Schwierige Arbeitsbedingungen:Hebammen sind überlastet

Schwierige Arbeitsbedingungen: Eine gute Betreuung für Mutter und Kind ist wichtig.

Eine gute Betreuung für Mutter und Kind ist wichtig.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Studie zeigt, dass es für Schwangere immer schwieriger wird, eine Geburtshelferin zu finden - besonders in den Städten

Von Dietrich Mittler

Lange bereits hatte der Bayerische Hebammenverband vor dieser Entwicklung gewarnt, nun aber ist es durch eine neue Studie offenkundig: Die Arbeitsbelastung für die im Freistaat tätigen Hebammen ist erheblich gestiegen; bedingt auch durch regional erhöhte Geburtenzahlen - so etwa in Oberbayern und in Mittelfranken. Der stetige Druck zeigt Wirkung: Rund 30 Prozent der vom Berliner IGES-Institut befragten freiberuflichen und angestellten Hebammen gaben an, sie hätten "oft" beziehungsweise sogar "sehr oft an eine Aufgabe ihres Berufs gedacht". Verantwortlich dafür seien "ein zu geringes Einkommen", "zu viele fachfremde Tätigkeiten sowie eine mangelnde Anerkennung".

Mehr noch aber erwägen viele der mehr als 2900 aktiven Hebammen in Bayern offenbar "eine Reduzierung der Arbeitszeit". Für die Geburtsstationen der Kliniken dürfte es - wenn die Frauen diese Pläne in die Tat umsetzen - künftig deutlich schwerer werden, Hebammen zu finden. Bereits jetzt ist das für viele Häuser ein Problem, wie aus der aktuellen Studie hervorgeht, die Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) in Auftrag gegeben hat.

Die Folgen dieser Entwicklung bekommen werdende Mütter deutlich zu spüren, insbesondere in Bayerns Ballungszentren. Anders als auf dem Land ist es für Frauen in Großstädten schwer, überhaupt eine Hebamme zu finden. Doch auch in ländlichen Regionen erklärten immerhin knapp vier Prozent der befragten Mütter, sie hätten mehr bei als sieben Hebammen anfragen müssen, um eine Betreuung für sich und ihr Kind zu bekommen. Besonders groß ist indes der Frust in der Landeshauptstadt, da hier häufiger als andernorts in Bayern Hebammen ausgebucht sind.

Hohe Frustration herrscht indes auch bei vielen Hebammen im Freistaat: Um die Betreuung der werdenden Mütter und die Versorgung der Frauen und Kinder bei und nach der Geburt nach den Standards entsprechend aufrecht erhalten zu können, arbeiten sie, der Studie zufolge, sogar mehr als ursprünglich geplant. Kein Wunder, dass unter ihnen die Unzufriedenheit über die Arbeitsbedingungen wächst. 41 Prozent der festangestellten sowie 32 Prozent der freiberuflich tätigen Hebammen betonten, mit ihren Arbeitszeiten gar nicht oder nur wenig zufrieden zu sein.

Einige der befragten Hebammen, die bereits ihren Beruf aufgegeben haben, nannten als Grund dafür "die Unvereinbarkeit mit dem Privatleben, beziehungsweise mit der Familie" sowie das "Missverhältnis zwischen Verantwortung und Einkommen". Astrid Giesen, die Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen in Bayern, fühlt sich durch die Studie bestätigt: "Wir können uns nicht entspannt zurücklehnen, denn den vorliegenden Ergebnissen zufolge wollen sich etliche Hebammen in den kommenden Jahren aus dem Beruf zurückziehen." Insbesondere bei der Begleitung der Frauen während der Geburt, also bei der Geburtshilfe, werde das verstärkt zu Problemen führen. "Nur noch die Hälfte der Absolventinnen von Hebammenschulen wollen in die Geburtshilfe gehen", sagte Gießen auf Nachfrage. Personelle Engpässe in der Hebammenversorgung, dies sei längst nicht nur ein Münchner, sondern ein gesamtbayerisches Problem. Das sehen auch die Autoren der Studie so, welche seit Dienstag auf der Homepage des Gesundheitsministeriums zum Download bereitsteht. Demnach lägen, wie die Mütterbefragung ergeben habe, auch andernorts "partielle Versorgungsengpässe vor". Insgesamt haben landesweit etwa fünf Prozent der Frauen nach der Geburt keine Wochenbettbetreuung in Anspruch genommen. 44 Prozent von ihnen gaben an, die angefragten Hebammen seien alle ausgebucht gewesen. Zudem warnen sie vor kommenden möglichen Engpässen bei der Geburtsvorbereitung.

Gesundheitsministerin Melanie Huml hob indes auch die guten Ergebnisse der Studie hervor. Diese belege "eine hohe Zufriedenheit von Müttern und Schwangeren" mit der Qualität der Hebammenversorgung. Allerdings zeige die Studie auch, "dass wir für die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung auch in Zukunft mehr Hebammen für die Geburtshilfe und die Wochenbettbetreuung gewinnen müssen".

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