SPD Bayern:Ude-Euphorie in der SPD

"Wir haben keinen Besseren": An Bayerns SPD-Basis herrscht pure Euphorie über die mögliche Kandidatur von Christian Ude. Und schon träumen die Ersten von gigantischen Wahlerfolgen.

Katja Auer, Heiner Effern, Stefan Mayr und Frank Müller

Niedergang und schlechte Stimmung in der Bayern-SPD - war da mal was? Seitdem der langjährige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude die Bereitschaft zur Spitzenkandidatur für die Landtagswahl erklärt hat, zeigen sich die Genossen im Freistaat in hochsommerlicher Stimmung. Eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung an der Parteibasis ergab gestern fast einhellige Zustimmung für das Projekt Ude. Mit ihm gebe es nun eine echte Perspektive zur Ablösung der schwarz-gelben Koalition bei der Wahl im Herbst 2013.

Franz Muentefering

Die mögliche Kandidatur von Münchens OB Christian Ude bei der nächsten Landtagswahl euphorisiert die SPD in Bayern.

(Foto: AP)

Schon jagen sich die spekulativen Rechnungen, wie stark der Ude-Effekt an der Wahlurne ausfallen könnte. Am weitesten lehnt sich dabei der Augsburger SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Kiefer aus dem Fenster: "Wir werden zwar auch mit Ude keine 45 Prozent erreichen, aber wenn wir die Wechselwähler mobilisieren können, sind 30 Prozent schon möglich", sagt Kiefer. Bei der Wahl 2008 waren es gerade mal 18,6 - da müsste sich also ein fulminanter Schub entwickeln.

Ein Schwergewicht" sei Ude in jedem Fall, sagt Jonas Merzbacher, der SPD-Bürgermeister in Gundelsheim bei Bamberg. Er könne "die Aufmerksamkeit auf inhaltliche Themen lenken", hofft Merzbacher. "Eine chancenreiche Idee" sieht auch die Kreisvorsitzende der SPD in Miesbach, Christine Negele, in der Kandidatur Udes. Als Münchner OB habe er so viel Kompetenz bewiesen, dass er auch ein Bundesland regiere könne: "Wir haben keinen Besseren."

Das finden auch diejenigen, die sich ansonsten vom Verfahren der letzten Tage "ein bisschen überrollt" fühlen, so wie der bayerische Juso-Chef Philipp Dees aus Erlangen. Ude hatte binnen weniger Tage zuerst eine Kandidatur, anders als früher, nicht rundheraus abgelehnt - und dann ein sanftes Ultimatum nachgeschoben: Er brauche eine schnelle Entscheidung noch in diesem Jahr und den Rückhalt der Partei, sagte Ude. Dees findet eine zweijährige Kandidaturphase bis 2013 zwar ziemlich lang und das Verfahren "etwas ungewöhnlich". Andererseits könne die darbende Partei mit Ude endlich wieder einen entscheidenden Sprung nach vorne machen, sagt Dees.

Offenbar muss Ude also auch im linken Parteispektrum keinen großen Widerstand fürchten: Einer der exponiertesten Parteilinken, der Miesbacher Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, sagt es gleich frei heraus: "Mich hat es gefreut, dass Ude nicht wie früher gleich Nein gesagt hat." Die Kandidatur sei "ein Glücksfall", nun müsse sich die Führung schnell zusammensetzen, um Udes Bewerbung auf den Weg zu bringen. Dabei müssten allerdings auch die politischen Inhalte eines Wahlkampfs mit Ude deutlich abgestimmt werden, sagt Barthel: "Das muss ja auch zusammenpassen."

Die aktuelle SPD-Euphorie ist so umfassend, dass es selbst im Hinterland kaum regionale Vorbehalte gegen den Großstädter Ude gibt. Er sei "ein Pfund" und ziehe "sicher auch auf dem Land als Kandidat", sagt Sepp Konhäuser, stellvertretender Landrat in Traunstein. Ude sei zwar "kein einfacher Genosse", meint der Würzburger SPD-Vorsitzende Eberhard Grötsch, er werde aber auch im Norden Bayerns gut ankommen: "Das ist ein Mann mit Humor, der springt auch über die fränkische Barriere hinweg." Der Aschaffenburger Parteichef Erich Henke hatte Ude mehrmals im Wahlkampf zu Gast: "Der hatte volles Haus und Standing Ovations", sagt Henke. Auch dass Ude sich selbst nominierte, stört ihn nicht. "Wenn sich ein guter Mann ins Gespräch bringt, habe ich nichts dagegen."

Anders die Nürnberger Vizefraktionschefin im Rathaus, Gabi Penzkofer-Röhrl: Sie fände es schade, "wenn sich jetzt schon alles auf den Genossen Ude zuspitzt", immerhin gebe es auch andere fähige Leute in der Partei. "Das hätte ich schon gerne intern diskutiert", sagt sie, zumal da die gerade laufende Parteireform eigentlich eher auf die Stärkung der Basis hinauslaufen solle.

Keine Rolle scheint für die Genossen dagegen Udes Alter zu spielen: Der jetzt 63-Jährige darf aus Altersgründen nicht mehr für das OB-Amt kandidieren, wohl aber als Ministerpräsident. "Bei dem derzeitigen demographischen Wandel gilt man ja bis zum 75. Geburtstag noch als Nachwuchstalent", scherzt der Oberpfälzer Parteichef Franz Schindler.

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