtag. Man tue sehr viel, um die Dinge voranzubringen im Handwerk, beteuert er. Größte Baustelle sei jedoch die Bundespolitik, bei der er Leistungs- und Eigentumsfeindlichkeit ausmacht. Dies solle Grießhammers Fraktion bitte an die Ampel in Berlin weitergeben. Gleichwohl freue es ihn, dass die SPD das Thema aufrufe – sei es doch Zeichen einer christlichen Gesinnung, dass „jedes verirrte Schaf“ zur Herde zurückkehren dürfe.
Klarer Beistand für die SPD kommt von den Grünen. Barbara Fuchs ärgert sich über die Häme, wenn die SPD so ein elementares Thema in den Fokus rückt. Ihr grüner Fraktionskollege Andreas Birzele, Schreinermeister von Beruf, erinnert daran, dass das Handwerk in Bayern 17 Prozent der Betriebe stelle, aber 30 Prozent der Ausbildungsplätze. Hier liege enormes Potenzial für eine aktive Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Ohne die Handwerker, so Birzele, wären alle im Land „verratzt“. Hochdeutsch: so richtig in der Bredouille. Das zumindest ist ein Satz, auf den sich wohl alle einigen können.