Niederbayern:Spart Landshut beim Brandschutz?

Der Josef-Deimer-Tunnel in Landshut

Beim Josef-Deimer-Tunnel macht der Brandschutz Probleme.

(Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Der Brandschutz ist im Landshuter Josef-Deimer-Tunnel nicht gewährleistet, wie ein Gutachten feststellt.
  • Offenbar hat das Baureferat versucht, Mängel zu vertuschen.
  • Auch beim Brandschutz im Kinderkrankenhaus der Stadt gibt es Zweifel.

Von Andreas Glas, Landshut

Im Sommer 2015 hat der ADAC dem Landshuter Josef-Deimer-Tunnel ein exzellentes Zeugnis geschrieben. Gesamtnote: sehr gut. Dazu gab es ein Extralob für den Brandschutz. Nun, drei Jahre später, ist das Zeugnis für den fast 1,5 Kilometer langen, innerstädtischen Straßentunnel nichts mehr wert. "Der Brandschutz ist nicht gewährleistet", heißt es in der Rechnung einer Gutachterfirma an die Stadt.

Die Rechnung ist ebenfalls drei Jahre alt. Doch statt sofort nachzuarbeiten, sei im Baureferat "bewusst und aktiv gehandelt" worden, "um Mängel zu vertuschen und die Beseitigung zu verhindern", stellte das Rechnungsprüfungsamt kürzlich in einem Bericht fest. Die Landshuter Zeitung hatte vergangene Woche darüber berichtet. Seither fragen sich die Landshuter: Vernachlässigt die Stadt den Brandschutz, um Geld zu sparen?

Wer dieser Frage nachgeht, stößt auf weitere Unterlagen, die misstrauisch machen. Darin geht es um das Landshuter Kinderkrankenhaus Sankt Marien. Die Klinik ist privat, doch für das Löschwasser ist die Stadt zuständig. Der Süddeutschen Zeitung liegt ein Schreiben vor, in dem der Stadtbrandrat kritisiert, dass "die zur Verfügung stehende Löschwassermenge" für das Kinderkrankenhaus "zu gering" sei. Sein Schreiben ging an das städtische Amt für Bauaufsicht. Unabhängig davon hatte im Januar 2016 eine externe Brandschutzfirma in einem Gutachten ebenfalls festgestellt, dass die Löschwassermenge deutlich unterhalb der gesetzlichen Vorgaben liege. Doch sofort nachbessern ließ die Stadt auch im Fall des Kinderkrankenhauses nicht.

Das sei auch nicht nötig gewesen, teilt die Stadt auf SZ-Nachfrage zunächst mit. Anders als Gutachter und Brandrat versichert die Stadt, dass die vorgeschriebene Löschwassermenge "über das Leitungsnetz der Stadtwerke Landshut tatsächlich gewährleistet" sei - "seit jeher". Dazu verweist die Stadt auf zwei Gerichtsbeschlüsse. Dabei ging es um eine Klage der Klinikanwohner, die einen Erweiterungsbau stoppen wollten. Sie fürchteten, dass ein Klinikbrand auf ihre Häuser übergreifen könnte. Zweimal wurde ihre Klage zugunsten der Stadt abgewiesen. Doch sagen die Beschlüsse auch etwas über den Brandschutz innerhalb des Klinikums aus, wie die Stadt behauptet?

Nein, teilt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auf Nachfrage mit. Das Gericht hat zwar festgestellt, dass die Abstände der Brandschutzwände zu den Nachbargebäuden eingehalten sind. Der Beschluss treffe aber "keine Aussage darüber, ob ein ausreichender Brandschutz vorhanden ist" - weder fürs bestehende Klinikgebäude noch für den geplanten Erweiterungsbau. Warum verweist die Stadt auf eine Gerichtsentscheidung, die nichtssagend ist?

Die Stadt äußert sich nur zögerlich

Erst nach mehreren Nachfragen geht die Stadt auf die Warnungen des Gutachters und des Stadtbrandrats ein. Es sei richtig, dass beide Experten von einer Löschwassermenge (60 Kubikmeter pro Stunde) ausgegangen seien, die nicht den heutigen Vorschriften entspreche. "Bei einer daraufhin erfolgten Überprüfung" sei dann aber doch "eine Löschwassermenge von mindestens 96 Kubikmetern pro Stunde gemessen" worden, was den gesetzlichen Forderungen entspreche. Bereits 1998 seien Druckpumpen eingebaut worden, die genug Löschwasser liefern, falls das Landshuter Kinderkrankenhaus brennt. Zum Widerspruch, dass zunächst gleich zwei ausgewiesene Experten eine andere Einschätzung getroffen hatten, äußert sich die Stadt nicht näher.

Der Fraktionschef der Stadtrats-Grünen, Stefan Gruber, ist nicht restlos überzeugt. Mit Blick auf die vertuschten Brandschutzmängel im Deimer-Tunnel sagt er: "Ich hoffe nicht, dass das auch in anderen Fällen so gehandhabt wurde." Er werde nun alle Informationen zum Kinderkrankenhaus einfordern. "Ich erwarte von der Verwaltung, dass sie das sensible Thema Brandschutz ernst nimmt und bei möglichen Sicherheitslücken eine akribische Nachbesserung einfordert", sagt Gruber. Er findet: Im Zweifel sei es besser, den Brandschutz überzuerfüllen, um sich gar nicht erst angreifbar zu machen.

Beim Deimer-Tunnel gibt sich die Stadt immerhin selbstkritisch. Man hätte die Mängel schon bei der Inbetriebnahme des Tunnels im Jahr 1999 merken müssen, mindestens aber "zu einem früheren Zeitpunkt" als 2018, sagte Baureferent Johannes Doll kürzlich der Landshuter Zeitung. Die Verantwortung sieht er bei einem einzelnen Mitarbeiter seines Referats. Dieser hatte die Gutachterfirma im März 2015 telefonisch angewiesen, die festgestellten Mängel einfach wieder von der Rechnung zu streichen. Sicher nicht "in bösartiger Absicht", sagte Referatsleiter Doll, sondern "nach bestem Wissen und Gewissen". Womöglich habe der Mitarbeiter der Stadt eine teuere Reparatur ersparen wollen, die er für unnötig hielt. Das sei "natürlich ein Schmarrn" gewesen.

Um den Tunnel endlich feuertauglich zu machen, werden die bemängelten Brandschutzklappen an den Fluchtwegen zunächst provisorisch vermauert. Bis zum Herbst sollen die Mängel beseitigt sein. Eine Sperrung sei dafür nicht nötig, heißt es aus dem Baureferat. Trotz der Mängel bestehe "keine Gefahr für Leib und Leben". Auch für die Erweiterung des Kinderkrankenhauses habe die Stadt eine neue Löschwasserzisterne genehmigt. Dabei handle es sich um eine "Sicherheitsreserve", die sogar "über den Wasserbedarf hinausgeht", der gesetzlich vorgeschrieben sei. Die Zisterne, versichert die Stadt, "zielt nicht darauf ab, Versäumnisse" zu kaschieren.

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