Sozialbericht:Reiches Land, arme Kinder

Opposition fordert mehr Initiativen von der Staatsregierung

Von Lisa Schnell

Kinder, die sich nicht auf Weihnachten freuen, weil sie wieder kein Geschenk bekommen, nicht auf den Schnee, weil sie dann nur frieren, die hungrig in die Schule gehen und froh sein können über Toastbrot mit Margarine. Etwa zwölf Prozent der Kinder unter 18 Jahren im Freistaat sind laut dem aktuellen Sozialbericht von Armut gefährdet. Nicht nur ein paar wenige, sondern 245 000 Kinder, sagte Natascha Kohnen, Landeschefin der SPD. Wie es weniger werden könnten, diskutierte der Landtag am Dienstag auf Vorschlag der SPD in der letzten aktuellen Stunde vor Weihnachten.

"Jedes Kind in Armut ist eins zu viel" - Kohnen sagte den Satz als erste, fast jeder der nachfolgenden Redner, ob Opposition oder CSU, stimmte ihr zu. Dann aber endeten die Gemeinsamkeiten. Die Opposition warf der Staatsregierung vor, nicht genügend gegen Kinderarmut zu unternehmen. Was es dazu ihrer Meinung nach brauche, zählte Kohnen auf. "Wohnen wird für Familien immer mehr zur Armutsfalle", sagte sie und wies auf den sinkenden Bestand der Sozialwohnungen hin. Im Vergleich zu 1999 habe sich die Anzahl auf 138 000 halbiert. Oder aber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in Bayern brauche es kostenlose Kita-Plätze, einen Ausbau der Ganztagsbetreuung in den Schulen und eine Arbeitswelt, die vor allem Alleinerziehenden den Spagat zwischen Familie und Beruf ermögliche. Die CSU aber hänge insgeheim immer noch einem Familienbild an, das in etwa so zeitgemäß sei wie Schwarz-Weiß-Fernsehen und das Katharina Schulze von den Grünen so beschreibt: Der Papa geht arbeiten, die Mama bleibt zu Hause und das Kind kommt mittags nach Hause. "Wer anders lebt, den halten Sie insgeheim für einen Exoten", warf sie den CSU-Abgeordneten vor. Da helfe auch der Hinweis nicht, dass Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut dastehe, sagte Gabi Schmidt von den Freien Wählern. Vielmehr fehle einem wohlhabenden Land wie Bayern die Ausrede, warum es immer noch Kinderarmut gebe, sagte Kohnen.

Sozialministerin Emilia Müller misst dem Vergleich mit anderen Bundesländern eine höhere Bedeutung zu. Arbeits- und Lebensbedingungen für Kinder und Familien seien im Freistaat besser als in jedem anderen Bundesland. So lebten hier nur knapp sieben Prozent der unter 18-Jährigen von Sozialhilfe, bundesweit seien es mehr als doppelt so viele. Bayern aber ruhe sich nicht auf seinen Erfolgen aus. Im Haushalt 2017/2018 gebe der Staat fast fünf Milliarden Euro für die Familienpolitik aus. Krippen- und Kindergartenplätze würden ausgebaut, in Berlin habe die große Koalition den Unterhaltsvorschuss ausgeweitet. Auch wenn den Vorschlag eine SPD-Ministerin ausgearbeitet hat.

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