Das Fichtelgebirge ganz oben im Nordosten Bayerns ist eine stille Gegend, die meist recht kleinen Dörfer schmiegen sich förmlich ins Hügelland. Dabei zählt insbesondere die Region um Marktredwitz (Landkreis Wunsiedel) zusammen mit den Bergen um Bad Reichenhall zu den zwei Gebieten in Bayern, in denen sich immer wieder Erdbeben ereignen. Aber selbst die verlaufen so still, dass es schon als Ereignis gilt, wenn man sie spüren kann. Dieser Tage registrieren die Anlagen im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet wieder einmal welche. Auch sie sind völlig harmlos. Und Roland Eichhorn, der Chef des Geologischen Dienstes am Landesamt für Umwelt (LfU) ist sich sehr sicher, dass das so bleiben wird.
Bei den Erdbeben im Fichtelgebirge handelt es sich um sogenannte Schwarmbeben. Das sind Hunderte Erdstöße, die sich über mehrere Tage oder sogar Wochen hinweg verteilen. Der Großteil erreicht nicht einmal die Stufe drei auf der Richterskala. Damit sind sie zwar sehr wohl für die Messgeräte in der Region wahrnehmbar, nicht aber für die Bevölkerung, wie Roland Eichhorn sagt. Schon viel seltener sind im Fichtelgebirge Erdstöße zwischen den Magnituden drei und vier. „Die sind dann auch für Menschen spürbar“, sagt Eichhorn. „Aber nur als harmlose Ruckler.“
In jüngerer Zeit gab es bloß ein stärkeres Schwarmbeben im Fichtelgebirge. 1985, vor 40 Jahren also, wurde dort laut Bayerischem Rundfunk eine Spitzenmagnitude von 4,6 gemessen. „Das ist dann der Bereich, ab dem Gebäudeschäden möglich sind“, sagt Eichhorn. Damals gab es Risse in den Mauern der Kirche von Nový Kostel, einem Dorf auf tschechischer Seite. Auch auf bayerischer Seite – in Selb und in Thiersheim – wurden noch leichte Schäden verursacht. So kann man es auf der Internetseite des Erdbebendienstes Bayern nachlesen, in dem die Ludwig-Maximilians-Universität München und das LfU kooperieren. Dort heißt es auch, dass es im Fichtelgebirge alle 75 Jahre zu solchen schadensverursachenden Schwarmbeben kommt.
Grund der wiederkehrenden Schwarmbeben ist der Egergraben, eine Bruchzone der europäischen Kontinentalplatte, der in der Region verläuft. „Das ist eine geologische Schwächezone“, sagt Eichhorn. „Die Vulkane, Maaren und anderen Besonderheiten tief im Untergrund können dort Hitze, Magma, Flüssigkeiten und Gase nach oben abgeben.“ Dadurch bauen sich im Gestein Spannungen auf, die sich immer wieder entladen müssen. Wegen der besonderen Geologie des Fichtelgebirges aber eben nicht als Erdbebenkatastrophe. Sondern als Schwarmbeben in Form von Hunderten kaum spürbaren Erdstößen. Die meisten ereignen sich direkt unter dem tschechischen Nový Kostel. Dort kreuzt sich der Egergraben mit einer weiteren Bruchzone der Kontinentalplatte.
Auch in den Bergen bei Bad Reichenhall kommt es immer wieder zu Erdbeben. Das letzte liegt erst ein gutes Vierteljahr zurück. Wie im Fichtelgebirge verlaufen auch die Erdbeben in der oberbayerischen Region seit Menschengedenken sehr harmlos. Das Ende September 2024 erreichte laut Erdbebendienst Bayern eine Magnitude von 2,1. Gleichwohl berichteten mehrere Einheimische in den sozialen Netzwerken von wackelnden Wänden und kleineren Erschütterungen in ihrer Umgebung.

„Anders als die Erdbeben im Fichtelgebirge haben die bei Bad Reichenhall aber nichts mit einer geologischen Schwächezone zu tun“, sagt der LfU-Geologe Eichhorn. „Sondern offenkundig mit den Niederschlägen in der Region. Auch wenn sich das verrückt anhört. Aber sie kommen immer dann vor, wenn es dort stark regnet.“ Eichhorn spricht deshalb ausdrücklich von einer Theorie, nicht von wissenschaftlich gesicherten Fakten. Gleichwohl hält er die Theorie, die mit dem Salzgestein in der Region zu tun hat, für durchaus plausibel. Nach ihr sickert das Niederschlagswasser durch die Klüfte in die Felsen der Bad Reichenhaller Berge ein und löst in ihnen abrupt kleinere Spannungen im Salzgestein. Das lässt dann prompt die Messgeräte in der Region ausschlagen.
Laut Erdbebendienst Bayern treten im Freistaat durchschnittlich etwa 200 Erdbeben auf. Vier bis fünf dieser Erdstöße seien stark genug, um von der Bevölkerung verspürt zu werden, gelegentlich seien sie auch mit Schäden verbunden, heißt es auf der Internetseite des Erdbebendienstes. Hinzu kämen Beben, die zwar nicht ihren Ursprung in Bayern haben, aber dennoch hier verspürt werden. So ereignete sich erst am 12. Januar nahe dem norditalienischen Ampezzo ein Erdbeben mit der Magnitude 4. Seine Auswirkungen seien bis in den Raum Rosenheim von einzelnen Personen wahrgenommen worden.