Seehofer: Regierungserklärung:"Ein Land der Bürgerenergie"

Ministerpräsident Horst Seehofer trägt dick auf bei seiner Regierungserklärung: Er will, dass alle im Freistaat von der Energiewende profitieren - nicht nur die Konzerne.

Ministerpräsident Horst Seehofer machte es pathetisch: Den Ausstieg Bayerns aus der Atomkraft deutete der Regierungschef im Landtag zum Teil eines neuen Gesellschaftsvertrags für den Freistaat um. Ein schneller Ausstieg bis zum Jahr 2022 sei "machbar, wirtschaftspolitisch vertretbar und ethisch geboten", sagte der Regierungschef in seiner Regierungserklärung. In den letzten Wochen sei ihm ein "großartiger Wille zur Zukunft" im Land begegnet. Der werde Bayern stärken, sagte der CSU-Chef.

Plenarsitzung im Landtag

Trat pathetisch auf: Ministerpräsident Horst Seehofer bei der Regierungserklärung im Landtag.

(Foto: dapd)

Seehofers Regierungserklärung war der Abschluss eines zweitägigen "Energiegipfels" von Vertretern der Kommunen, der Energiekonzerne und der Wirtschaft in der Staatskanzlei. Dabei kam es offenbar auch zu einem Tauziehen zwischen den Kommunen und den Energieversorgern: Beide wollen den künftigen Ausbau maßgeblich gestalten. Seehofer stärkte dabei demonstrativ den Städten und Gemeinden den Rücken. Manche Konzerne säßen noch "im Schmollwinkel", sagte der Ministerpräsident unmittelbar vor der Landtagssitzung.

Seehofer ließ durchblicken, dass er hinter verschlossenen Türen auch gedroht habe: "Wer weiterschmollen will", an dem könne auch die Beteiligung an den notwendigen neuen Gaskraftwerken vorbeilaufen. Er lobte dabei ausdrücklich die Aufgeschlossenheit von Eon. Das deutet daraufhin, dass er sich mit dem Konkurrenten RWE angelegt hatte.

In seiner Regierungserklärung bemühte sich Seehofer, die Positionen beider Seiten zur Sprache zu bringen. Die Finanzkraft großer Unternehmen brauche Bayern jetzt ebenso wie "dezentrale Energiekonzepte von Kommunen und Bürgern". Bayern sei jetzt "ein Land der Bürgerenergie", rief Seehofer. Das Land werde davon profitieren, prophezeite der Ministerpräsident: "Wenn wir schnell sind, ist die Energiewende in Deutschland ein einziges großes Konjunkturpaket für Bayern."

Seehofer gestand zu Beginn seiner Rede ein, er habe nach Fukushima seine Ansicht über die Kernkraft geändert: "Dazu stehe ich, eine veränderte Bewertung ist besser als Rechthaberei", sagt er. Nun sei der Ausstieg aus der Kernkraft jedenfalls unumkehrbar. Als "endgültigen" Abschaltplan für die bayerischen Kernkraftwerke nannte Seehofer: Grafenrheinfeld im Jahr 2015, Gundremmingen B im Jahr 2017, Gundremmingen C im Jahr 2021 und Isar 2 im Jahr 2022. Das schon abgeschaltete Isar 1 bleibe vom Netz.

Die Details der Atomwende soll nun eine neue Energieagentur klären. Die ministerielle Verantwortung für sie überließ der Ministerpräsident demonstrativ seinem Stellvertreter Martin Zeil (FDP). Das könnte als Versöhnungssignal gewertet werden. Mit Zeil war Seehofer in den letzten Wochen massiv aneinandergeraten. Den Weg zur neuen Agentur soll das Kabinett noch im Juli frei machen, ab September wird sie arbeiten. Das Gremium soll einen vermutlich vierköpfigen Lenkungskreis aus Vertretern von Wirtschaft, Ökoverbänden, Energieerzeugern und Kommunen bekommen; sie soll die Wende im Detail regeln. Ende des Jahres werde es noch einmal einen großen Energiegipfel geben, sagte Seehofer.

Die Opposition rieb sich bei alledem die Augen - schließlich habe man all das schon seit vielen Jahren gefordert, sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Seehofers Rede sei "historisch" gewesen, sagte er: "Noch nie zuvor hat es in diesem Haus soviel Anerkennung für rot-grüne Programmatik gegeben. Auch die Grünen applaudierten mehrmals höhnisch bei Seehofers Rede und riefen dazwischen: "Das haben wir doch immer schon gesagt."

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