Sorge um die Denkmalhauptstadt:Weltkulturerbe Bamberg in Gefahr

Nirgendwo in Bayern gibt es mehr schützenswerte Bauten als in Bamberg. Doch Denkmalschützer und auch die Bürger fürchten um den Weltkulturerbe-Status - weil die Bahn scheußliche Lärmschutzwände plant.

Katja Auer

Es war natürlich ein Zufall, dass sich Peter Ramsauer ausgerechnet an diesem Nachmittag die Landesgartenschau in Bamberg angeschaut hat. Ramsauer ist Bundesverkehrsminister, und auf ihn richten sich viele Hoffnungen in der oberfränkischen Welterbe-Stadt: Dass er einwirken möge auf die Bahn, die gerade die Erweiterung der Gleise durch die Stadt plant und dafür meterhohe Lärmschutzwände errichten will.

Der Bamberger Dom wird 1.000 Jahre alt

Der Bamberger Dom wurde in diesem Jahr 1000 Jahre alt.

(Foto: dapd)

Mancher hätte ihm anstelle der Blumen lieber die Denkmäler in der Stadt gezeigt, um die sie fürchten, wenn die Schneise tatsächlich so durch Bamberg geschlagen werden sollte, wie es sich in den schon bekannten dreidimensionalen Darstellungen abzeichnet.

Gerade an jenem Tag war auch Johannes Greipl in Bamberg, der Generalkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege. Er stellte ein Buch vor, nicht weniger als ein Grundlagenwerk, aus der Reihe "Die Kunstdenkmäler von Bayern". Allein sieben Bände davon sind Bamberg gewidmet, mehrere bestehen aus bis zu vier Teilen. Erschienen sind sie längst nicht alle, bis 2018 soll die Reihe abgeschlossen sein, die dann einen Meter Regal füllen wird.

Ein vergleichbares Werk findet sich in Bayern nirgendwo, nur für die Welterbe-Stadt Regensburg werde ein ähnlicher Aufwand betrieben, wenngleich sich jenes Werk nur mit dem Dom und nicht mit der ganzen Stadt befasse, sagte Greipl. Der Umfang mag abschrecken, dennoch ist das Werk nicht nur etwas für Historiker. Jeder, der sich für die Stadt interessiert, findet darin Interessantes, bis hin zu den Details einzelner Häuser.

Weil Bamberg wegen seiner Altstadt, die die Unesco 1993 zum Weltkulturerbe ernannte, eine besondere Stellung unter Bayerns Städten habe, hätten die Stadtplaner auch eine besondere Verantwortung, sagten die Denkmalschützer. Ob sie dieser immer gerecht werden, darüber sind auch die Bamberger geteilter Meinung - gerade wird über das "Quartier an der Stadtmauer" diskutiert, eine Einkaufspassage, für die mehrere alte Häuser abgerissen werden müssten.

Und auch die Debatte um die Mauer, die die Bahn durch die Stadt ziehen will, wird heftig geführt. "Das geht nicht", sagt Greipl da. Ganz einfach. "Da muss die Bahn andere Lösungen finden." Dass dies auch gelingen könnte, daran glaubt Thomas Gunzelmann, der maßgebliche Verfasser und Koordinator des Grundsatzwerkes. In Bamberg gebe es ein ausgeprägtes Bewusstsein für den Denkmalschutz und die Bedeutung der eigenen Stadt. Immerhin, Bamberg hat auch die höchste Einzeldenkmaldichte Bayerns, das erfordert eine gewisse Sensibilität.

Hausbesitzer finanziell unterstützt

Die 1970-seitige Publikation ist der Einleitungsband des riesigen Werkes, und sie stellt nicht nur das gesamte Quellenmaterial zur Stadt vor, Pläne, Luftbilder, Ansichten, sondern die gesamte Entwicklung der Stadt bis zum heutigen Stadtdenkmal Bamberg. Von der Merowingerzeit bis zur ersten Blütezeit unter Kaiser Heinrich II., der den Ort "einzigartig geliebt" habe, wie die Chronisten schreiben, und 1007 das Bistum Bamberg gründete.

Von den Weltkriegen, die Bamberg einigermaßen glimpflich überstanden hat, bis zu den ersten Bemühungen um den Denkmalschutz, das "Bamberger Modell". Schon Ende der 1950er Jahre unterstützte die Stadt Hausbesitzer finanziell, damit sie ihre schützenswerten Häuser erhalten konnten. Rückschläge musste der Denkmalschutz freilich auch in Bamberg hinnehmen. Als "Kahlschlag der Bamberger Nachkriegsgeschichte" bezeichnen Denkmalschützer beispielsweise den Abriss von sieben der zehn Mühlen an der Regnitz Ende der 70er Jahre.

Und auch Bamberg hat die Jahrhunderte nicht ohne Bausünden überstanden. Ein Sparkassenbau an der Langen Straße ersetzte historische Bebauung ebenso wie die sogenannten Theatergassen, ein wenig ansprechender 80er-Jahre-Bau, in dem sich Wohnungen und Geschäfte finden. Aber viele Bamberger sind sensibilisiert. Ein paar sehr aktive Vereine bemühen sich um das Stadtbild. Die Pläne der Bahn zum Beispiel, die werden die Bamberger nicht so einfach hinnehmen. Kann gut sein, dass Verkehrsminister Ramsauer doch noch mal eingeladen wird - dann zum Denkmäler gucken.

Thomas Gunzelmann: Stadtdenkmal und Denkmallandschaft. 2 Halbbände, 1970 Seiten, 98 Euro. Aus der Reihe: Die Kunstdenkmäler von Bayern. Stadt Bamberg.

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