Die Woche in Bayern:Das große Schweigen nach der Wahl

Kabinettssitzung

Horst Seehofer, Bundesinnenminister und CSU-Chef, will nicht mehr den Watschnbaum machen.

(Foto: dpa)

Söder und Aiwanger sind überraschend ruhig, bei Seehofer gelingt das weniger. Und bei der SPD? Redet man nicht übers Schweigen, sondern bleibt einfach stehen. Der Wochenrückblick.

Schweigen soll bekanntlich Gold sein, das ist eine Binsenweisheit, wenn auch keine, an die sich Politiker besonders gerne halten. Nach Wahlen ohnehin, da muss schließlich analysiert werden und diskutiert, Rücktritte müssen gefordert und Nachfolger in Stellung gebracht werden. CSU-Chef Horst Seehofer würde zurzeit vermutlich gerne ein paar Maulkörbe erlassen, denn die Rufe nach seinem Rücktritt werden immer lauter. Er selbst gibt sich ja gerne sphinxhaft, dann spricht er nur das Nötigste - und kann sich hinterher über angebliche Fehlinterpretationen seiner Worte beschweren. Diese Gefahr zumindest bestand am vergangenen Sonntag nicht, da sagte er sehr deutlich, dass er nicht nochmal "den Watschenbaum" für seine Partei machen werde. Da konnte dann gleich weiter diskutiert werden. Von wegen Schweigen.

Das umhüllt hingegen die Regierungsbildung. Die Beteiligten halten sich eisern an das schon genannte Sprichwort. Früher hieß es immer, dass die Anwärter auf einen Kabinettsposten und vor allem jene, die sich dafür halten, bei offenem Fenster schlafen, damit sie den Ruf nicht überhören. Die besonders Nervösen riefen zwischendurch bei Journalisten an, um nachzufragen, ob den Medien schon ein neuer Stand bekannt sei, und vor allem, ob man selbst noch drin sei. Und immer wieder hat ein frisch auserkorener Staatssekretär von einem Journalisten von seinem neuen Job erfahren. Damals war es ganz normal, dass Informationen durch verschlossene Türen sickerten, so ist das nun mal in der Politik.

Nicht so diesmal. Markus Söder und Hubert Aiwanger haben sich selbst und ihren Mitverhandlern ein Schweigegelübde auferlegt, als ob sie dem Kartäuserorden beitreten wollten. Wer es selbst einmal mit einem Schweigeseminar im Kloster versucht hat oder wenigstens den Film "Die große Stille" gesehen hat, der weiß, wie anstrengend das sein kann. Aber sie ziehen das durch. Nichts dringt nach draußen, gerade einmal dass sie überhaupt miteinander reden, ist bekannt. Und das bei diesen beiden, von denen keiner als besonders schweigsamer Zeitgenosse gilt.

Bei ihrer Zwischenbilanz vor ein paar Tagen redeten sie dann zwar recht viel, sagten aber wenig. Bleibt also uns Journalisten, die Indizien zu deuten. Einen Koalitionsvertrag gibt es noch nicht, wer wie gut verhandelt, ist auch nicht bekannt. Aber wer am Verhandlungstisch sitzt, könnte demnächst auch dem Kabinett angehören, Wolfgang Wittl hat schon mal analysiert, in welcher Funktion.

Ansonsten harren wir der Dinge und sind gespannt, ob Hubert Aiwanger am Samstag sein Schweigegelübde bricht. Dann muss er bei der Landesversammlung der Freien Wähler ja irgendwie begründen, warum die Mitglieder eine Koalition mit der CSU gutheißen sollten. Aber reden kann er ja. Eigentlich.

WAS WAR LOS?

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WAS KOMMT?

Das politische Bayern wartet auf die konstituierende Sitzung des Landtags am 5. November. Die Fraktionen werden sich diese Woche weiter organisieren. Am Freitag könnte es Neuigkeiten aus den Koalitionsverhandlungen von CSU und Freien Wählern geben: Was geschieht mit strittigen Inhalten wie dem Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen, und vor allem: Wer wird was in der neuen Staatsregierung? Am Montag steht ein Wechsel an der Spitze der Landesfeuerwehrschule in Geretsried an, einer von drei solchen Einrichtungen. Auf Christian Schwarz folgt René Mühlberger. Schwarz leitete die Schule seit 2002; in der Zeit wurde die Zahl der Lehrgangsteilnehmer fast verdreifacht, die Schule expandierte - auch, um Rettungskräfte für Szenarien wie Terroranschläge zu schulen. Allerheiligen, am Donnerstag, ist ein Feiertag. Zum Ende der Woche schließt die Landesausstellung 2018. Ein halbes Jahr lang kamen zu der Schau mit dem Motto "Mythos Bayern" mehr als 100 000 Besucher ins Kloster Ettal.

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