Süddeutsche Zeitung

Bayerischer Landtag:Ampel-Opposition und CSU einigen sich auf Fragen in U-Ausschuss

Im Streit über einen Fragenkatalog zu Parteispenden an die CSU im Zusammenhang mit dem Nürnberger Zukunftsmuseum ist ein Kompromiss gefunden. Welche Rolle Pizza dabei spielte.

Von Andreas Glas

Die Pizza, witzelt Fabian Mehring, sei der "Gamechanger" gewesen, der alles in friedliche Bahnen gelenkt habe, am Montagabend, zwölf Stunden nach Beginn der Verhandlungen in Saal 2 des Landtags. "Danke SPD", schrieb der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler auf Instagram, die Sozis hatten die Pizzen ja spendiert, zehn Stück, Margherita, Funghi, Salami. Nur zwei Stunden nach dem Pizzaboten, gegen 21 Uhr, kam die Nachricht: Die CSU hat sich mit Grünen, SPD und FDP auf den Fragenkatalog verständigt für einen neuerlichen Untersuchungsausschuss, der den umstrittenen Mietvertrag für das Zukunftsmuseum in Nürnberg beleuchten soll. Man habe jetzt "eine solide Grundlage" für den U-Ausschuss, findet Mehring, der seine FW als Vermittler zwischen den anderen Fraktionen sah.

Nicht alle hatten eine Einigung erwartet, noch am Freitag waren die Fronten hart. So hart, dass die SPD eine Klage erwogen hatte. Falls die CSU-Fraktion weiterhin versuche, die Aufklärung der Rolle von Ministerpräsident und Parteichef Markus Söder "zu verhindern", sehe man "einen Gang zum Verfassungsgerichtshof als Möglichkeit", drohte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn.

Der Hintergrund: Im Katalog, den SPD, Grüne und FDP vorgeschlagen hatten, fanden sich vier Fragen zu Parteispenden des Nürnberger Unternehmers Gerd Schmelzer an die CSU - und Söders Wissen darüber. Im Gegensatz zur Opposition hielt die CSU diese Fragen zumindest teilweise für verfassungswidrig - und wollte dem Katalog nicht zustimmen. "Es werden Zusammenhänge konstruiert, die es nicht gibt", schimpfte Tobias Reiß, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landtagsfraktion. SPD-Fraktionschef Brunn sprach derweil von "panischer Angst" bei der CSU.

Das Zukunftsmuseum war 2014 beschlossen worden, damals war Markus Söder noch Finanzminister - und engagierte sich für das Projekt in seiner Heimatstadt Nürnberg. Inzwischen stuft der Oberste Rechnungshof (ORH) den Vertrag, der dem Vermieter bis 2044 eine jährliche Summe von 2,8 Millionen Euro garantiert, als "vermieterfreundlich" ein - und Grüne, SPD und FDP wittern einen Skandal. Denn beim Vermieter handelt es sich um jenen Gerd Schmelzer, der an die CSU gespendet hat. Dessen Spenden seien "ein zentraler Punkt" im U-Ausschuss, wenn man bedenke, "mit welcher Vehemenz sich Markus Söder für diesen Investor eingesetzt hat", sagt SPD-Fraktionschef Brunn.

Im ursprünglichen Fragenkatalog war die Rede von insgesamt 90 500 Euro, die 2018 und 2019 eine von Schmelzers Firmen spendete. Dass die Opposition darin die Frage vorschlug, ob Söder von diesen Spenden wusste, ging der CSU offenkundig zu weit. Ebenso die Frage, ob neben Schmelzer oder dessen Firmen seine Familienmitglieder gespendet haben. Im Katalog, auf den sich die Streitparteien nun geeinigt haben - nach langen Verhandlungen am Samstag, Sonntag und Montag - spielen mögliche Spenden aus Schmelzers familiärem Umfeld keine Rolle mehr, dazu wurde der Name Söder aus der Spenden-Passage gestrichen, die nur noch zwei Stichpunkte umfasst.

Die Fragen lauten jetzt, etwas reduzierter, ob es Spenden von "Herrn Gerhard Schmelzer bzw. dessen Unternehmen" an die CSU gegeben habe und, etwas allgemeiner, ob "Mitglieder der Staatsregierung davon Kenntnis" hatten.

Der zweite U-Ausschuss behandelt die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke

Die Ursprungsfassung habe "gestrotzt vor Unterstellungen und Vorverurteilungen", sagt CSU-Geschäftsführer Reiß. Seine Fraktion sei "an Transparenz und Aufklärung interessiert, aber nicht an einem Politikspektakel, bei dem von vornherein das Ergebnis feststehen soll". Nun klingt Reiß ganz zufrieden mit dem Kompromiss.

Auch SPD-Fraktionschef Brunn ist erleichtert, für ihn "hätte der U-Ausschuss keinen richtigen Sinn ergeben" ohne die Fragen nach den Spenden. Wie sehr sich die CSU dagegen "gesperrt" habe, "zeigt schon sehr deutlich, dass man dort große Angst hat und ein großes Risiko sieht". Schmelzer und die CSU haben einen Zusammenhang zwischen den Spenden und dem Mietvertrag für das Zukunftsmuseum dagegen stets bestritten.

Neben dem U-Ausschuss zum Museum haben sich CSU und FW mit den Antragstellern Grüne, SPD und FDP auf einen weiteren Ausschuss verständigt: zur Kostenexplosion bei der zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke. Auch um den Vorsitz in beiden Gremien hatte es Streit gegeben. Seit Montagabend steht fest: Der CSU-Abgeordnete Josef Schmid wird den Ausschuss zum Nürnberger Museum leiten, der FW-Abgeordnete Bernhard Pohl wird Vorsitzender des Stammstrecken-Ausschusses. SPD und FDP hätten das gerne andersrum gehabt.

An diesem Mittwoch soll der Landtag die beiden U-Ausschüsse ganz offiziell einsetzen. Bis zum Ende der Woche könnten dem Vernehmen nach die ersten Sitzungen stattfinden.

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