Schweinfurt:Mädchen zum Missbrauch angeboten - zehn Jahre Haft für 49-Jährigen

Prozess - Zwangsprostitution und schweren sexuellen Missbrauch

Der Angeklagte steht neben seinem Anwalt (links) und hält sich im Gerichtssaal einen Ordner vor das Gesicht.

(Foto: dpa)

Sie soll ihn "Papa" genannt haben. Dabei missbrauchte er die Tochter seiner Lebensgefährtin regelmäßig und bot sie anderen Männern zum Missbrauch an - in einem Fall für fünf Euro und eine Schachtel Zigaretten.

Auf der Suche nach Sex hängt ein Mann einen Zettel mit seiner Handynummer auf der Toilette eines Autobahnparkplatzes in Unterfranken aus. Ein junges Mädchen wird ihm angeboten - er willigt ein. Am Freitag hat das Landgericht Schweinfurt den 50-Jährigen zu zwei Jahren und elf Monaten Haft wegen Missbrauchs einer Jugendlichen in zwei Fällen und Verbreitung pornografischer Schriften verurteilt (Az.: 12 Js 8953/20). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Im Juli 2020 wurde der Mann wegen seiner Kontaktanzeige über Whatsapp angeschrieben. Die Person gab im Chat an, 14 Jahre alt zu sein - tatsächlich war das Mädchen elf. Der Angeklagte tauschte mit der Schülerin ein pornografisches Bild aus, so die Überzeugung des Gerichts. Für den Abend vereinbarten beide ein Treffen. Das Mädchen kam nicht allein, sondern hatte ihren vermeintlichen "Onkel" dabei.

In Wahrheit war es der Lebensgefährte der Mutter. Der Mann, der das Mädchen selbst mehrfach missbraucht und seit dem neunten Lebensjahr gezielt zur Prostitution gefügig gemacht hatte, wie aus einem Urteilsspruch vom Mai hervorging: zehn Jahre Haft wegen schwerer Zwangsprostitution, schweren sexuellen Missbrauchs und wegen des Herstellens von kinderpornografischen Schriften (Az.: 12 Js 8837/20).

Nachts hatte der 49-jährige Lebensgefährte das Mädchen mehrmals Lastwagenfahrern auf Rast- und Autobahnparkplätzen zum Missbrauch angeboten. Dort fiel offenbar auch der Notizzettel auf einer Toilette auf, mit dem der Angeklagte nach flüchtigem Sex suchte. Im Juli 2020 hat er, so sieht es das Gericht als erwiesen, die damals Elfjährige zwei Mal in seiner Wohnung im Landkreis Schweinfurt missbraucht - im Beisein des Stiefvaters, der eine der Taten mit seinem Handy aufnahm.

"Es waren besonders gravierende Rechtsschutzverletzungen", sagte die Vorsitzende Richterin Angelika Drescher am Freitag. Das Kind sei in dieser Situation "besonders schutzlos" gewesen. Der Angeklagte hatte den Tatvorwurf "im Wesentlichen" eingeräumt, wie ein Sprecher mitteilte. Der Deutsche gab allerdings an, nicht gewusst zu haben, dass das Mädchen zum Tatzeitpunkt unter 14 Jahre alt war. Dies geht laut Gericht auch aus einer Tonaufnahme des Treffens hervor. Daher konnte der Mann nicht wegen schwerem Kindesmissbrauchs belangt werden, wovon die Anklage zunächst ausging.

Das Urteil entspricht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung plädierte wegen der Verbreitung pornografischer Schriften für eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 60 Euro und forderte im übrigen Anklagepunkt einen Freispruch. Der Angeklagte sei nicht der einzige Fremde, der sich an dem Mädchen vergangen haben soll. Die Ermittler gehen davon aus, dass ein Lastwagenfahrer auf einer Autobahnraststätte das Mädchen missbrauchte - für fünf Euro und eine Packung Zigaretten. Nach dem Mann wird laut Staatsanwaltschaft international gesucht. Der Lebensgefährte habe das Kind Schritt für Schritt daran gewöhnt, nackt in der Wohnung herumzulaufen. Das Mädchen sollte später beim Sex mit der Mutter dabei gewesen sein. Irgendwann sei sie ins Geschehen einbezogen worden. Die 39-jährige Mutter muss sich ab dem 29. Juni in einem gesonderten Verfahren wegen Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern durch Unterlassen verantworten. Das Mädchen kam laut Gericht in eine therapeutische Einrichtung. Einem Lastwagen-Fahrer verdankt sie das Ende der Zwangsprostitution - er hatte nicht weggesehen, sondern die Polizei gerufen.

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