Seehofer wird Ministerpräsident:Demut nach dem Fall

Die CSU hat sich mit Horst Seehofer für einen Mann entschieden, der Glanz verbreiten kann. Auf lange Sicht könnte er zum Risiko werden.

Annette Ramelsberger

Es ist gerade ein Jahr her, da ergingen sich die CSU-Leute, die Horst Seehofer nun zu ihrem Vorsitzenden und zum kommenden Ministerpräsidenten Bayerns gekürt haben, in düsteren Szenarien. Werde Seehofer CSU-Chef, so hieß es damals, dann werde er sich der Partei bemächtigen wie eines Spielzeugs und sie nur zum eigenen Nutzen einsetzen. Der Mann sei Egomane, wankelmütig und unberechenbar. So einem dürfe man die wunderbare CSU, dieses Werk von Generationen, nicht anvertrauen.

Seehofer wird Ministerpräsident: Der neue starke Mann in der CSU: Horst Seehofer.

Der neue starke Mann in der CSU: Horst Seehofer.

(Foto: Foto: AP)

Diese Mahnungen gelten ein Jahr danach nicht mehr - und nicht etwa deshalb, weil sich der Politiker Seehofer plötzlich grundlegend geändert hätte. Die CSU hat sich verändert: Aus der erfolgsverwöhnten Volkspartei, die sich mit Bayern gleichsetzte, ist ein Haufen von Verlierern geworden, der sich im Niedergang gegenseitig zerfleischt. Und wie so oft in chaotischen Zeiten ist die einfachste Lösung der Ruf nach dem starken Mann, der alles richten soll.

Nun also soll Seehofer, der 2007 noch als Spalter galt, plötzlich die Integrationsleistung des Jahres 2008 vollbringen und die zerstrittenen CSU-Stämme wieder versöhnen. Wie ein Erlöser soll er die Partei, die nach der verlorenen Landtagswahl immer noch in Schockstarre verharrt, wieder auf den Weg des Erfolges führen.

Hinter ihm sollen sich jetzt die Reihen schließen, aller Streit soll vergessen sein, so wünscht sich das zumindest der CSU-Vorstand. Selbst der in Ungnade gefallene Fraktionschef Georg Schmid darf weitermachen, auf Bewährung sozusagen. Doch die zehn Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen, die Seehofer bei seiner Wahl in der Fraktion erhielt, zeigen, dass dieser Schmusekurs der CSU-Spitze selbst die eigenen Abgeordneten nicht überzeugt.

Die CSU hat sich mit Seehofer für einen Mann entschieden, an dem sie vor allem eines schätzt: den Glanz, den er verbreiten kann - ganz im Gegensatz zu seinen Vorgängern Günther Beckstein und Erwin Huber, die zwar grundsolide, aber doch auch ziemlich bieder wirken. Seehofer hat das Gespür für das rechte Wort im richtigen Augenblick, er besitzt eine kommunikative Intelligenz, die ihn zum politischen Star im Medienzeitalter macht.

Dieser Glanz überstrahlt die Risiken, die Seehofer in sich birgt. Er hat perfekt die Kunst des Ungefähren entwickelt. Müsste man Seehofers Haltung in einen einzigen Satz packen, er könnte heißen: "Hier stehe ich, ich kann auch anders." Dieser Mann soll nun demütig Politik machen, soll Bayern durch eine Finanzkrise steuern, die bald die weiß-blaue Erfolgsbilanz stören wird, soll entscheiden, wie es mit der angeschlagenen Landesbank weitergeht und die CSU aus ihrer tiefen Krise führen.

Das alles geht nur mit einem klaren Kurs, mit dem Mut zu schmerzhaften Entscheidungen. Und mit der Bereitschaft, die eigene Person hinter das Wohl des Landes zurückzustellen. Wenn ihm das alles gelingen sollte, würde Seehofer wirklich zu Recht glänzen.

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