Süddeutsche Zeitung

Wintersport in der Pandemie:"Lockdown durch die Hintertür"

Weil auch geimpfte Skifahrer nur mit Test in die Lifte dürfen, rechnen die Seilbahnbetreiber mit einem harten Winter.

Von Matthias Köpf, Garmisch-Partenkirchen

Schneeschuhwanderer, Tourengeher, Schlittenfahrer - im vergangenen Winter hätten sich alle möglichen Wintersportler auf den Pisten der Seilbahnbetreiber getummelt, sagt Peter Lorenz. Nur die Seilbahnen selbst hätten still stehen müssen im Corona-Lockdown. In diesem Winter sollte das nicht mehr passieren, doch seit Dienstag ist klar: In Bayerns Seilbahnen und Liften gilt nicht mehr nur 2G, worauf sich die Betreiber schon vorbereitet hatten. Stattdessen müssen all die geimpften und genesenen Skifahrer auch noch einen negativen Corona-Test vorlegen, wenn sie in eine Gondel steigen oder sich vom Lift nach oben bringen lassen wollen. Außerdem dürfen die Bahnen höchstens ein Viertel der Menschenmassen befördern, die sie transportieren könnten. Verbandsfunktionäre wie Peter Lorenz von den Bergbahnen an Spitzingsee, Wallberg und Brauneck oder wie Matthias Stauch von der Bayerischen Zugspitzbahn halten das für einen "Lockdown durch die Hintertür".

Wobei der Lockdown für einige Gebiete schon den Haupteingang blockiert. Im Alpenraum lagen am Donnerstag die Landkreise Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim und Ostallgäu bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 1000, im Bayerischen Wald waren es unter anderem die Kreise Regen und Freyung-Grafenau, die ebenfalls über Skigebiete verfügen. In solchen Hotspot-Regionen ist der Betrieb von Seilbahnen ganz untersagt. Genug Schnee gibt es dort im Moment zwar ohnehin nicht, aber kommende Woche soll es kälter werden, so dass laut Lorenz vielerorts die Schneekanonen laufen könnten. Lorenz' Rolle beim jährlichen Saisonausblick des Verbands deutscher Seilbahnen ist es gewöhnlich, all die Millionen-Investitionen aufzuzählen, die da und dort wieder getätigt wurden, um dann absehbare Starttermine für die Lifte zu nennen.

Doch damit kann Lorenz am Donnerstag nicht dienen, denn derzeit lasse sich nicht sagen, welche Bahn in diesem Winter und unter diesen Bedingungen überhaupt in Betrieb gehen wird. Seit einer Woche laufen immerhin auf Deutschlands höchstem Berg die Lifte; Zugspitzbahn-Chef Stauch leitet auch den Seilbahn-Verband. Seine Mitarbeiter mussten schon am Mittwoch viele Gäste heimschicken, die zwar geimpft oder genesen waren, aber keinen Test nachweisen konnten. Dabei hätte 2G als Voraussetzung fürs Skivergnügen nach Stauchs Ansicht sogar viele Zauderer und Skeptiker motivieren können, sich doch noch impfen zu lassen. Das hätten ihm "viele Gäste bestätigt". Jetzt zusätzlich einen Test zu verlangen, werde wieder viele abschrecken.

Auch sonst lässt Stauch wenig Verständnis für die neuen Regeln erkennen. Die könnten seiner Erwartung nach gerade kleinere Seilbahnen, die den Lockdown im vergangenen Winter dank staatlicher Hilfen gerade noch überstanden hätten, endgültig die Existenz kosten. Womöglich solle 2G Plus sogar den Effekt eines Lockdowns haben, ohne dass der Staat dafür wieder Geld auszahlen müsse, mutmaßt Stauch und verlangt unisono mit der Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, Angela Inselkammer, einen "ehrlichen Dialog". Die Politik habe "aus gehabtem Schaden nichts gelernt", kritisiert auch Verbandsvize Lorenz. Er werde aber das Risiko eingehen und beschneien lassen. Den Tourengehern und Schlittenfahrern wird das diesmal nicht viel helfen, denn der Kunstschnee bleibe erst einmal auf großen Haufen liegen. Pisten würden noch nicht präpariert.

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