Seehofers Kabinett:Wer was zu sagen hat

Warum ist Markus Söder künftig neben Finanzen auch für "Heimat" zuständig? Was qualifiziert Melanie Huml für das Amt der Gesundheitsministerin? Wer ist der Mann, der das Justiz-Ressort von Beate Merk übernimmt? Wissenswertes über die bayerischen Minister.

Ein Überblick.

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Ilse Aigner

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Warum ist Markus Söder künftig neben Finanzen auch für "Heimat" zuständig? Was qualifiziert Melanie Huml für das Amt der Gesundheitsministerin? Wer ist der Mann, der das Justiz-Ressort von Beate Merk übernimmt? Wissenswertes über die bayerischen Minister.

Sie wurde schon als nächste Ministerpräsidentin gehandelt, erst einmal übernimmt sie aber nur das bayerische Wirtschaftsministerium - und wird Seehofers Stellvertreterin: Ilse Aigner wechselte auf Wunsch des CSU-Chefs von Berlin nach München. In ihrem Stimmkreis Miesbach holte sie vor drei Wochen knapp 57 Prozent der Erststimmen. Damit hat sie als Direktkandidatin fast 15 Prozentpunkte für die CSU gutgemacht. Dabei lebt sie nicht das klassische Familienbild ihrer Partei - die 48-jährige Elektrotechnikerin ist ledig. Zunächst sah es so aus, als würde Aigner, seit 1985 bei der CSU, den einflussreichen Fraktionsvorsitz bekommen - doch dann entschied sich Seehofer für Thomas Kreuzer und dafür, den Dualismus Söder/Aigner weiter auf Augenhöhe am Köcheln zu halten. Nun übernimmt Aigner, die sich gerne im Dirndl oder in den Bergen ablichten lässt, ein Superministerium - Wirtschaftsministerium plus Energiepolitik.

Neuer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium wird Franz Pschierer. Der 57 Jahre alte Mindelheimer war für die Handwerkskammer Schwaben und Augsburg gearbeitet, seit 1994 ist er Landtagsabgeordneter. In der vergangenen Legislaturperiode war er Staatssekretär im Finanzministerium, nun kehrt er in sein eigentliches Fachgebiet zurück.

CSU Vorstandssitzung

Quelle: dpa

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Auch Markus Söder fühlte sich lange als Kronprinz, dann kam die Weihnachtsfeier - und Seehofer erklärte den anwesenden Journalisten: Sein Finanzminister sei "vom Ehrgeiz zerfressen", habe gar "charakterliche Schwächen", leiste sich "zu viele Schmutzeleien". Nun ist auch Söder Superminister. Sein Finanzministerium wird aufgewertet, der 46-Jährige ist nun auch für die Digitalisierung in Bayern zuständig. Bisher lagen die Kompetenzen dafür ausgerechnet im Wirtschaftsressort - ein kleiner Triumph gegenüber Aigner. Söder studierte Jura, volontierte beim Bayerischen Rundfunk und begann seine politische Karriere als Landesvorsitzender der Jungen Union. Es folgten das Amt des Generalsekretärs, das Ministerium für Europaangelegenheiten und das für Umwelt und Gesundheit - bis der gebürtige Nürnberger Söder im November 2011 Finanzminister wurde. Zum Digitalen erhält der Franke eine weitere Aufgabe: Er soll künftig das Heimatministerium führen, das Seehofer neu schaffen will.

Für die neuen Aufgaben bekommt er auch personelle Unterstützung. Albert Füracker, 45, Landwirt aus dem oberpfälzischen Degerndorf, Vater von vier Kindern, seit 2008 im Landtag und bisher Chef des Agrarausschusses, wird Staatssekretär für Heimat - und damit auch in Nürnberg seinen Dienstsitz haben. Sein Traumjob wäre zwar der des Agrarministers gewesen, doch Füracker arbeitet sich schnell in neue Sachverhalte ein, er kann reden und ist auch in der Opposition angesehen. Manchem ist er aber etwas zu forsch. Und in seiner CSU haben sie genau registriert, dass er, wann immer möglich, die Nähe zu Horst Seehofer sucht. Neben Füracker wird auch Johannes Hintersberger neuer Finanzstaatssekretär. Der Augsburger CSU-Bezirksvorsitzende ist 59 Jahre alt. Er verdankt seine Berufung unter anderem dem Regionalproporz.

Winfried Bausback.

Quelle: winfried-bausback.de

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Er ist die Überraschung im neuen Kabinett: Winfried Bausback löst Beate Merk ab und übernimmt das Amt des Justizministers. Wenn es nur um Ergebnisse ginge, die einer bei Wahlen in der Heimat für die CSU eingefahren hat, hätte Bausback allerdings kaum Minister werden dürfen. Bei der Oberbürgermeisterwahl in Aschaffenburg holte er 2012 mickrige 18 Prozent. Zum Volkstribun taugt der 47-Jährige ohnehin nicht - auf Facebook hat er gerade mal 96 Fans; seine Qualitäten liegen eher in der Sachpolitik. Unter Juristen wird der Vater dreier Kinder geschätzt. Bausback studierte Rechtswissenschaft in Würzburg und habilitierte 2002. Er hatte verschiedene Lehraufträge und ist seit April 2008 Professor an der Universität Wuppertal. Allerdings ruht seine Professur fast ebenso lange. Im Herbst 2008 wurde Bausback zum ersten Mal in den Landtag gewählt.

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Quelle: Robert Haas

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Ludwig Spaenle stand in der Verwandtenaffäre massiv in der Kritik, auch als Kultusminister agierte er eher ungeschickt - und machte sich bei vielen Eltern unbeliebt. Seehofer gab dem Münchner CSU-Chef trotzdem bereits vor der Landtagswahl eine Jobgarantie mit neuerlicher Berufung ins Kabinett. Hätte Spaenle sein Direktmandat verloren, er hätte wohl trotzdem gehen müssen. Doch nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen gegen die sozialdemokratische Bildungsexpertin Isabell Zacharias verteidigte Spaenle München-Schwabing mit 1694 Stimmen Vorsprung - und verhinderte damit ein zweites Direktmandat für die SPD in München. Nun erhält auch er ein Superministerium. Und zum Ressort Schule das Ressort Hochschule dazu.

Das Doppelressort erhält zudem zwei Staatssekretäre: Bernd Sibler behält seine bisherige Position, der 1971 geborene Niederbayer war zwar auch in die Verwandtenaffäre verwickelt, das scheint ihm aber nicht geschadet zu haben. Den zweiten Posten übernimmt der Münchner Georg Eisenreich. Der 42-jährige Bildungspolitiker ist Neuling im Kabinett, eloquent und zählt zu den unbestrittenen Nachwuchstalenten der CSU.

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Quelle: Alessandra Schellnegger

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Er galt als gesetzt: Innenminister Joachim Herrmann hat nicht ernsthaft um seinen Posten fürchten müssen, auch wenn ihm Markus Söder bei der Landtagswahl den Rang als Stimmenkönig in Mittelfranken abgelaufen hat. Seit 1994 sitzt Herrmann für die CSU im Bayerischen Landtag, er war stellvertretender Generalsekretär, hatte das einflussreiche Amt des Fraktionsvorsitzenden inne und ist seit 2007 bayerischer Innenminister. In der CSU wird der Anwalt für seine Ruhe, Gelassenheit und Souveränität gelobt, allerdings geriet der 57-Jährige wegen diverser Themen auch in die Kritik. So erhielt Herrmann im Mai 2013 zum wiederholten Mal den fragwürdigen Titel des "Abschiebeministers". Als oberster Chef der bayerischen Polizei musste sich Herrmann auch mit den wiederholten Prügelvorwürfen befassen, etwa im Fall von Teresa Z.. Bis zuletzt war Herrmann als potenzieller Vize-Ministerpräsident gehandelt worden, zog jedoch den Kürzeren gegen Aigner.

Der Minister behält seinen bisherigen Staatssekretär: Gerhard Eck. Der 53-jährige Unterfranke war bisher hauptsächlich für den von Kostensteigerungen und Verzögerungen geplagten Behördendigitalfunk zuständig.

Spatenstich Landesgartenschau Bayreuth 2016

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Marcel Huber hat schon vor der Landtagswahl betont, dass ihm sein Job Spaß mache und er gerne Umweltminister bleiben würde. Der 55-jährige Tierarzt hat zum Thema "Untersuchungen über Klauenparameter an Jungbullen in den bayerischen Eigenleistungsprüfanstalten" dissertiert. Bislang hat Huber seine Arbeit skandalfrei erledigt, bei den Wählern ist der Oberbayer beliebt, er hat in Mühldorf am Inn mit mehr als 63 Prozent das beste Stimmkreis-Ergebnis geholt. Dabei ist er politisch gesehen ein Spätzünder: erst 2001 trat er in die CSU ein, schon 2007 wurde er Teil der Staatsregierung. Sein Amt soll er nun weitere fünf Jahre ausüben - allerdings mit Einschränkung.

Bayerische Karpfensaison eröffnet

Quelle: dpa

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Für sie ist es ein Karrieresprung und wohl auch eine kleine Überraschung: Melanie Huml wird in Seehofers neuem Kabinett Gesundheitsministerin. Die 38-jährige Fränkin zog 2003 erstmal in den Landtag ein, sitzt seit 2005 im Parteivorstand der CSU, wurde im Jahr 2007 Staatssekretärin im Sozialministerium und wechselte 2008 ins Umwelt- und Gesundheitsministerium unter Minister Marcel Huber. Nun darf - oder muss - sich ihr bisherhiger Chef ganz der Umwelt in Bayern widmen. Zwischendrin, im Jahr 2004, erhielt Huml ihre Approbation als Ärztin - ihre Zusatzqualifikation für das neue Amt, auch wenn sie vor lauter Politik noch gar nicht zum Arbeiten kam. 2012 wurde sie als erste Frau im Kabinett während ihrer Amtszeit Mutter. Bislang hieß es aus CSU-Kreisen, Huml sei noch nicht reif für eine derartige Beförderung.

Auf dem Bild: Anfang September eröffnete die damalige Umweltstaatssekretärin Melanie Huml mit FDP-Fraktionschef Thomas Hacker die Karpfensaison.

PK zur Eröffnung von Fachambulanz für Gewaltstraftäter

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Zehn Jahre lang war Beate Merk Justizministerin, nun muss sie das Ressort wechseln: Künftig ist sie nur noch für Europaangelegenheiten zuständig. Merk war vor allem wegen ihres Auftretens im Fall Mollath in die Kritik geraten, sie wurde von Seehofer immer wieder ermahnt und gemaßregelt. Von SPD, Grünen und Freien Wählern wurde die bei Osnabrück geborene und in Baden-Württemberg aufgewachsene Ministerin mehrmals zum Rücktritt aufgefordert, in den Medien wurde die 57-Jährige für ihre späte - und kaltherzige - Reaktion kritisiert. Merk kam zum Jura-Studium nach Bayern und startete danach ihre politische Karriere als Referentin von Günther Beckstein. Bei der Landtagswahl hat Merk im schwäbischen Stimmkreis Neu-Ulm mit 47,1 Prozent trotz der Kritik überraschend gut abgeschnitten. Aus Sicht des Ministerpräsidenten dürften aber wohl zwei andere Faktoren für Merks neuerliche Berufung eine Rolle gespielt haben: die Frauenquote und der Regionalproporz. Für das Justizministerium hat es trotzdem nicht mehr gereicht.

Regierungserklärung Haderthauer

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Auch die bisherige Sozialministerin Christine Haderthauer muss umziehen: Sie erhält den Job von Thomas Kreuzer, der CSU-Fraktionschef wird, und übernimmt die Führung der Staatskanzlei. Ihre politische Laufbahn begann sie 2002 als Stadträtin in Ingolstadt, 2003 wurde sie in den Landtag gewählt, vier Jahre später war sie bereits CSU-Generalsekretärin. Haderthauer sollte das Defizit ausgleichen, das ihre Partei seit langem bei jüngeren Frauen hat. Eine Frau, die erfolgreich als Anwältin gearbeitet hat und trotzdem verheiratet ist und Kinder hat. Nach der Wahlniederlage 2008 dachten viele in der CSU, das wäre das Ende von Haderthauers Karriere - doch dann machte Seehofer sie überraschend zur Sozialministerin. Besonders erfolgreich agierte die 50-Jährige in den vergangenen Monaten allerdings nicht. Insbesondere ihr missglückter Auftritt bei Flüchtlingen in Würzburg blieb in Erinnerung. Im Wahlkampf musste sie von Seehofer dazu bewegt werden, etwas Menschlichkeit durchblicken zu lassen. Dabei gab es auch mal eine andere Haderthauer - eine, die sagte: "Es war mir von Anfang an ein Anliegen, Bewegung in die Asylpolitik zu bringen." Damals, 2009, legte sich Haderthauer mit Innenminister Herrmann an. Hinter den Kulissen flogen die Fetzen - und Haderthauer reihte sich wieder ein. Künftig soll sie von der Staatskanzlei aus die Regierung managen - und bekommt zudem Einfluss auf die Bundespolitik.

Erntepressefahrt

Quelle: dpa

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Ein wenig farblos kommt er daher, und weil er auch in die Verwandtenaffäre verstrickt war, galt Helmut Brunner, 59, als Wackelkandidat für das Kabinett Seehofer II. Dabei ist der Agrarminister Fachmann auf seinem Gebiet: 1976 legte er seine Meisterprüfung der Landwirtschaft ab, 1981 übernahm er den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Der langjährige Kreisvorsitzender der CSU in Regen im bayerischen Wald sitzt seit 1994 im Landtag und war von 2003 bis 2008 Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und Forsten. Im Oktober 2008 machte ihn Horst Seehofer zum Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Das wird Helmut Brunner nun noch eine Zeit lang bleiben.

Emilia Müller

Quelle: dpa/picture-alliance

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Emilia Müller hat die Kurve nochmal gekriegt: Die bisherige Europaministerin durfte nach einer parteiinternen Kampfabstimmung zwar nicht als Direktkandidatin bei der Landtagswahl antreten, sie schaffte es aber über die Liste. Als Europaministerin blieb Müller in den vergangenen Jahren ziemlich blass. Wie schon zuvor, in ihrer Zeit als Wirtschaftsministerin. Nun bekommt sie das Sozialministerium. Ähnlich wie Beate Merk ist Müller für Seehofer vor allem aus zwei Gründen interessant: Sie ist eine Frau. Und sie vertritt die Oberpfalz.

© Süddeutsche.de/afis/infu/tba/rus
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