Unter Bayern:Alles anders im neuen Jahr

Was früher noch galt, gilt heute nichts mehr: Nicht einmal bei Markus Söder kann man sich mehr sicher sein.

Von Franz Kotteder

Zu den Merkwürdigkeiten dieser Tage gehört eine Umwertung altbekannter Begriffe, wie man sie sich vorher nie hätte vorstellen können. Da muss die CSU zum Beispiel ihre Klausur verschieben, weil sich zu viele Teilnehmer in Quarantäne befinden. Aus ähnlichen Gründen muss der FC Bayern vor dem Rückrundenstart der Bundesliga aufs Trainingslager für seine Fußballprofis verzichten. Ein interessanter Sachverhalt, weil ja eigentlich alle drei Begriffe mit Abschottung zu tun haben, Klausur wie Trainingslager wie Quarantäne. Passt aber trotzdem alles nicht zusammen. Auf der anderen Seite überlegt man, die Dauer einer Quarantäne zu verkürzen, weil die Infektionslage dramatisch ansteigen dürfte. Der Laie würde sagen: "Dann bloß nicht lockern, sondern streng sein, damit sich's nicht noch weiter ausbreitet!" Aber was weiß schon der Laie.

Der Laie weiß zum Beispiel noch, dass alle Landwirtschaftsminister auf praktisch allen politischen Ebenen seit Jahrzehnten sagen, es müsse endlich Schluss sein mit den Ramschpreisen bei Lebensmitteln. Selbst die Julia Klöckner hat das ja gesagt, kaum zu glauben. Aber seit ihr Nachfolger Cem Özdemir auch damit daherkommt, ist die Aufregung plötzlich groß. Vielleicht, weil man glaubt, er könne das, als Grüner, vielleicht sogar ernst meinen? Sauerei! Dabei ist der bekennende Schwabe Özdemir, der gern auch mal den Oberleutnant der Reserve spielt, doch bekannt dafür, seine Partei mit dem konservativen Bürgertum versöhnen zu wollen. Was soll da schon groß passieren?

Aber man kann sich ja über nichts mehr sicher sein. Nicht nur die Begriffe, auch die Menschen ändern sich. Selbst Markus Söder gesteht inzwischen öffentlich Fehler ein und will im neuen Jahr ein bisschen sanfter werden. Dabei ist Achtsamkeit ja eher so ein Begriff aus der Esoterikecke, den man weniger bei der CSU verortet. Aber beim Treffen am winterlichen Kirchsee überlässt Söder den Trachtenjanker doch glatt seinem Kollegen Friedrich Merz von der CDU und trägt stattdessen eine ganz normale Winterjacke. So bricht man mit Erwartungen, Disruption heißt das unter Wirtschaftsphilosophen. Bis zur nächsten Landtagswahl ist es zwar noch ein bisschen hin, aber wenn es dumm läuft, wählt der Söder dann sogar höchstpersönlich in der Wahlkabine die grüne Krawallschachtel Katharina Schulze oder den roten Lausbuben Florian von Brunn. Ausschließen kann man gar nichts. Wer weiß denn heute schon, wo die zwei 2023 politisch stehen?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: