Landesparteitag„Die Bayern-SPD muss sich von unten hochverbessern“

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Die neue Doppelspitze der SPD jubelt: Sebastian Roloff (links) und Ronja Endres wollen die Partei aus der zunehmenden Bedeutungslosigkeit holen.
Die neue Doppelspitze der SPD jubelt: Sebastian Roloff (links) und Ronja Endres wollen die Partei aus der zunehmenden Bedeutungslosigkeit holen. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Sozialdemokraten verpassen sich mit Ronja Endres und Sebastian Roloff eine neue Doppelspitze. Auf ihrem Parteitag in Landshut ringen sie zudem um die Frage: Wie ist die SPD zu retten?

Von Thomas Balbierer, Landshut

Die Bayern-SPD will mit einem neuen Führungsteam aus ihrem historischen Tief kommen. Auf dem Landesparteitag in Landshut wählten die Sozialdemokraten am Samstagnachmittag eine neue Doppelspitze ins Amt. Ronja Endres, zuletzt alleinige Landesvorsitzende, führt die Bayern-SPD nun gemeinsam mit dem Münchner Bundestagsabgeordneten Sebastian Roloff. Endres erhielt auf dem Parteitag 86 Prozent der rund 250 Delegiertenstimmen, Roloff kam auf 74,4 Prozent.

„Wir haben uns viel zu lange um uns selbst gedreht“, sagte die 39-Jährige in ihrer Rede. Die SPD müsse stattdessen wieder erkennbar werden als Partei für alle, „die das Land am Laufen halten“. Man müsse sich auf die realen Probleme der Menschen konzentrieren, etwa beim Wohnen, in der Pflege oder Schulen. Man dürfe den Leuten nicht „von oben herab sagen, was ihre Probleme zu sein haben“. Diesen Eindruck habe ihre Partei in der Vergangenheit zu oft erweckt, sagte Endres. „Die Bayern-SPD muss sich von unten hochverbessern.“ Ihr Ziel: Trendumkehr und zurück in die Zweistelligkeit.

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Ihr neuer Co-Vorsitzender Roloff, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, fokussierte sich in seinem Vortrag auf den Bereich Arbeit und Wirtschaft. „Wir wollen und müssen Autoland bleiben“, sagte er zum Beispiel über die Rolle der Autoindustrie für den Standort Bayern. Der 42-Jährige versprach mehr Zuspitzung in der öffentlichen Debatte, um Positionen der Partei wieder sichtbarer zu machen. „Die Bayern-SPD ist bei Weitem nicht auf dem Weg in den Untergang“, sagte er.

Am Sonntag kam auch ein neues Generalsekretärs-Duo ins Amt. Die Ansbacher Stadträtin Kathrin Pollack, seit 2017 SPD-Mitglied, wurde mit 86 Prozent zur Generalsekretärin gewählt. Sie bezeichnete sich selbst als „Unbekannte“, ihre Kandidaturen für das Ansbacher Oberbürgermeister-Amt und den Landtag blieben erfolglos. „Ich bin keine, die aufgibt, wenn’s mal schwierig wird“, sagte die 48-Jährige.

Kathrin Pollack, Stadträtin aus Ansbach, ist neue Generalsekretärin der SPD:
Kathrin Pollack, Stadträtin aus Ansbach, ist neue Generalsekretärin der SPD: (Foto: Armin Weigel/dpa)
Der neue Vize-Generalsekretär Uwe Kirschstein ist Oberbürgermeister in Forchheim.
Der neue Vize-Generalsekretär Uwe Kirschstein ist Oberbürgermeister in Forchheim. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Ihr Stellvertreter, der Forchheimer Oberbürgermeister Uwe Kirschstein, wurde in Landshut mit 90 Prozent gewählt. Er will die kommunale Verankerung der SPD in Bayern betonen. In seiner Rede kritisierte er die Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), nur 60 Prozent des Geldes aus dem 500-Milliarden-Sondervermögen des Bundes an die Kommunen zu verteilen. Der Rest bleibe „an klebrigen Fingern“. Finanzminister Albert Füracker (CSU) habe den Oberbürgermeistern im Sommer noch zugesichert, „dass mindestens 70 Prozent bei den Kommunen ankommen“, sagte Kirschstein.

Die Bayern-SPD steckt seit Langem in der Krise. Bei den vergangenen zwei Landtagswahlen erreichten die Sozialdemokraten nur noch einstellige Ergebnisse und stellen im Landtag die kleinste Fraktion. In vielen Reden und Gesprächen auf dem Landshuter Parteitag ging es daher um die Frage: Wer wollen wir eigentlich sein?

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„Die Zeit, in der wir jetzt leben, ist in der Tat eine Bewährungsprobe“, sagte Bärbel Bas bei ihrem Auftritt am Samstagvormittag. Die SPD-Bundeschefin und Bundessozialministerin steht aktuell unter großem Druck, die Sozialsysteme so zu reformieren, dass sie auch in Zukunft funktionieren. Zum Beispiel bei der Rente oder beim Bürgergeld. Sie sprach von einer „Schlüsselfrage unserer Zeit“, blieb jedoch in Bezug auf konkrete Veränderungen vage.

Stattdessen versuchte sie, Mut und Zuversicht zu beschwören. Vor der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen seien das Ende der SPD und der Durchmarsch der AfD angekündigt worden. „Das, was da prophezeit wurde, ist nicht eingetreten“, sagte Bas. Obwohl die AfD massiv zulegte, habe auch die SPD Erfolge feiern können, etwa in Kommunen wie Herne oder Euskirchen, wo Kommunalpolitiker der SPD schon im ersten Wahlgang gewannen. „Mit klarem Pragmatismus“, folgerte Bas, könne die SPD auch in Bayern Erfolg haben. Am 8. März 2026 finden im Freistaat Kommunalwahlen statt.

„Wann war die SPD in den letzten 30 Jahren nicht pragmatisch?“

Pragmatismus statt grundsätzlicher Debatten, dieser Leitsatz wird in der Bayern-SPD derzeit häufig ausgerufen. Dafür sind selbst manche Parteilinke bereit zurückzustecken. Sie wisse, dass sie nicht den ganzen Tag über Umweltpolitik reden dürfe, sagte zum Beispiel Anna Rasehorn, Landtagsabgeordnete aus Augsburg. Ihre Bewerbungsrede für einen Stellvertreterposten im Landesvorstand klang in Teilen wie ein Reuebekenntnis. Sie erinnerte an den März dieses Jahres, als die Bayern-SPD kurz davor stand, anstelle der Freien Wähler in die Staatsregierung mit der CSU einzutreten. „Ja, wir sind bereit, Verantwortung für unser wunderschönes Bundesland zu übernehmen“, sagte sie. Eine Linie, die SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer seit seiner Wahl im vergangenen Jahr vorgibt.

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Doch nicht alle Genossen sind mit diesem Weg einverstanden. „Wann war die SPD in den letzten 30 Jahren nicht pragmatisch?“, fragte Severin Eder, SPD-Unterbezirksvorsitzender aus Niederbayern, auf der Parteitagsbühne. „Wir haben Hartz IV eingeführt, die Rente mit 67 akzeptiert und die Schuldenbremse mitgetragen.“ Niemand wähle eine SPD, die klingt wie „CSU light“.

Auch der Juso-Vorsitzende Benedict Lang griff zu starken Worten. „Spüren wir uns eigentlich noch?“ Die SPD habe im Wahlkampf einen Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 versprochen, gebe sich nun aber mit weniger zufrieden. „Wo ist unser Aufschrei?“, fragte Lang. Er rief dazu auf, Verteilungsfragen noch stärker zu thematisieren. „Es muss spürbar werden, dass es uns nicht egal ist, wenn zwei Familien mehr Vermögen haben als die Hälfte der Gesellschaft.“ Auch den „Abschiebewahn“ von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) dürfe die SPD in der Bundesregierung nicht so einfach hinnehmen.

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