Süddeutsche Zeitung

Seehofer-Gegner Markus Ferber:Ein "Taliban" mit Ambitionen

Er gilt als Talent der CSU, Parteiforderungen nennt er schon mal "Unfug": Der Querkopf Markus Ferber ist Horst Seehofers schärfster Widersacher in der Europapolitik.

Katja Auer

Markus Ferber mit einem Taliban zu vergleichen, ist vielleicht ein wenig übertrieben. CSU-Chef Horst Seehofer hat das am Wochenende getan, weil er sehr grantig war über den Chef der CSU-Europaabgeordneten. Der hatte seine Position zum parteiinternen Streit um die Europapolitik in einem Videoclip auf seiner Webseite erläutert. Videobotschaften seien in der CSU nicht üblich, schimpfte Seehofer - "nur bei den Taliban".

Ein Terrorist ist Ferber sicher nicht, ein Querkopf aber schon. Als "Unfug" hatte er die weitreichenden Forderungen der CSU-Spitze nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum EU-Reformvertrag von Lissabon genannt und so den Streit ausgelöst.

Drei Stunden lang wurde er dafür am Samstag von Seehofer und anderen heftig kritisiert und musste am Ende verkünden, dass er klar zur CSU-Linie stehe. Dieser Kurs folgt weitgehend Seehofers Vorstellungen. Seit Monaten schon ringen Seehofer und Ferber um die Europapolitik. Der Parteichef brüskierte den Schwaben, weil er ihn nicht gleich zum Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl ausgerufen hatte.

Erfolgreich gegen Strauß-Tochter Hohlmeier

Dabei gilt Ferber in Brüssel als gut vernetzt und anerkannt. 1994 zog er mit erst 29 Jahren ins Europaparlament und ist seit 1999 Chef der CSU-Abgeordneten. Statt seiner wollte Seehofer die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier als Spitzenkandidatin installieren. Ferber wehrte sich, am Ende erfolgreich.

Doch auch am Wahlabend, als die CSU mit überraschenden 48,1 Prozent ihre Talfahrt in der Wählergunst für beendet erklärte, musste sich der Spitzenkandidat geradezu ins Scheinwerferlicht drängen. Seehofer und sein Generalsekretär Alexander Dobrindt lobten sich gegenseitig für das Wahlergebnis, Ferber stand meist stumm daneben.

Den offenen Konflikt scheut Ferber meist, er gilt als Strippenzieher hinter den Kulissen. An Rache glauben deswegen viele in der CSU, die Ferbers Attacken gegen Seehofer und Dobrindt aufmerksam verfolgen. Immerhin sei er nun wiedergewählt und könne aus einer sicheren Position heraus agieren. Andererseits darf man Ferber schon glauben, dass es ihm um Europa geht. Er wolle verhindern, dass die CSU zur "Anti-Europa-Partei" werde, sagt er.

Konflikt mit Edmund Stoiber

Es ist nicht der erste Konflikt, den Ferber austrägt. Im Jahr 2005 wurde er überraschend zum Vorsitzenden des CSU-Bezirksverbandes Schwaben gewählt und legte sich dadurch mit dem früheren CSU-Chef Edmund Stoiber an, der den damaligen Innenstaatssekretär Georg Schmid protegiert hatte. Spätestens seitdem sind sich Ferber und Schmid in inniger Abneigung verbunden: Der heutige CSU-Landtagsfraktionschef rächte sich, als Ferber im vergangenen Jahr für den Landtag kandidieren wollte.

Schmids Unterstützer in der zerstrittenen Schwaben-CSU machten Ferber klar, dass sie ihn in München nicht haben wollen. Ein Rückschlag für Ferber, der noch Ambitionen hat. Der 44-jährige gelernte Elektroingenieur gilt als Talent in der CSU und wurde immer wieder für Kabinettsposten gehandelt. Dass er sich selbst alles Mögliche zutraut, ist ohnehin bekannt. Unter Seehofer wird ihm der Umzug von Brüssel nach München allerdings kaum gelingen.

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SZ vom 14.07.2009/luw
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