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Parteivorsitz:CSU-Basis uneins über Nachfolge von Seehofer

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Viele CSU-Mitglieder begrüßen Seehofers Rückzug. Doch wer wird neuer Parteichef? Stimmen aus der Parteibasis

Horst Seehofer hat nun endgültig seinen Rückzug angekündigt. Am 19. Januar soll auf einem Parteitag ein neuer CSU-Chef gewählt werden. Wer das sein könnte, darüber gibt es an der Basis unterschiedliche Meinungen.

Für Gudrun Zollner, Chefin der Frauenunion Niederbayern und Mitglied im Parteivorstand, gibt es als künftigen Parteichef "nur einen Namen und das ist Manfred Weber". Sie findet, dass Webers Führungsstil und "seine ausgleichende Art uns gut tun würde". Zudem könne die CSU profitieren von einem Europapolitiker an der Spitze. "Ich glaube einfach, die CSU sollte nach außen signalisieren, dass wir nicht nur in Bayern und Deutschland, sondern auch in Europa ein Wort mitreden", sagt Zollner.

Auch Monika Maier, CSU-Bürgermeisterin in Bodenkirchen (Landkreis Landshut), könnte sich Weber gut als Parteichef in einer Doppelspitze mit Markus Söder vorstellen. "Bei der Bandbreite, die die CSU abdecken soll, wären zwei verschieden Personen sicherlich besser", sagt Maier. Sie sagt aber auch: Sollte Weber EU-Kommissionspräsident werden, "sollte er mehr den Fokus auf Europa legen" und sich nicht auch noch den Parteivorsitz auflasten. Für die Frauen in der Partei sieht die Bürgermeisterin keine realistischen Chancen. Aber es gebe "gute Frauen", etwa Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die man "für die Zukunft durchaus im Blick haben sollte", sagt Maier.

Aus Sicht des Traunsteiner Landrats Siegfried Walch ist es "konsequent, legitim und auch ganz normal, dass eine Erneuerung jetzt auch an der Parteispitze erfolgen muss". Seehofer verdiene für seine jahrelange Arbeit und auch für seinen Rückzug allen Respekt, aber nun solle es in der CSU "allen klar sein, dass Markus Söder den Parteivorsitz übernehmen muss, und ich wäre froh, wenn er es auch machen wird". Die Ämter des Ministerpräsidenten und des Parteivorsitzenden zu bündeln ist für Walch der einzig logische Schritt. "Markus Söder symbolisiert die Breite der Partei, so wie sie zum Beispiel auch bei Edmund Stoiber immer war."

Seehofer habe viel geleistet für die CSU, "er hat sie 2013 wieder hochgebracht", sagt Petra Högl. Trotzdem sei es gut, dass er den Weg für die innerparteiliche Erneuerung nun freimache. Högl stammt aus dem Landkreis Kelheim, Manfred Webers Heimat. Als neue Landtagsabgeordnete fühlt sie sich auch dem Ministerpräsidenten zu Loyalität verpflichtet. Ihr Herz schlage für Weber, aber Söder sei ebenfalls bestens geeignet. "Beide würden eine sehr gute Figur abgeben als Parteichef." Sie geht davon aus, dass die beiden sich vor dem Parteitag einigen.

Auch Josef Zellmeier sieht nur diese zwei Kandidaten für den CSU-Vorsitz. Manfred Weber und Markus Söder, das wäre ein gutes Team, findet der Landtagsabgeordnete aus Straubing: "Einer als Parteichef, einer als Ministerpräsident." Die CSU müsse wieder unterschiedliche Wählerschichten ansprechen, die Breite der Partei wäre so am besten abgedeckt, sagt Zellmeier. Allerdings müsse man klären, ob das Amt des Parteichefs wirklich vereinbar sei mit dem des EU-Kommissionspräsidenten. Einen CSU-Vorsitzenden auf Abruf, nur für ein paar Monate - das hielte Zellmeier nicht für sinnvoll. Er würde einen Parteichef Weber begrüßen, Söder wäre ohnehin "immer eine gute Lösung".

Versöhnliche Worte für Seehofer findet Markus Meyer, JU-Vorsitzender und Stadtrat in Seehofers Heimat Ingolstadt. "Er hat sachpolitisch einen super Job gemacht, auch wenn die Kommunikation nach innen und außen zuletzt bescheiden war." Seehofer habe einen "würdigen Abschied verdient". Zugleich, sagt Meyer, sei eine Erneuerung der Partei "zwingend, sowohl inhaltlich als auch personell". Markus Söder setze zwar auf die richtigen Zukunftsthemen, die CSU dürfe aber "keine Ein-Mann-Partei" werden. Man müsse sich wieder um ein "breiteres Profil" bemühen, und zwar durch mehr und frische Köpfe. "Manfred Weber bringt den frischen Wind mit, den die CSU braucht."

Dietmar Helm, Fraktionsvorsitzender der CSU in Fürth, freut sich erst mal über den Rücktritt Seehofers. "Ich finde das gut", sagt Helm, "ein Neuanfang ist jetzt genauso wichtig wie eine Verjüngung der Partei." Mit beiden bisher favorisierten Kandidaten könne er gut leben, ein bisschen neidisch wird er aber schon, wenn er an die Schwesterpartei denkt: "Bei der CDU gibt es ein regelrechtes Schaulaufen der Kandidaten", sagt Helm, "und eine möglichst große Auswahl ist immer gut." Wie viele junge, kluge CSU-Köpfe es gebe, könne man ja am Kabinett sehen - "und zwar nicht nur Männer."

Thomas Habermann, seit 15 Jahren Landrat im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld, ist vor allem froh, dass "eine Entscheidung getroffen ist - und Horst Seehofer von sich aus das Amt abgibt". Das helfe der Partei bei einer Erneuerung und tue Bayern und Berlin gut. Sowohl Weber als auch Söder seien geeignet. Und eine Frau? "Auf jeden Fall wäre es an der Zeit für eine Frau, ich habe schon lange vor der Landtagswahl gesagt, dass die CSU grüner und weiblicher werden muss und moderne Frauenpolitik machen muss", sagt Habermann. Der aktuelle Wettbewerb werde sich aber zwischen Söder und Weber abspielen.

Der Schwandorfer Landrat Thomas Ebeling hätte sich Seehofers Rückzug "etwas eher gewünscht". Aber er könne jetzt "gut damit leben", dass es am 19. Januar soweit ist. Als Nachfolger kommt für ihn nur einer infrage: Markus Söder. Der habe in der kurzen Zeit als Ministerpräsident bewiesen, dass er mit "sehr guten Ideen und großem Einsatz an die Sache rangeht". Außerdem ist Ebeling der Meinung, dass beide Ämter "in eine Hand" gehören. In der Vergangenheit sei die CSU so "immer am schlagkräftigsten gewesen".

Ralph Edelhäußer, Erster Bürgermeister der Stadt Roth, war froh, als ihn die Meldung vom Rücktritt erreichte. "Die Wahlergebnisse waren zuletzt nicht berauschend und der Umgang mit der CDU noch schlimmer: Das sind ja keine Gegner, das ist ja unsere Schwesterpartei!" Geärgert hat sich der Söder-Unterstützer über den Termin: "Für den 19. Januar haben mehrere Ortsverbände ihren Neujahrsempfang geplant", sagt Edelhäußer, "jetzt wird die Basis ihre Termine verschieben müssen, bis die Großkopferten wieder Zeit haben."

Dass Horst Seehofer schon viel früher vom Parteivorsitz hätte zurücktreten sollen, findet Jürgen Oehm, Kreisvorsitzender der Senioren-Union in Coburg. "Im Wahlkampf habe ich viel Zeit an Informationsständen verbracht und die generelle Meinung war durch die Bank, dass ein Rücktritt nötig und angebracht wäre", sagt er. Oehms Hoffnungsträger ist Markus Söder. Denn: "Er wird das gut machen, auch wenn man vielleicht befürchten muss, dass er im Haifischbecken in Berlin Schwierigkeiten haben wird, die Mehrheiten hinter sich zu versammeln."

Auch wenn Jochen Ulshöfer, stellvertretender Kreis- und Fraktionsvorsitzender der CSU in Hof, von Manfred Weber direkt ins Schwärmen gerät, ist er sich doch sicher, dass Markus Söder die bessere Wahl wäre. "Obwohl Weber super ist - ein begeisterter Europäer -, würde sich seine mögliche Rolle in Brüssel doch mit dem Parteivorsitz vermutlich in die Quere kommen", sagt Ulshöfer. Er findet, dass Seehofer jetzt einen finalen Abgang aus der Politik folgen lassen sollte, also auch das Ministeramt niederlegen. "So ein Rückzug auf Raten ist selten gut - das kennt man ja auch im Sport", sagt er.

Seehofer habe seine Verdienste, in der Gesamtschau aber sei es "notwendig und konsequent", dass er geht, sagt Manfred Schilder, Oberbürgermeister von Memmingen. Sowohl Weber wie Söder traut Schilder den Parteivorsitz zu. An den neuen Parteichef hat der 60-Jährige klare Erwartungen. Er müsse Ruhe und Stabilität in die Partei bringen und einen klaren Kurs abstecken etwa in der Asylpolitik. "Es wäre ein kardinaler Fehler, zu weit nach rechts zu rücken", sagt er. Schilder glaubt, Söder habe das verstanden.

40 Jahre ist Cornelia Lehmann bei der CSU, zwölf Jahre saß sie im Stadtrat von Friedberg bei Augsburg. Eigentlich ist die 62-Jährige dafür, dass die Älteren die Jungen ranlassen, zu Seehofer aber sagt sie: "Von mir aus hätte er gerne noch bleiben können." Sie schätzt ihn für seine Geradlinigkeit: "Er hat das durchgesetzt, was er versprochen hat oder es zumindest versucht." Im Vergleich zu Söder habe er "die bessere Persönlichkeit". Söder ist ihr zu "aufgeblasen". Alles, was er mache, sei "auf Werbung ausgelegt". Als Parteichef wünscht sich Lehmann deshalb Manfred Weber. Der habe auch die Geradlinigkeit und nicht "dieses heute so, morgen so"

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SZ vom 17.11.2018 / angu, kpf, nell, raia, rde, tpa, wiw
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