Franz Josef Strauß:Der unheimliche Außenminister

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Franz Josef Strauß: Bei seinem China-Besuch wurde Strauß überraschend von Mao empfangen - der deutsche Kanzler ärgerte sich.

Bei seinem China-Besuch wurde Strauß überraschend von Mao empfangen - der deutsche Kanzler ärgerte sich.

(Foto: Foto: AP)

Schillernd wie keiner: Franz Josef Strauß verteidigte die Apartheid, traf Mao und vermittelte den Milliardenkredit.

Von Peter Pragal

Angenommen, Günther Beckstein würde eine Einladung des syrischen Präsidenten zu einem Besuch in Damaskus erhalten. Und der bayerische Ministerpräsident flöge los, ohne sich mit der Kanzlerin oder mit dem Auswärtigen Amt abzustimmen. Ein solches Verhalten wäre undenkbar. Weder entspräche es Becksteins politischem Stilempfinden noch seinen Ambitionen. Franz Josef Strauß hatte da weniger Skrupel.

Als er im Februar 1984 mit Staatschef Assad und seinen wichtigsten Ministern in der syrischen Hauptstadt konferierte, blieb die Bundesregierung bei der Vorbereitung außen vor. "Ich lehne es ab, einen Reiseantrag zu stellen", wies Strauß Kritiker zurecht. "Ich muss weder Opposition noch Regierung fragen." Und spöttisch fügte er hinzu: "Der Papst war auch nicht informiert."

Franz Josef Strauß, der sich viel darauf zugute hielt, "in strategischen Großlinien" zu denken, hatte eine Passion für die Außenpolitik. Er liebte es, sich mit den Mächtigen in den Hauptstädten der Welt auszutauschen. Sicher, auch andere deutsche Ministerpräsidenten vor und nach ihm machten Auslandsreisen. Aber keiner knüpfte ein so enges Netz an persönlichen Kontakten zu Staatsmännern und Potentaten in aller Welt wie der langjährige CSU-Vorsitzende und Hausherr in der bayerischen Staatskanzlei.

Verständnis für Pinochet

Berührungsängste habe Strauß nicht gehabt, hat sein Musterschüler Edmund Stoiber vor einigen Wochen in einer Würdigungsrede gesagt. Auch nicht gegenüber führenden Kommunisten, die er sonst politisch bekämpfte. Dass der chinesische KP-Chef Mao Tse-tung ihn, einen Oppositionspolitiker "ohne Amt und Würden", 1975 in Peking zu einer langen Unterredung empfing, hat Strauß als persönliche Wertschätzung empfunden.

"Ich bin der Meinung, dass man sich an allen Wetterecken und Brennpunkten umsehen und sachkundig machen muss", hat der umtriebige Welt-Politiker aus Bayern erklärt. Beim Umgang mit Machthabern pflegte er einen Pragmatismus, der nicht immer den Regeln der politischen Korrektheit entsprach. Wenn Strauß etwa bei seinen Besuchen in Togo die "starke und weise Führung" seines Freundes Gnassingbe Eyadema pries und ihn einen "der größten fortschrittlichsten Männer Afrikas und der ganzen freien Welt" nannte, dann sah er großzügig darüber hinweg, dass der Staatschef ein Diktator war, der keine Opposition duldete.

Stolz ließ sich der Besucher vom Präsidenten den höchsten Orden des Landes anheften. Und Mitreisende hörten schon mal den scherzhaften Strauß-Satz: "Wir Schwarzen müssen zusammenhalten."

Bei manchen seiner Reisen gewann Strauß Erkenntnisse, die zu Hause für Aufregung sorgten und selbst Parteifreunde irritierten. So fand er für das chilenische Militärregime unter General Pinochet erstaunlich viel Verständnis. Natürlich sei es beim Putsch 1973 "nicht freundlich zugegangen". Aber wenn die Lage so dargestellt werde, "als ob in Chile wahllos gemordet und gefoltert würde und Menschenrechte unterdrückt würden, so ist dies unwahr."

Selbst Mitglieder der Jungen Union waren empört. In einem offenen Brief stellten sie die Frage: "Ist jetzt der Staatsterror in Chile in Unionskreisen salonfähig geworden?"

Eine milde Sicht hatte Strauß auch auf das Apartheid-Regime in Südafrika, dem der selbst ernannte Afrika-Experte seine Aufwartung machte. Es sei falsch, so belehrte er Kritiker der Rassenpolitik, "von der Unterdrückung der Nicht-Weißen durch eine weiße Herrenrasse zu sprechen". Südafrika sei kein Polizeistaat, das Land werde nur "unter scharfer Kontrolle gehalten".

Lesen Sie, wie Strauß durch sein Verhalten die Gründung der Partei "Die Republikaner" provozierte.

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