Schwarz-gelbes Landesentwicklungsprogramm:Ein Drehbuch für landesweiten Ärger

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Das Landesentwicklungsprogramm soll überall in Bayern für gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen sorgen - die Staatsregierung will es bis zur Wahl durchpeitschen. Bei Gemeinden, Landräten und Oberbürgermeistern erntet sie damit heftige Kritik.

Von Frank Müller und Christian Sebald

Der Streit um das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP) wird immer verworrener. Zwar rangen die Landräte und die Bürgermeister der ländlichen Gemeinden Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) am Dienstag in einem kurzfristig angesetzten Spitzengespräch einige für sie wichtige Zugeständnisse ab. Aber mit ihrer Absicht, für das LEP ein Moratorium über den Landtagswahltermin hinaus zu erreichen, konnten sie sich nicht durchsetzen.

Wie es hieß, lehnte Seehofer dies ab, weil die Staatsregierung damit ihr Scheitern in der Landesentwicklung eingestanden hätte. Aber auch die Oberbürgermeister der großen Städte sind verärgert - sie waren zu dem Treffen nicht eingeladen. "Wir Städte sind essenzielle Motoren, wenn es um die gute Zukunft Bayerns geht", sagte der Nürnberger OB und Städtetagschef Ulrich Maly (SPD). "Deshalb ist es unverständlich, warum man nicht mit uns spricht." Experten sprachen am Dienstag von einem "kompletten Chaos" und einem "unmöglichen Regierungsstil".

Das neue LEP ist eines der zentralen Projekte, das sich die schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislaturperiode vorgenommen hatte. Doch seine Erarbeitung stand von Anbeginn unter einem denkbar schlechten Stern. Das LEP ist seit den 1970er Jahren der Leitfaden für die Entwicklung Bayerns. Es soll überall gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Menschen garantieren - ob in München oder in Wunsiedel.

Außerdem soll das LEP Antworten geben auf die Herausforderungen, vor denen Bayern steht - auf die Globalisierung ebenso wie die Klimaerwärmung, den demografischen Wandel oder die Energiewende. Da das LEP im Laufe der Zeit immer umfangreicher wurde, traten Seehofer und Zeil 2008 mit dem Versprechen an, es zu entschlacken.

Seehofer gab seinerzeit sogar die Losung vom "weißen Blatt Papier" aus. Jeder einzelne Passus, der in das neue LEP aufgenommen werden sollte, so hieß es damals, werde darauf überprüft, ob er wirklich notwendig sei oder ob er das LEP unnötig aufblähe. Die Erwartungen der Bürgermeister und Landräte, der Landespfleger und Architekten, der Einzelhändler und Gewerbetreibenden und der vielen anderen Fachleute und Verbände, die mit der Landesentwicklung zu tun haben, waren immens.

Um so tiefer war die Enttäuschung über alle Entwürfe, die Zeil bisher für das neue LEP präsentierte. Bis weit in die CSU hinein stieß der FDP-Mann, der als Wirtschaftsminister zuständig ist für die Landesentwicklung, auf wütenden Protest. Auch unabhängige Experten sprechen von einem kompletten Versagen. Den einen kommt die Energiewende zu kurz, die anderen vermissen schlüssige Konzepte gegen den demografischen Wandel. Wieder anderen gehen die neuen Vorgaben für den Bau von Einkaufsmärkten nicht weit genug, den anderen sind sie zu strikt.

Einigkeit herrscht nur in der Ablehnung

Einigkeit herrscht einzig darin, dass das LEP in der vorliegenden Fassung auf keinen Fall verabschiedet werden dürfe. Auch der Gemeindetagspräsident und Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl (CSU) und der Landräte-Chef und Miesbacher Landrat Jakob Kreidl (CSU) listeten Seehofer im Vorfeld des Spitzengesprächs auf vier Seiten minutiös auf, "warum der Entwurf zum LEP nicht beschlossen werden darf".

Gleichwohl bleibt die Staatsregierung fest entschlossen, das LEP vor der Landtagswahl im September durchzupeitschen. Dafür machten Seehofer und Zeil nun den ländlichen Kommunen Zugeständnisse, obwohl sie damit massiven Ärger mit den Großstädten riskieren. So versprachen sie Brandl und Kreidl, die Vorgaben für die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und Supermärkte noch weiter zu lockern als das bisher vorgesehen ist. Außerdem sollen die Befugnisse der Kreisbehörden bei Bausachen ausgeweitet werden. Beides lehnen die Oberbürgermeister ab, weil damit der Verödung der Innenstädte weiter Tür und Tor geöffnet werde.

Kreidl und Brandl setzten auch abermalige Sonderförderungen für finanzschwache Gemeinden durch. Und schließlich wurde vereinbart, das LEP bereits in der nächsten Legislaturperiode in Teilen erneut zu überarbeiten. Für Beobachter ist damit die Fortsetzung der bisherigen Streitereien über die Landtagswahl hinaus programmiert.

Nach dem Spitzengespräch schienen denn auch nur Brandl und Kreidl halbwegs zufrieden zu sein. "Wir haben das unter diesen Umständen Beste für uns herausgeholt", sagte Brandl. Die anderen Beteiligten - außer Seehofer und Zeil die Fraktionschefs Georg Schmid (CSU) und Thomas Hacker (FDP) sowie die Wirtschaftsexperten Erwin Huber (CSU) und Dietrich von Gumppenberg (FDP) - reagierten einsilbig. "Wir haben uns in drei, vier Punkten verständigt, das wird jetzt in den Fraktionen beraten", erklärte Seehofer. Er gehe davon aus, dass das LEP "in einer sehr beachtlichen Form" eingeführt werde. Zeil betonte, dass das LEP in jedem Fall noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werde, "die Koalitionsspitze ist sich da einig".

© SZ vom 30.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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