Skigebiete in Bayern:Volle Kanone

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Der Mensch möchte dem Klimawandel mit Schneekanonen trotzen: Fast alle Skigebiete im Alpenraum setzen heutzutage auf Kunstschnee. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Die Bilanz der bayerischen Skigebiete fällt bislang durchwachsen aus. Zwar sind in den höheren Lagen fast alle Pisten geöffnet, allerdings nur dank jeder Menge Kunstschnee. Die intensive Beschneiung sorgt für andere Probleme.

Von Sarah Ehrmann

An Weihnachten waren die Wiesen grün, an Silvester brauchte man keinen Schal - winterliche Stimmung wollte bei vielen Bayern in den vergangenen Wochen nicht aufkommen. In den bayerischen Bergen hingegen sind viele Liftbetreiber nach den Weihnachtsferien zufrieden mit der Anzahl der bisherigen Skifahrer und dem Zustand ihrer Pisten - allerdings nur die, die künstlich nachgeholfen haben. Denn ohne Schneekanonen ging nichts in diesem Winter.

"Wir haben die Minusgrade genutzt, um zu beschneien, und zusätzlich mit dem Schnee gehaushaltet, der vor Weihnachten gefallen ist", sagt Antonia Asenstorfer, Sprecherin für die Bahnen in den Skigebieten Brauneck, Sudelfeld und Spitzingsee. "Das kann man sich in der grünen Stadt kaum vorstellen, aber bei uns sieht es sehr gut aus." Alle Lifte seien in Betrieb, die Pisten offen, selbst die Talabfahrt in Brauneck. Seit einigen Jahren sei in den Münchner Hausskigebieten der Besucherstrom an den Weihnachtsfeiertagen eher verhalten, "aber am 28. und gestern zum Beispiel, da lief es richtig gut - wenn Sonne vorausgesagt ist, kommen viele Tagesgäste aus München und dem Umland."

Auch die Betreiber der Allgäuer Skigebiete Nebelhorn und Fellhorn/Kanzelwand ziehen eine positive Zwischenbilanz. Eigentlich ganz zufrieden seien sie, sagt Peter Schöttl, Vorstand der Nebelhornbahn-AG. Nachdem es Anfang Dezember viel geschneit hatte, wurde das ganze Gelände eine Woche lang künstlich beschneit, dann konnte die Skisaison beginnen. "Am Nebelhorn ist felsiges Gelände, da ist es mit 30 Zentimetern Schnee nicht getan", sagt Schöttl.

Als es warm und regnerisch wurde, erwies sich der Kunstschnee als robuster als der echte. "Er ist weich, aber schmilzt nicht weg." Mit 17 600 Gästen seien die Besucherzahlen besser als im Vorjahr aber schlechter als vor zwei Jahren, da waren es im selben Zeitraum 18 300. Alle Lifte sind offen und die 7,5 Kilometer lange Talabfahrt ist komplett befahrbar. Um kommende Woche die vorletzte noch geschlossene Piste "Lifttrasse" zu öffnen, warten die Betreiber jetzt auf echten Schnee.

Peter Huber, Vorstand der Zugspitzbahn und Präsident des Verbands der Deutschen Seilbahnen und Lifte, schaut mit gemischten Gefühlen auf die vergangenen Wochen: "Am Anfang waren wir richtig euphorisch, wir konnten früher mit dem Skibetrieb beginnen und viel Schnee machen." Jetzt, bei den warmen Temperaturen, sei die Stimmung etwas gedämpft, "aber abgerechnet wird am Schluss". Immerhin: Im Vergleich zum mauen Vorjahr, als es ewig nicht schneite und über Weihnachten stürmte, fallen die Besucherzahlen heuer 20 bis 30 Prozent höher aus.

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Ein Skitag wäre schön, aber um sechs Uhr morgens wollen Sie deswegen nicht ins Auto steigen? Diese Skigebiete lohnen sich, von München aus gesehen, auch noch für einen Halbtagsausflug.

Um das zu erreichen, musste aber ordentlich beschneit werden, erzählt Huber, denn die Ansprüche der Skifahrer steigen, und ohne Beschneiung werde es unter 1000 Metern kritisch. An den Wintern an sich liege es nicht, sagt der Verbandspräsident: "Ich fahre seit 40 Jahren hier Ski und es gab viele Jahre, da konnte man die Talabfahrt auf dem Hausberg kein einziges Mal fahren." Damals waren die Pisten häufig buckelig, wenig präpariert, das Gras schaute durch und Tafeln warnten vor Eisplatten.

"Das gibt es heute ja alles gar nicht mehr - jetzt muss die Piste jeden Morgen glatt sein wie ein Babypopo." Einzig die Hornabfahrt in Garmisch ist momentan geschlossen. Dort liegt zwar Schnee, aber nicht genügend für die Pistenraupen. Für Beschneiung ist es mit drei Grad plus noch zu warm. "Da können Sie mal fahren wie vor 30 Jahren, einige machen das."

Auch auf dem Jenner über dem Königssee sähe es ohne die 3,8 Millionen-Euro-Investition in Schneekanonen und Pistenausbau vermutlich anders aus. "Wir haben eine schlagkräftige Anlage, die beschneit das ganze Gebiet in 50 Stunden", sagt Betriebsleiter Winfried Deuber. Der Dezember sei sehr zufriedenstellend gewesen, sagt er. Für die hoch liegenden Skigebiete, die noch vor Weihnachten mit Kunstschnee ihre Pisten planierten, ist der Wärmeeinbruch von Mitte Dezember gut auszugleichen.

An Skifahren in niedrigeren Lagen ist hingegen vielerorts nicht zu denken. "Bei uns ist grüne Wiese", sagt Skilehrerin Claudia Mannheim, deren Familie seit 40 Jahren den Skilift am Beuerberg betreibt. Zwar besitzt die Familie seit einigen Jahren eine Schneekanone, "aber um alles zu beschneien, muss es vier Nächte in Folge unter fünf Grad minus kalt sein - und das war es nie". Sie hätten daher gar nicht mit der Kunstschneeproduktion begonnen. "Es muss die Chance bestehen, dass man die Energie, die man reinsteckt, auch wieder rauskriegt", sagt Mannheim. Sie weicht mit ihren Skischülern nach Lenggries aus. "Es ist nicht so, dass hier jemand für eine Woche herkommt und dann enttäuscht ist, dass er nicht skifahren kann", erzählt sie. Die meisten Kinder kämen jeden Tag aus München und dem Umland.

Auch die Liftbetreiber am Ochsenkopf im Fichtelgebirge hatten sich den Saisonauftakt anders vorgestellt: "Das Wetter ist heuer übelst gewesen", klagt der stellvertretende Betriebsleiter Horst Kaiser. Bis Anfang November seien sie mit dem Sommerbetrieb beschäftigt gewesen, dann folgten Wartungen, und als es dann kalt wurde und zu schneien anfing, schafften sie es nicht mehr, alle Pisten zu beschneien. Am Ende war der Speicherteich leer.

"Die Nordpiste hält bis heute noch, aber da muss man nachts schon zaubern mit dem Pistenbully, auf den Südpisten geht schon länger nichts mehr", sagt Kaiser. An Heiligabend hatten sie die Pisten sperren müssen, weil Schmelzwasser die Hänge hinablief und den Schnee in eine matschige Creme verwandelte. "Aber für das, was war, müssen wir trotzdem zufrieden sein", sagt Kaiser.

Die Betreiber am Arber im bayerischen Wald profitieren davon, wenn in niedrigeren Lagen wenig Schnee liegt. "1400 Meter Höhe bei uns entsprechen 1800 Metern in den Alpen", sagt Lift-Betriebsleiter Thomas Liebl. Je weniger Schnee in anderen Skigebieten liege, desto größer werde das Einzugsgebiet für den Arber: "Der Radius geht von Regensburg und Passau bis Zwiesel, Bodenmais und Regionen, in denen kein Skibetrieb mehr angeboten wird", sagt Liebl.

Bislang seien es zehn Prozent mehr Besucher als im Vorjahr. Auch hier liefen Anfang Dezember die Schneekanonen auf Hochtouren: "Selbstverständlich beschneien wir", sagt Liebl. "Aber wir hatten auch viel echten Schnee - und in der Kombination beider Schneesorten wir der Schnee erst so richtig gut."

© SZ vom 05.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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