Süddeutsche Zeitung

Schwaben:Bahn prüft ICE-Neubaustrecke

Die Deutsche Bahn lässt den Neubau einer Schnellbahn-Trasse zwischen Augsburg und Burgau bei Günzburg prüfen. Schwäbische Politiker hoffen, dass damit nach Jahren der Diskussion eine Engstelle beseitigt wird.

Von Stefan Mayr und Mike Szymanski

Die Deutsche Bahn AG lässt den Neubau einer etwa 40 Kilometer langen Schnellbahn-Trasse zwischen Augsburg und Burgau bei Günzburg prüfen. Die sogenannte "Variante Burgau" wurde auf Vorschlag der Bahn in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. "Ich bin euphorisch, endlich wurde das Schwarze-Peter-Spiel durchbrochen", sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber am Montag nach einem Treffen mit Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube in München. Grube habe dabei versprochen, dass er einem Streckenausbau positiv gegenüber stehe.

Noch vor gar nicht langer Zeit hatte Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel sogar eine Ertüchtigung der bestehenden Gleise als unwahrscheinlich dargestellt. Die Bahnstrecke zwischen Augsburg und Neu-Ulm ist eine Engstelle auf der künftigen transeuropäischen Achse Paris-Wien-Budapest. Zwischen Stuttgart und Ulm werden bereits Milliardenbeträge in eine neue ICE-Trasse gesteckt. Auch die Strecke von München nach Augsburg ist inzwischen für Züge mit einem Höchsttempo von 230 Stundenkilometern ausgelegt.

"Ein großer Schritt nach vorne"

Im September soll es nun ein weiteres Treffen zwischen Grube, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann geben, um weitere Details zu besprechen. "Das ist ein großer Schritt nach vorne", sagt Ferber, der das Treffen schwäbischer Politiker mit Grube eingefädelt hat.

Ein Sprecher der Bahn bestätigte, dass das Unternehmen das Teilstück von Augsburg nach Neu-Ulm bis 2030 ertüchtigen will. Deshalb solle auch die Neubaustrecke geprüft werden. Wo die Trasse verlaufen könnte, ist noch völlig offen. Denkbar ist allerdings auch, dass am Ende doch nur die bereits bestehende Trasse ertüchtigt wird.

Das wäre billiger und schneller zu haben - doch damit wären die Schwaben nach den vielen Jahren der Diskussionen auch schon zufrieden. Das Thema Bahn ist eines der wenigen, bei dem Ferber CSU-Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer auf seiner Seite weiß.

Auch Seehofer beschäftigte sich am Montag mit Bahnthemen und traf in der Staatskanzlei ebenfalls mit Grube zusammen. Dabei pochte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf seine lange Wunschliste: Dazu zählt die Modernisierung der Strecke München-Lindau, die bessere Anbindung des Chemiedreiecks, der Ausbau der Verbindungen nach Regensburg und Hof. Und natürlich der zweite S-Bahn-Tunnel für München, wo die Finanzierung immer noch ungeklärt ist. "Wir brauchen diesen zweiten S-Bahn-Tunnel, sonst wird München im Verkehr ersticken", sagte Herrmann. "In der Summe geht's um Milliarden in den nächsten Jahren." Der Bund müsse mehr Geld locker machen, und die Bahn müsse "deutlich schneller" planen und entscheiden. Hier überall brauche man den "festen Willen der Bahn, zügig voranzukommen".

Diesen Willen versuchte Bahnchef Grube bei seinem Treffen mit Seehofer und Herrmann dann auch zu demonstrieren. Bis 2017 werde das Unternehmen zwischen Aschaffenburg und Berchtesgaden 4,9 Milliarden Euro in den Ausbau, die Modernisierung und die Instandhaltung von Gleisen, Weichen, Signalen und Stellwerken sowie von Bahnhöfen investieren. Der Großteil der Mittel ist allerdings schon seit Jahren eingeplant. Rund 60 Prozent sollen in das bestehende, 6000 Kilometer lange bayerische Netz sowie in die 1014 Bahnhöfe fließen. 400 Millionen Euro sind für bessere Barrierefreiheit eingepreist. Geld, das dringend gebraucht wird.

Ein Flaschenhals auf der europäischen Strecke

Auf die Frage, wo es im Bahn-Land Bayern vorangehen müsse, sagte Seehofer am Montag: "Überall." Die aktuellen "Zustände auf der Schiene" seien "nicht auf der Höhe der Zeit". Bei seinem Besuch in Prag hatte Seehofer kürzlich dem tschechischen Premierminister gegenüber sogar von einer Bringschuld der Deutschen gesprochen, weil auch die Zugstrecken ins Nachbarland in einem erbärmlichen Zustand seien. Wo das Geld dafür herkommen soll? "Dafür ist Berlin da", sagte Seehofer. "Ich werde sehr darauf drängen, dass wir im Herbst in der Koalition darüber reden."

Markus Ferber und seine schwäbischen Kollegen warnen schon seit Jahren, dass in der transeuropäischen Magistrale ausgerechnet zwischen Augsburg und Neu-Ulm ein Flaschenhals entstehen könnte, der die Züge zwingt, auf 120 Stundenkilometer herunterzubremsen. Dies wäre erstens peinlich und zweitens schlecht für die Wirtschaft, argumentierten die Schwaben. Bis zuletzt aber vergeblich. Und jetzt plötzlich soll eine Neubaustrecke kommen? Mit Tempo 250, wo bisher mitunter nur 120 Stundenkilometer möglich waren?

Angesichts des Meinungswandels der Bahn zeigt sich auch die Industrie- und Handelskammer Schwaben angetan. Allerdings will sie ihr Glück erst dann bejubeln, wenn tatsächlich der erste Zug rollt. IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Saalfrank warnt davor, dass das Großprojekt Neubaustrecke auf die lange Bank geschoben werden könnte: "Es darf jetzt nicht passieren, dass wir nochmals zehn oder 15 Jahre diskutieren, wie wir es schon bisher getan haben."

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SZ vom 15.07.2014/wolf
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