Ein klein bisschen Aufstand hat sich Horst Seehofers CSU auf Kloster Andechs doch erlaubt. Sieben Stunden lang zerpflückte der Parteivorstand Seehofers Ausstiegspapier, bevor er zustimmte. Bis 2022 will der Ministerpräsident die Meiler abschalten und die CSU an die Spitze der Ausstiegsbewegung setzen. Er will nicht das Fähnchen schwenkend am Straßenrand zurückbleiben, wie Seehofer seine Sorge formulierte.
Auch wenn er das wohl nicht muss: In der CSU steckt noch sehr viel mehr Urvertrauen in die Atomkraft als Seehofer glauben machen will. Wirklich alle Bedenken gegen die rasche Abschaltung kamen im Kloster noch einmal auf den Tisch.
Das zeigt: Die eigene Partei ist nicht wirklich von Seehofers Plänen überzeugt. Viele können sich einfach nicht vorstellen, wie allein Bayern innerhalb von etwa zehn Jahren auf 60 Prozent Atomstrom verzichten will. Auf dem Heiligen Berg in Andechs kam ihnen auch keine Erleuchtung, sondern Zweifel. Sie sind berechtigt.
Glaubwürdigkeit gewinnt die Union in der Ausstiegsfrage nicht zurück, indem sie das ehrgeizigste Ausstiegsdatum nennt, sondern ein Konzept für die Energiewende vorlegt, das Fragen beantwortet statt aufwirft.
Schließlich ging es in Andechs darum, Seehofer auch ein bisschen zu quälen. Dass der Parteichef zuvor seine Kritiker rüde ausgegrenzt hatte, zahlte ihm die Partei auf ihre Art heim. Der Bayernregent hatte Kanzlerin Merkel eingeladen, wollte sie mit dem fertigen Ausstiegsplan in der Hand empfangen.
Daraus wurde nichts. Seehofer musste Merkel im Nebenraum zwei Stunden warten lassen. Etliche hatten ihre heimliche Freude daran, Seehofer zappeln zu lassen, wenn sie ihn schon nicht stoppen können.