Ski-WM als Test für Olympia 2018:Abfahrt frei!

Zwei Wochen lang probte Garmisch-Partenkirchen für die Winterspiele 2018. Die Ski-WM hat trotz mancher Schwächen gezeigt: Olympia kann kommen.

Philipp Crone, Heiner Effern und Katja Riedel

Es war ein Test für Olympia, aber nur ein kleiner Test. Sollte München den Zuschlag für die Winterspiele 2018 erhalten, wird es in Garmisch-Partenkirchen jedenfalls nicht so beschaulich zugehen wie während der Alpinen Ski-WM in den vergangenen zwei Wochen. Dann wird es nicht bloß einen Wettkampf pro Tag geben, sondern drei oder vier, dann werden hier nicht nur Slalom, Abfahrt oder Riesenslalom ausgetragen, sondern auch die Nordische Kombination, das Skispringen, Snowboard oder Freestyle. Dennoch dienten die zwei WM-Wochen dazu, die entscheidende Frage zu beantworten: Ist Garmisch-Partenkirchen olympiatauglich?

Women's Downhill - Alpine FIS Ski World Championships

In gut einer Woche kommt die Evaluierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees nach Deutschland, um zu überprüfen, ob die Münchner Olympiabewerbung ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird. Die Bilder von der Ski-WM in Garmisch dürften ihnen Vorfreude bereiten.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Rennstrecken

Kandahar und Gudiberg hielten, was sie nach ihrem umfassenden Umbau in den vergangenen Jahren versprachen. Die Abfahrten, die Beschneiung und auch die neuen Bahnen genügen wieder höchsten Ansprüchen. Die beiden Klassiker des Skirennsports bilden aus gutem Grund zusammen mit der Schanze das Herzstück der Bewerbung für die Schneewettbewerbe in Garmisch-Partenkirchen.

Die Finanzen

Mit der WM haben die Garmischer bewiesen, dass sie ein Wintersport-Großereignis mit Gewinn abschließen können. 31 Millionen Euro umfasste das Budget, 90 Prozent davon kamen vom Ski-Weltverband FIS. Gut zwei Millionen Euro mussten die Garmischer selbst erwirtschaften, hauptsächlich durch den Kartenverkauf. 130000 Zuschauer sorgten dafür, dass zehn Prozent mehr hängen bleiben als kalkuliert. Das ist beachtlich, weil die Kapazität der Zuschauerplätze nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg verringert werden musste. Das bedeutete einen Ausfall von 1,2 Millionen Euro.

Die Hotels

Es wäre übertrieben zu sagen, Garmisch-Partenkirchen wäre aus allen Nähten geplatzt in diesen WM-Tagen. An den Wochenenden waren die Hotels im Ort ausgebucht, das Umland konnte kaum profitieren. Unter der Woche, vor allem in den ersten WM-Tagen, klagten auch in Garmisch-Partenkirchen vor allem Vermieter privater Ferienwohnungen, dass sie keine Gäste haben - anders als an normalen Februartagen. Tourismusdirektor Peter Ries macht sich dennoch keine Sorgen. Man habe mit diesem Effekt gerechnet, mancher Stammgast habe sich leider doch abschrecken lassen.

Ein meisterhafter Rosenkavalier

Die Zeremonien

Am besten hat es das österreichische Fernsehen seinen Zuschauern erklärt: Die Garmischer trieben so einen Aufwand an der Medal Plaza, dem Platz für die abendliche Medallienvergabe im Zentrum des Orts, weil sie zeigen wollten, dass sie olympiataugliche Ereignisse inszenieren können. Im Kurpark soll auch olympisches Gold verliehen werden. Mit Feuerwerk und dramatischer Musik wurden Medaillen und Pokale überreicht. Für Olympia müsste Garmisch allerdings anbauen. Mehr als 50.000 Fans kamen - so viele, dass die Polizei das Gelände zeitweise sperren musste. Meisterhaft inszeniert wurde auch bei der Eröffnungsfeier im Olympia-Skistadion - mit Markus Wasmeier als Rosenkavalier, einem Symphonieorchester und Videoprojektionen am Aufsprunghügel.

Die Sicherheit

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hatte die Parole ausgegeben: Auch die Polizei sollte unter Beweis stellen, dass sie olympiareif ist. Es gab entsprechend viel Grün und Weiß im Straßenbild. Bis zu 200 Polizisten waren zeitgleich im Einsatz, aber sie hatten nicht viel mehr zu tun, als den Verkehr zu regeln und Strafzettel an Falschparker auszustellen. Auch die sonst meinungsstarken Garmischer hätten Straßensperren und Umleitungen "absolut gelassen" hingenommen, berichten Ordnungshüter.

Der Verkehr

Pessimisten prophezeiten den Verkehrskollaps, in Wahrheit herrschte auf Garmisch-Partenkirchens Straßen während der WM weniger Betrieb als an einem normalen schönen Winterwochenende. Das Konzept der Veranstalter ging auf: Jeder Kartenbesitzer konnte aus Bayern und Tirol gratis mit der Bahn anreisen. Mehr als 35 000 Fahrgäste nutzten das Angebot. Während der WM fuhren 88 Sonderzüge von München, Innsbruck und Reutte nach Garmisch-Partenkirchen. Auch der Transport der Athleten und der fast 2200 akkreditierten Journalisten funktionierte weitgehend gut. Allerdings ist die Sportstättenstraße, die die beiden Skihänge Gudiberg und Kandahar verbindet, schon durch die WM an ihre Grenzen gelangt. Bei Winterspielen würden etwa fünf Mal mehr Entscheidungen in Garmisch fallen als bei einer Ski-WM.

Stimmung bei den Zipfi Zapfi Buam

Die Stimmung in der Stadt

Der Marienplatz in Garmisch-Partenkirchen war am vergangenen Samstagabend ungefähr so voll mit Menschen wie der Marienplatz in München am Samstagmittag. Auf dem Platz vor Miris Hütte, in der wie immer die Zipfi Zapfi Buam spielten, konnte man nicht erkennen, ob jemand in der Schlange für das Club Pub Peaches stand oder in der für eine Bratwurstsemmel. Und drinnen, ob in den Lokalen am Marienplatz oder im P1 am Kurpark, war die Luft so heiß, dass nach Mitternacht die Gesichter der Feiernden denen der Skifahrer im Ziel an Erschöpfung und Glanz durchaus ähnelten. In der ersten Woche hielt sich die Feststimmung noch in Grenzen, aber nach dem Abfahrtswochenende stieg die Zahl an Kneipen-, Konzert- und Party-Ausflüglern kontinuierlich an.

Der Kitzbühel-Faktor

Die einzigen, die sich für diese Ski-WM nicht besonders zu interessieren schienen, waren die so genannten VIPs. Wer war da, abgesehen von denen, die in Garmisch ohnehin eine Aufgabe zu erfüllen hatten, wie zum Beispiel Kanzlerin Angela Merkel, Bundesinnenminister Thomas de Maizière oder DOSB-Präsident Thomas Bach, und die siegestrunken durch den Abend taumelnden Medaillengewinner? Wenn Lothar Matthäus tagelang im Voraus als Gast angekündigt wird, liegt beim Kitzbühel-Faktor etwas im Argen. Ein Prominentenschaulaufen wie beim Weltcup auf der Streif gab es in Garmisch nicht. Dabei waren alle Voraussetzungen geschaffen. Es gab VIP-Zelte an der Strecke und an der Medal Plaza, in denen jeden Abend die Tagessieger vorbeischauten. Aber selbst ein mittelgroßes Gesellschaftsevent in München ist besser besucht als die Wochenenden in Garmisch. Vielleicht lag es daran, dass es keinen Shuttle-Dienst aus München gab.

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