Die SPD hat die Bundestagswahl nicht nur verloren, sondern das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Von einer „Katastrophe“ war am Wahlabend die Rede. Nur acht Tage später wirkt die Partei plötzlich wie ein Gewinner. Am politischen Aschermittwoch im niederbayerischen Vilshofen präsentierten sich die Sozialdemokraten überraschend selbstbewusst und gut gelaunt. „Wow, war das ein Aufschlag gestern“, jubelte Bayern-SPD-Chefin Ronja Endres in einer schwungvollen Rede. „Die SPD hält ihr erstes Wahlversprechen: Die Schuldenbremse wird reformiert.“
Am Abend zuvor hatten sich SPD und CDU/CSU in Berlin bei ihren Verhandlungen über eine neue Bundesregierung auf einen großen Wurf geeinigt: Die Schuldenbremse im Grundgesetz soll für höhere Militärausgaben geöffnet werden; für Infrastruktur wie Straßen, Bahn und Kitas soll ein 500-Milliarden-Sondervermögen geschaffen werden. Über einen „großartigen, gemeinsamen Erfolg“ freute sich auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Man dürfe die Union nun nicht für ihren Kurswechsel kritisieren. Vor der Wahl hatten CDU und CSU derartige Schulden noch ausgeschlossen, während die SPD schon seit Jahren hohe Kredite für Investitionen fordert.
Ganz ließen sich die Sozialdemokraten den Spott zwar nicht nehmen. „Angela Merkel hat ja 16 Jahre gebraucht, um Sozialdemokratin zu werden“, sagte Endres. „Friedrich Merz nur eine Woche.“ Aber dennoch ging von Vilshofen ein Signal aus: Die SPD ist trotz aller Bedenken gegen einen Unionskanzler Merz bereit zu regieren. Und nicht nur das.
Der bayerische SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer nutzte seine Rede, um auch in Bayern die Hand Richtung CSU auszustrecken. Bayern brauche eine stabile Regierung, das Bündnis zwischen Markus Söder und Hubert Aiwanger habe Risse bekommen. „Die Zusammenarbeit von CSU und Freien Wählern wird zunehmend frostig.“ Ein verstecktes Angebot? Nach der Veranstaltung wurde Grießhammer auf SZ-Nachfrage deutlicher: Die SPD wolle in Bayern mitregieren. Falls Söder seinen Vize loswerden wolle: „Wir wären bereit.“ Rechnerisch hätte ein solches Bündnis jedoch nur eine hauchdünne Mehrheit im Landtag: eine Stimme.
In der amtierenden Koalition hatte es nach der Wahl mal wieder gekracht, die CSU ist verärgert über Aiwangers bundespolitische Ambitionen. Am Aschermittwoch riet Söder seinem Vize, „mehr Vollzeitminister zu sein als Teilzeitrevoluzzer“. Er warnte die Freien Wähler vor dem Versuch, weiterhin mit Populismus und Radikalität auf bundesweite Stimmenjagd zu gehen. „Wir werden genau beobachten, wie es weitergeht“, sagte der CSU-Chef, der die SPD an diesem Tag nur wenig verspottete.