Seehofer und die Europawahl:Der bayerische Siegfried

Wie ein Bad im Drachenblut: CSU-Chef Horst Seehofer machen die fast 50 Prozent, die seine Partei bei der Europawahl errungen hat, unangreifbar - egal, wie viel Wankelmut er zeigt.

Annette Ramelsberger

In Bayern ist die Welt wieder in Ordnung: Die CSU ist oben, wie immer, die SPD ist unten, wie immer, nur noch tiefer. Das ist das Ergebnis der Europawahl auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick bedeutet dieses Ergebnis viel mehr. Für CSU-Chef Horst Seehofer sind die fast 50 Prozent, die seine Partei errungen hat, vergleichbar mit dem Bad des Germanenhelden Siegfried im Blut des Drachen: Jenes Bad machte Siegfried unverwundbar.

Seehofer und die Europawahl: Hat das Mir-san-mir-Gefühl wiederbelebt: Ministerpräsident Horst Seehofer.

Hat das Mir-san-mir-Gefühl wiederbelebt: Ministerpräsident Horst Seehofer.

(Foto: Foto: ddp)

Die knapp 49 Prozent der Europawahl werden auch Seehofer auf absehbare Zeit unangreifbar machen. Da müsste schon ein ganz besonderer Hagen kommen, um Seehofer gefährlich zu werden - egal, was der CSU-Chef den eigenen Leuten an Wankelmut und Wetterwendigkeit zumutet.

Mit einer solch schnellen Rückkehr an die 50-Prozent-Marke, die für die CSU seit jeher Richtschnur war, hatte niemand in der Partei gerechnet. Dieses Ergebnis wird Seehofer zugeschrieben und nicht etwa dem Spitzenkandidaten Markus Ferber: Seehofer mischte sich aktiv in die Aufstellung der Europaliste ein, er drückte Monika Hohlmeier gegen Widerstände als Kandidatin in Oberfranken durch - und Seehofer warb als gefühlter Spitzenkandidat auf den Wahlplakaten für die spezifisch bayerische Stimme in Europa.

Die CSU als Verkörperung Bayerns - mit diesem Spruch hat die CSU offensichtlich das Mir-san-mir-Gefühl wiederbelebt, mit dem sie so lange Erfolg hatte und das ihr bei der Landtagswahl im September 2008 abhanden gekommen war.

Auch wenn die Bayern die absolute Mehrheit der CSU im Freistaat nicht wirklich zurückhaben wollen - auf europäischer Ebene setzen sie eben doch auf den Einfluss einer starken Partei. Vor allem, weil sich die CSU auch immer EU-skeptisch gegeben hat, quasi als einziger Verteidiger bayerischer Lebensart in Europa.

Diese Kraft haben die Wähler den Freien Wählern nicht zugetraut, die mit sieben Prozent im Freistaat weit hinter ihren Erwartungen zurückblieben, und auch nicht FDP und Grünen, die mit 8,6 und 11,3 Prozent respektabel abschnitten. Die Blütenträume der Freien Wähler, auch bei der Bundestagswahl anzutreten, dürften damit geplatzt sein.

Am härtesten aber hat es die SPD getroffen. Die ist von ihrem letzten Europa-Ergebnis von 15,3 Prozent noch einmal abgerutscht und liegt jetzt bei 12,7 Prozent. Das Schlimmste aber ist, dass die Sozialdemokraten keine Idee haben, wie sie sich von diesem Tiefschlag je wieder erholen wollen - da sie schon nach der vernichtenden Landtagswahl nicht wussten, wie ihnen geschah. Die SPD sieht sich nur als Antithese zur CSU, eigenes Gewicht bekommt sie so nicht. Sie ist in Bayern keine Volkspartei mehr.

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