Sepp Daxenberger tritt ab:"Brauche die Kraft für meine Familie"

Schwerer Verlust für Bayerns Grüne: Sepp Daxenberger gibt sein Amt als Fraktionschef auf - der Krebs lässt es nicht mehr zu.

K. Auer

Sepp Daxenberger hat sich nicht vorstellen können, dass einmal irgendetwas wichtiger sein könnte als die Politik. Jetzt gibt es etwas: seine Gesundheit, seine Familie. Gestern hat der Biobauer seinen Rücktritt als Fraktionschef der Grünen im Landtag erklärt. Der Krebs lässt es nicht mehr zu. "Die Therapie war sehr schmerzhaft und sehr anstrengend, aber nicht erfolgreich, zumindest nicht von Dauer", sagt er.

Sepp Daxenberger gibt politischen Rücktritt bekannt

Mit ihm verlieren Bayerns Grüne einen Vollblutpolitiker: Sepp Daxenberger bei der Erklärung seines Rücktritts.

(Foto: dpa)

Daxenberger erkrankte 2003 an einer seltenen Mischung aus Blut- und Knochenkrebs, einem sogenannten Plasmazytom. Immer wieder musste er seitdem behandelt werden, zuletzt im Frühjahr. Als er im April zurückkehrte in den Landtag, schwer gezeichnet von der schmerzhaften Behandlung, da war er hoffnungsfroh, "jetzt wieder ein paar Jahre beschwerdefrei über die Runden zu kommen". Nun sind die Krebswerte doch wieder gestiegen, deswegen entschloss er sich, das Amt aufzugeben.

Am Nachmittag teilt er der Fraktion seinen Entschluss mit, die reagiert geschockt. "Manche hatten Tränen in den Augen", sagt Margarete Bause, die Fraktionsvorsitzende. Daxenberger ist ein Vollblutpolitiker, stets hatte er die Politik als seine Therapie bezeichnet. Aufhören kam nicht in Frage. "Ich hätte nicht gedacht, dass es einmal eine Situation gibt, wo Politik nicht das Wichtigste ist", sagt er am Dienstag, und er sieht mitgenommen aus.

Die Familie Daxenberger ist vom Schicksal doppelt schwer getroffen, denn auch Daxenbergers Ehefrau Gertraud ist an Krebs erkrankt, auch sie hatte einen Rückfall. "Ich brauche die Restenergie für die Familie", sagt Daxenberger. Er wird sich wieder in Behandlung geben, das kostet Kraft, und er will sich um seine Frau und die Söhne kümmern.

Tief verwurzelt und traditionsbewusst

Margarete Bause sagt, es sei "ein trauriger Tag für die Fraktion". Ein Aushängeschild sei Daxenberger für die Grünen. Tatsächlich ist der 48-jährige gelernte Schmied ein Erfolgsgarant für die Partei. Von 1990 bis 1996 saß er schon einmal im Landtag, dann wurde er in Waging am See zum ersten hauptamtlichen Grünen-Bürgermeister im Freistaat gewählt. Außerdem war er von 2002 bis 2008 auch Landesvorsitzender. In Oberbayern ist er, tief verwurzelt und traditionsbewusst, für viele eine Wahlalternative zur CSU. Als er 2008 wieder für den Landtag kandidierte, holten die Grünen ihr bislang bestes Ergebnis von 9,4 Prozent. In Oberbayern waren es mehr als 13 Prozent, und Daxenberger selbst gaben 136351 Menschen ihre Stimme - obwohl er nicht auf Platz eins der Liste stand. Zum Vergleich: Der an der Basis beliebte Thomas Goppel holte auf Platz zwei der CSU-Liste nur 91864 Stimmen.

Sein Landtagsmandat will Daxenberger zunächst behalten, und wenn es ihm wieder besser geht, will er auch wieder Aufgaben in der Fraktion übernehmen. Einen neuen Fraktionschef wollen die Grünen in einer Woche wählen, gestern wurde noch nicht über Kandidaten gesprochen. Vermutlich wird es ein Mann sein, die Grünen werden traditionell von einer gemischten Doppelspitze geführt.

Ein schlechtes Gewissen habe er gehabt, sagt Daxenberger, gegenüber seiner Partei und den Kollegen. Weil er ja voller Energie und Elan angetreten war als Fraktionschef. Und weil er dann doch immer wieder ausfiel. Vorgeworfen hat ihm das nie jemand, im Gegenteil. Das Bedauern über seinen Rücktritt zieht sich durch alle Parteien, Daxenberger ist außerordentlich beliebt. Er gibt nur ein kurzes Statement, dann geht die Fraktionssitzung weiter. "Pfiat Eich", sagt Sepp Daxenberger, "bis morgen. Morgen bin ich da - wahrscheinlich."

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