Politik in Bayern: "Was soll eine Wohnungsbaugesellschaft, die keine einzige Wohnung baut?"

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(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Die Oppositionsfraktionen üben massive Kritik an der Staatsregierung und der Bayernheim. 10 000 bezahlbare Wohnungen sollten bis 2025 geschaffen werden - die Bilanz ist bisher mager.

Von Johann Osel

Die Opposition im Landtag hat am Dienstag geschlossen Kritik auf die Wohnungspolitik der Regierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) abgefeuert - vor allem wegen der bisher mageren Bilanz der staatlichen Gesellschaft "Bayernheim". Bei deren Gründung 2018 hatte Söder 10 000 bezahlbare Wohnungen bis 2025 als Ziel ausgegeben. Konkret gebaut wurde seitdem keine einzige Einheit, es gab lediglich überschaubare Ankäufe für den Bestand; auch Zwischenziele wurden verfehlt.

Sebastian Körber sagte bei der von seiner FDP-Fraktion beantragten Debatte, Söder sei "krachend gescheitert". Als "Service-Opposition" rate er dazu, die Bayernheim "sofort zu liquidieren" und die Mittel etwa an kommunale oder genossenschaftliche Gesellschaften zu geben - "die können bauen". Bezeichnend ist für Körber zudem, dass die staatliche Immobiliengesellschaft Imby aus Tausenden Flurgrundstücken im Besitz des Freistaats keines zum Bauland gebracht habe. Wer in der freien Wirtschaft derart versage, der "müsste den Laden zumachen".

Seit Längerem wird über die dürftigen Fortschritte der Bayernheim gestritten, Bauminister Christian Bernreiter hat das Thema beim Amtsantritt im Februar von Vorgängerin Kerstin Schreyer (beide CSU) geerbt. Kürzlich hatte auch der Oberste Rechnungshof (ORH) im Jahresbericht gerügt: "Bei der Umsetzung hapert es schwer." Bis Jahresende 2021 seien nur 848 Wohnungen gekauft worden, die ohnehin bereits den Bestimmungen der staatlichen Wohnraumförderung unterlagen; 234 waren bezugsfertig.

Das Bauministerium entgegnete, dass es 3460 Bayernheim-Wohnungen seien, wenn man Bestand, Bau, Planung und Entwicklung addiere. Und für ein "neu gegründetes Unternehmen im hochdynamischen Wohnungsmarkt" sei die ORH-Kritik "praxisfern".

Alle Oppositionsfraktionen arbeiteten sich an der Wohnungspolitik ab. Man erwarte gar kein "opulentes Fünf-Gänge-Menü mit Schnick-Schnack", sagte Jürgen Mistol (Grüne), sondern sei mit "Brot und Butter als erstes zufrieden" - nämlich der Erfüllung des bayerischen Verfassungsauftrags für bezahlbaren Wohnraum. Der Bestand an Sozialwohnungen sinke aber kontinuierlich, gerade in Krisenzeiten steige das Armutsrisiko durch Mieten. Nötig sei "ein echter Kurswechsel".

Florian von Brunn (SPD) sagte, die Idee der Bayernheim sei an sich gut, aber nicht ausreichend mit Geld hinterlegt, nicht schlagkräftig aufgestellt: "Was soll so eine Wohnungsbaugesellschaft, die keine einzige Wohnung baut?" Die CSU blockiere außerdem die vollständige Umsetzung eines Gesetzes des Bundes zur Mobilisierung von Bauland, das den Kommunen Optionen böte. Franz Bergmüller (AfD) forderte überdies steuerliche Anreize zum Haus- und Wohnungsbau. Als Teil des Problems machte er auch aus, dass seit 2015 "wahnsinnig viel Wirtschaftsflüchtlinge" in den sozialen Wohnungsmarkt drängten.

Bauminister Bernreiter konterte im Landtag, er sei für "ehrliche, brauchbare Vorschläge immer zu haben", es kämen aber nur "Unterstellungen und Wunschkataloge". Es gebe drei staatliche Gesellschaften, neben der Bayernheim auch die "Stadibau" und das Siedlungswerk Nürnberg, die derzeit zusammen schon fast 20 000 Einheiten hätten.

Mit "großem Einsatz" werde die Bayernheim vorangetrieben, "systematisch" würden freie Flächen im Staatsbesitz auf Tauglichkeit geprüft. Daneben sei die staatliche Wohnraumförderung auf "Rekord-Niveau". Trotz Corona und Engpässen beim Material werde im Freistaat insgesamt so viel gebaut wie lange nicht. "Wir sollten ins Gelingen verliebt sein und nicht Erfolge zerreden."

Beistand erhielt er aus den Regierungsfraktionen. "Keine Firma läuft mit einem Fingerschnipp", sagte Hans Friedl (FW) zur Bayernheim. Er merkte aber an, dass Söders Zielansage 2018 "vielleicht zu ambitioniert war".

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