Skurriler Prozess:Katze muss als Zeugin vor Gericht erscheinen

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  • Eine Frau aus Großmehring gibt an, von einer Katze gebissen worden zu sein, und fordert deshalb 2000 Euro Schmerzensgeld.
  • Sie ist sich sicher, dass es sich bei dem Tier um die Katze ihrer Nachbarin handele.
  • Das Landgericht Ingolstadt hat die Katze vorgeladen, in den Zeugenstand musste sie dann aber doch nicht.

Von Christian Gschwendtner, Ingolstadt

Als die Gerichtsverhandlung fast vorbei ist, kann sich ein Mann auf der Zuschauerbank nicht mehr zurückhalten. Er ist enttäuscht. Er ruft: "Die Katze verweigerte die Aussage!" Ganz richtig ist das nicht. Die Katze, um die es geht, wartet vor dem Gerichtssaal 16 - in einem geflochtenen Holzkorb und abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Richtig ist aber: Die Chancen stehen schlecht, dass die Katze an diesem Montag noch in den Zeugenstand gerufen wird. Die Richterin Heike Linz-Höhne sagt: "Mal schauen, ob wir die Katze heute noch brauchen."

Bei besagter Katze handelt es sich - je nach Sichtweise - um ein besonders beißwütiges Exemplar oder um ein zu Unrecht beschuldigtes Tier. Eine Frau aus Großmehring im Landkreis Eichstätt gibt an, von der Katze Anfang Januar in den Oberschenkel gebissen worden zu sein. Bei einem Spaziergang und ohne Vorwarnung.

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Die Frau ist sich sicher, dass es sich um die Katze der Nachbarin handelte. Sie fordert deshalb 2000 Euro Schmerzensgeld. Die 21-jährige Nachbarin sieht die Sache ganz anders. Vor Gericht sagt sie: "Meine Katze hat noch nie ein aggressives Verhalten gezeigt." Allenfalls beim Tierarzt hätte sie mal eine Tatze abgekriegt, das sei alles. Aussage gegen Aussage.

Das Ingolstädter Landgericht hat angesichts der unübersichtlichen Faktenlage einen ungewöhnlichen Schritt getan. Es hat beschlossen, die "streitgegenständliche Katze" vorzuladen. Eine absolute Ausnahmeregelung, wie die Präsidentin des Landgerichts betont, normalerweise herrscht am Gericht ein strenges Tierverbot. Aber normal ist an diesem sehr deutschen Fall sowieso nichts.

"Welche Katze war es?", die entscheidende Frage stellt Richterin Linz-Höhne gleich zu Beginn der Verhandlung. Sie stellt aber auch die Vermutung in den Raum, dass hinter dem bösartigen Angriff ebenso gut eine "Fremdkatze" stecken könnte. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht, weil es in der weiteren Nachbarschaft noch eine Katze gibt, die der angeklagten Katze sehr ähnlich sieht.

Außerdem: Der Vorfall soll sich abends um halb sieben unter einer Laterne abgespielt haben. Also zu einer Zeit, in der die Sichtverhältnisse im Winter eingeschränkt sind. Die Richterin sagt dazu: "Bei Nacht sind alle Katzen grau". Über die beschuldigte Katze ist nur bekannt, dass sie zweieinhalb Jahre alt und schwarz-weiß ist. Genau da fangen die Probleme an.

Ein Katzenbiss kann unangenehme Folgen haben

Im Gerichtssaal legt der Anwalt der angeklagten Nachbarin der Richterin zwei Katzenfotos vor. Auf einem Bild die Nachbarskatze, auf dem anderen Bild eine "Fremdkatze", auch sie ist schwarz-weiß gestreift. Ein Unterschied lässt sich auf den ersten Blick nicht sofort erkennen, zumindest nicht für die Richterin. Nur die Frau aus Großmehring zeigt sofort auf die Katze der Nachbarin.

Sie sagt: "Ich kenne sie!" Dann erzählt die Frau, dass ihr die Katze schon öfters beim Spaziergehen gefolgt sei. Sie habe sie nie gestreichelt oder berührt, weil sie so was grundsätzlich nicht mache. Seit dem Angriff im Februar hat die Frau nun Angst, dass sie wieder gebissen wird. Sie traue sich deshalb nicht mehr auf die eigene Terrasse.

So ein Katzenbiss kann unangenehme Folgen haben. Katzenspeichel enthält zum Teil aggressive Bakterien, die Bisswunde der Frau habe sich nicht zuletzt deshalb in den Folgemonaten schwer entzündet. All das hat die Frau auf Fotos dokumentiert, die Narbe will sie vor Gericht nicht zeigen. Zweifel an den Verletzungen gibt es ohnehin keine. Nur Ratlosigkeit, was den Täter angeht.

Es dauert eine gute Stunde, bis das alle Beteiligten eingesehen haben. Die Richterin hat ihnen bis dahin mehrere Male einen Vergleich nahegelegt, im Sinne einer guten Nachbarschaft. Und dazu kommt es schlussendlich auch. Die Nachbarin verpflichtet sich, 2687 Euro zu zahlen, die Hälfte des Streitwerts. Und erspart ihrer Katze somit ein Auftritt vor Gericht. Das war ihr doch sehr wichtig. Nicht mal den Namen der Katze wollte die junge Frau verraten.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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