Süddeutsche Zeitung

Schwarz-Gelb in Bayern:Seehofer will in Berlin mehr mitregieren

Klare Kampfansage: Kaum ist der Koalitionsvertrag von CSU und FDP abgesegnet, schon kündigt Horst Seehofer eine harte Linie in Berlin an.

S. Braun und K. Stroh

Der neue CSU-Vorsitzende Horst Seehofer will mit einer härteren Linie in der Bundespolitik das Profil seiner Partei schärfen. Konflikte könnte es um die Zukunft des Gesundheitsfonds und über die Erbschaftsteuerreform geben.

Allerdings muss Seehofer auch auf die Unterstützung des Bundes hoffen, um das Überleben der Bayerischen Landesbank zu sichern. An diesem Montag will die schwarz-gelbe Koalition in Bayern Seehofer zum Ministerpräsidenten wählen.

"Mein Arbeitsplatz ist künftig möglicherweise München", rief Seehofer den CSU-Delegierten zu, die ihn mit 90,3 Prozent wählten. "Aber meine Kampfkraft wird sich auch auf Berlin erstrecken." Als "zentralen Punkt" bezeichnete er die geplante Reform der Erbschaftsteuer.

Die Übergabe eines Betriebes müsse steuerfrei bleiben, wenn dieser fortgeführt werde, ebenso wie selbstgenutztes Wohneigentum, forderte Seehofer. "Wir werden standhaft bleiben in dieser Frage, da geht es um Prinzipientreue." Am Abend wollten sich Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Vier-Augen-Gespräch treffen.

Auch in der Gesundheitspolitik könnte neuer Streit entstehen. Im Koalitionsvertrag vereinbarten CSU und FDP, "eine Bundesratsinitiative zu grundlegenden Veränderungen" zu starten, sollte Bayern durch die Einführung des Gesundheitsfonds stärker als geplant belastet werden. Dies gelte auch, wenn der Beitragssatz von 15,5 Prozent im kommenden Jahr nicht ausreiche, die Ausgaben der Kassen zu decken.

Die Sonderparteitage von CSU und FDP billigten den Vertrag am Wochenende jeweils fast einstimmig. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) betonte, die Einnahmen des Fonds seien für 2009 gesichert. Ausfälle, etwa in Folge einer Rezession, könnten erst danach auftreten.

Scharfe Kritik an der CDU äußerte der zurückgetretene CSU-Chef Erwin Huber. Dass diese sich gegen die Wiedereinführung der Pendlerpauschale gesträubt habe, habe mit zur Niederlage der CSU bei der Landtagswahl vor vier Wochen beigetragen, bei der sie auf 43,4 Prozent abgestürzt war. Seehofer unterstützte ihn: "Wir werden nicht ruhen, bis wir die Pendlerpauschale wieder durchgesetzt haben," sagte er.

In eine schwierige Lage könnte der designierte Ministerpräsident durch die Not der BayernLB geraten. Sie hatte am Donnerstag beim neuen Bankenrettungsfonds des Bundes eine Kapitalspritze in Höhe von 5,4 Milliarden Euro beantragt. Formal entscheidet der Leitungsausschuss des Sonderfonds über den Antrag. Beobachter rechnen aber damit, dass er sich zuvor politische Rückendeckung holen wird.

Seehofer ist damit auf Unterstützung aus der Koalition angewiesen, auch wenn die Bundesregierung formal keinen Einfluss auf Entscheidungen des Fonds nehmen darf. Berichte, wonach dieser der BayernLB bereits signalisiert habe, höchstens einen Teil der beantragten Finanzmittel von 5,4 Milliarden zu bewilligen, werden in München dementiert. Die Süddeutsche Zeitung erfuhr aus der CSU-Spitze, weder bei der Staatsregierung noch bei der Führung der Bank sei eine derartige Nachricht eingegangen. In der CSU wehrt man sich zudem gegen das Argument, dass es sich bei der Not der Landesbank um einen Altfall handle, den Bayern selbst lösen müsse.

Vor allem die Sozialdemokraten im Bund versuchen offenbar, die Fonds-Hilfe für die BayernLB mit einem Einlenken bei der Erbschaftsteuerreform zu verbinden. Dem will sich die CSU-Führung widersetzen. "Wer glaubt, dass sich Horst Seehofer auf so ein Tauschgeschäft einlässt, der kennt uns schlecht", sagte ein Mitglied der CSU-Führung der SZ.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2008/cag
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