Die Bayern-SPD dürfte bald wieder von einer Doppelspitze angeführt werden. Am Dienstagabend stellte sich der Landesvorstand laut einer Mitteilung hinter die gemeinsame Kandidatur der aktuellen Vorsitzenden Ronja Endres und des Münchner Bundestagsabgeordneten Sebastian Roloff. Sie wollen sich beim Parteitag am 27. September als Duo zur Wahl stellen.
„Wir wollen als Bayern-SPD noch sichtbarer werden“, sagt Roloff am Mittwochmorgen am Telefon. Themen wie gerechtes Wirtschaften, gute Arbeit und bezahlbares Wohnen müssten erkennbarer werden. „Die Bundesebene ist einer der Hebel, wie das gelingen kann.“ Der 42-Jährige sitzt seit 2021 für den Wahlkreis München-Süd im Bundestag und ist dort wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, die gemeinsam mit der Union eine Koalition bildet.
„Ich kandidiere erneut als Landesvorsitzende, weil ich nicht zusehen kann, wie die Menschen, die Bayern am Laufen halten, von der Politik im Stich gelassen werden“, sagte Endres in einer Mitteilung. Die Bayern-SPD müsse wieder eine starke Stimme etwa für Krankenschwestern, Handwerker, Rentnerinnen oder Ehrenamtliche sein. „Meine Kandidatur ist eine Verpflichtung gegenüber denen, die täglich anpacken oder auf Hilfe angewiesen sind“, so Endres.

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Die Politikerin hatte zwischen 2021 und 2024 gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Florian von Brunn die erste Doppelspitze der Bayern-SPD gebildet und den Landesverband dann nach dessen Rückzug allein weitergeführt. Sie übt den Vorsitz ehrenamtlich aus, hat kein Parlamentsmandat und arbeitet hauptberuflich für eine Gewerkschaft. An Brunns Seite galt Endres vielen als Frau im Schatten ihres Co-Chefs, der auch als Fraktionsvorsitzender im Landtag und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2023 weitaus mehr mediale Aufmerksamkeit genossen hatte.
Bereits im Juni kündigte die 39-Jährige an, sich erneut zur Wahl zu stellen. Ob allein oder zu zweit ließ sie damals noch offen, eine Solo-Kandidatur schien jedenfalls möglich zu sein. Die Satzung erlaubt sowohl eine Einzel- als auch eine Doppelspitze. In Parteikreisen hieß es, sie traue sich den Job sehr wohl weiterhin allein zu, auch ohne die Sichtbarkeit durch ein Mandat. Ihre Fans in der SPD verwiesen damals vor allem auf ihr umtriebiges Kümmern um die Basis, außerdem habe sie Konzepte zur programmatischen Ausrichtung vorgelegt.
Kurz darauf wurden auch Roloff Ambitionen auf den Vorsitz nachgesagt. Er soll in der Partei bereits wichtige Unterstützer hinter sich versammelt, vor allem auf Ebene der Bezirksvorsitzenden, und eine Kampfkandidatur gegen Endres in Betracht gezogen haben. Spätestens auf dem Landshuter Parteitag wäre es dann zum Machtkampf gekommen, Ausgang ungewiss.
Die Frage ist, wie stabil das Zweckbündnis sein wird
Ein Szenario, das viele in der erschöpften Bayern-SPD vermeiden wollten, letztlich auch Endres und Roloff. Nach wochenlangen Gesprächen kam es nun zu der Team-Lösung. Die beiden hätten sich zusammengerauft, heißt es in Parteikreisen. Es gebe den breiten Wunsch in der bayerischen SPD, keinen öffentlichen Konflikt um die Führung auszutragen, sich nicht zu zerlegen. Roloff spricht von einem „Befriedungssignal“.
Ob das Zweckbündnis auf Dauer stabil sein kann? Auch in der SPD gibt es diesbezüglich Zweifler; der Draht der beiden wohl künftigen Tandem-Partner zueinander galt in Parteikreisen lange Zeit als wenig harmonisch – obwohl sie gemeinsame Bezüge in der Vita haben, etwa bei der Verankerung in der Gewerkschaftsszene. Und obwohl es auch keine größeren Differenzen in inhaltlichen Fragen zu geben scheint.
Ronja Endres verwies am Mittwoch auf Nachfrage der SZ darauf, dass Roloff und sie das Ziel eint, „die Bayern-SPD in den Dienst der Menschen zu stellen“. Man kenne sich seit der Gewerkschaftsjugend und habe in Gremien bereits gut zusammengearbeitet. Roloff äußerte sich ähnlich: Endres und er hätten sich vorgenommen, „eng abgestimmt und auf Augenhöhe“ zu arbeiten.
Für die Bayern-SPD geht es zunehmend um den Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit. Bei den letzten beiden Landtagswahlen erreichte sie nur noch einstellige Ergebnisse, 2023 waren es 8,4 Prozent. Im Landtag sind die Sozialdemokraten derzeit die kleinste Fraktion. Die neuerliche Regierungsbeteiligung im Bund – mit keinem SPD-Ministeramt aus dem Freistaat, aber immerhin vier parlamentarischen Staatssekretären – zahlt offenkundig in Umfragen nicht auf das Konto der Sozialdemokraten ein.
Bei den Kommunalwahlen im März 2026 müssen die bayerischen Genossinnen und Genossen zudem um Ämter und Mandate bangen. Derzeit gibt es gut 200 SPD-geführte Kommunen in Bayern; darunter auch größere Städte wie Regensburg, Passau oder Hof. Von den zehn größten Städten im Freistaat werden fünf von der SPD regiert.

