Sondersitzung im Landtag:Haderthauer bleibt fern

Vereidigung Umweltministerin Ulrike Scharf

Ulrike Scharf zieht nach dem Rücktritt von Staatskanzleichefin Haderthauer als Umweltministerin ins Kabinett ein.

(Foto: dpa)

Während die Opposition um das Ansehen Bayerns besorgt ist, macht Seehofer Scherzchen: Im Sonderplenum arbeitet sich der Landtag an Haderthauers Modellbauaffäre ab. Doch für die Ex-Staatskanzleichefin wird nicht einmal ein Stuhl bereit gestellt.

Von Frank Müller

Ihre Modellautoaffäre hat Christine Haderthauer schon viel gekostet, an diesem Dienstag kommen noch einmal 100 Euro hinzu. Um diese Summe werden die Landtagsdiäten der vormaligen Staatskanzleiministerin für diesen September gekürzt, weil sie am ersten Schultag das Sonderplenum des Landtags schwänzt. Haderthauer hat um Verständnis dafür gebeten, dass sie wegen der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen sie nicht im Parlament auftreten will.

So werden die Abgeordneten zwei Wochen früher als geplant ins Maximilianeum zurückgerufen zu einer Vollsitzung, in der die Hauptperson fehlt. "Unverzügliche Aufklärung und politische Aufarbeitung der Affäre Haderthauer", steht auf der Tagesordnung des von der Opposition erzwungenen Plenums. Doch was gibt es noch aufzuklären, wenn der Anlass sich durch Rücktritt erledigt hat?

Haderthauers Stuhl bleibt leer

Es ist ein merkwürdiges Bild, das der Landtag auf diesem Zwischendurch-Plenum abgibt. Der Tonfall ist scharf, noch einmal rollt die Opposition die gesamte unappetitliche Geschichte um Haderthauers von Straftätern gebaute Modellautos auf. Das ist Stoff, der noch einmal zünden könnte, säße auf der Regierungsbank noch Christine Haderthauer, zum Durchhalten entschlossen. Jedoch, man kann nicht einmal sagen, dass ihr Stuhl leer bleibt. Sie hat überhaupt keinen mehr. An der Seite von Ministerpräsident Horst Seehofer sitzt schon Marcel Huber als Nachfolger.

"Keine andere Landesregierung hat in so kurzer Zeit so viele Staatskanzleichefs verschlissen", hält SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher Seehofer vor. "Sie schaden dem Ansehen Bayerns", attackiert Grünen-Amtskollegin Margarete Bause den Ministerpräsidenten, moderater gibt sich Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

"Vollkommener Verfall"

Die CSU hätte dieses Aufarbeitungsspektakel gerne verhindert. Das konnte sie nicht, weil auch eine Minderheit im Landtag eine Sondersitzung erzwingen kann. So entschließt sie sich zu einer Mischung aus Frontalangriff und Verächtlichmachung. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer steht mit hochrotem Kopf am Pult und wirft der Opposition in erregtem Tonfall "vollkommenen Verfall" vor.

Auf der anderen Seite tut Seehofer sein Bestes, um SPD, Grüne und Freie Wähler ins Lächerliche zu ziehen. Während die sich an allen Einzelteilen der Affäre nochmals abarbeiten, schlendert Seehofer durch den Plenarsaal, macht hier ein Scherzchen und dort eine Bemerkung. Er setzt sich sogar minutenlang neben seinen Partei-Intimfeind Erwin Huber und plaudert entspannt auf ihn ein - deutlicher kann man Desinteresse am parlamentarischen Geschehen nicht zeigen.

Weitermachen lautet Seehofers Plan. Die Reihen schließen sich. Marcel Huber wirkt schon im Amt angekommen, als ob er es nie verlassen hätte - er war schon vor seiner Zeit als Umweltminister Chef der Staatskanzlei und kehrt nun dorthin zurück. Für seine Nachfolgerin im Umweltressort, Ulrike Scharf, wird der Weg nicht ganz so leicht, weil sie bislang mit ökologischen Themen nicht aufgeschienen war.

Rückenstärkung durch Seehofer

Seehofer fährt seine übliche Linie in Personalfragen: Rückenstärkung und gleichzeitig die Messlatte hoch legen. "Ich traue ihr das Amt sehr gut zu, sonst hätte ich sie nicht vorgeschlagen", sagt er über die bislang eher unauffällige 46-jährige Unternehmerin aus Erding. Und fügt hinzu, ihre Aufgabe sei es nun "diese große Linie von Marcel Huber fortzusetzen".

Ans Mikrofon geht Seehofer nicht, nach der Debatte zeigt er sich jedoch massiv verärgert über die Opposition. "Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass man mit denen noch mal was macht", schnaubt er. Zusammenarbeit, etwa in der Schulpolitik, sei mit der Opposition nicht mehr denkbar. Denn die Debatte sei der "absolute Tiefpunkt" und die "dunkelste Stunde", die er in einem Parlament je erlebt habe.

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