Landtagsdebatte:Katharina Schulze wird nicht Ministerpräsidentin

Landtagsdebatte: Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, wird - zumindest im kommenden Jahr nach der Landtagswahl - nicht einmal die Chance haben, als Ministerpräsidentin am Rednerpult zu stehen. Dafür fehlt es ihr schlicht an Lebensjahren.

Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, wird - zumindest im kommenden Jahr nach der Landtagswahl - nicht einmal die Chance haben, als Ministerpräsidentin am Rednerpult zu stehen. Dafür fehlt es ihr schlicht an Lebensjahren.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

CSU und Freie Wähler lehnen einen Antrag ab, die Altersgrenze für das höchste Regierungsamt im Freistaat zu senken. Die Grünen sehen darin eine gezielte Blockade ihrer 37-jährigen Fraktionschefin.

Von Andreas Glas

Nicht ein Wort wird Katharina Schulze in dieser Landtagsdebatte sagen. Sie wird nur dasitzen, in der ersten Reihe, wird ab und zu nicken, ab und zu klatschen, mehr nicht. Als hätte das alles wenig zu tun mit ihr. Hat es aber, und weil es albern ist, das zu leugnen, redet Johannes Becher (Grüne) gar nicht drum herum, als er am Mikro steht. "Natürlich ist Katharina Schulze geeignet für das Amt der Ministerpräsidentin in Bayern", ruft Becher in den Plenarsaal. Gelächter bei den CSU-Abgeordneten. Vielleicht, sagt Becher, habe die CSU ja "Angst vor Katharina Schulze". Das Gelächter wird lauter. Und nochmal Becher: "Geht es um die Verhinderung von Katharina Schulze?"

Ungefähr eine Stunde streiten die Abgeordneten an diesem Donnerstag, dann steht das erste Ergebnis der Landtagswahl 2023 fest: Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze wird definitiv nicht Ministerpräsidentin, egal wie die Wahl ausgeht. Am Ende der Debatte stimmen CSU, Freie Wähler und AfD gegen den Gesetzentwurf der Landtagsgrünen, das Mindestalter für das höchste Amt im Freistaat aus der bayerischen Verfassung zu streichen. Wer Ministerpräsident oder Ministerpräsidentin werden will, steht dort geschrieben, muss seinen 40. Geburtstag hinter sich haben. Ohne Urkundenfälschung wird Schulze, 37, das kaum schaffen bis zur Wahl im Herbst des kommenden Jahres.

"Nicht mehr zeitgemäß" sei die Altersgrenze, sagt Grünen-Redner Becher. Und lässt ein paar Namen fallen. Emmanuel Macron, der 39 Jahre alt war, als die Franzosen ihn zum Präsidenten wählten. Sanna Marin, mit gerade mal 34 zur finnischen Ministerpräsidentin gewählt. Sebastian Kurz? Ist mit 35 Jahren sogar schon zweifacher Altkanzler in Österreich. "Natürlich können Menschen unter 40 Jahren eine Regierung führen", findet Becher. Macron, Marin, Kurz, "sie treffen Entscheidungen, meistern Krisen und sie machen Fehler", wie ältere Politiker auch. Na ja, an Kurz könne man sehen, "dass etwas mehr werteorientierte Lebenserfahrung nicht hinderlich gewesen wäre", sagt Alexander Hold (Freie Wähler).

Gute Politik sei keine Frage des Alters, sondern "des Anstands"

Wie viel Lebenserfahrung braucht eine Ministerpräsidentin oder ein Ministerpräsident? Das ist ja die Frage, die über dieser Landtagsdebatte schwebt. Und leichter Wahlkampfgeruch liegt eben auch schon in der Luft am Donnerstag im Maximilianeum. An der Maskenaffäre, in der die CSU-Politiker Georg Nüßlein, 53, und Alfred Sauter, 71, kräftig kassiert haben, könne man sehen, dass gute Politik keine Frage des Alters, sondern "des Anstands" sei, sagt Becher. Außerdem könnten die Wählerinnen und Wähler selbst entscheiden, ob sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten für zu jung halten oder nicht. Dass die CSU am Mindestalter klammert, darin wittern die Grünen eine Verhinderungstaktik, um die laut Umfragen bekannteste und beliebteste Oppositionspolitikerin in Schach zu halten - und Katharina Schulze als Herausforderin für Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu blockieren.

Schmarrn, sagt die CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger. Wer "ein hohes Maß an Verantwortung" trage, brauche "auch eine gewisse Lebenserfahrung". Deshalb gebe es auch in anderen Bundesländern ein Mindestalter fürs höchste Staatsamt, etwa in Baden-Württemberg, dort liegt es bei 35 Jahren. Natürlich weist Guttenberger freundlich darauf hin, dass die Grünen dort mitregieren, dort aber anders als in Bayern "nicht unglücklich" mit der Altershürde seien. Letztlich gehe es den Grünen halt doch nur darum, "dass ihre Frau Schulze 2023 Spitzenkandidatin werden kann", sagt Guttenberger. Der FW-Abgeordnete Hold lenkt den Blick ebenfalls "auf die Geburtsdaten" von Schulze, die "das echte Ziel" des Gesetzesentwurfs offenbarten, "dafür reicht gesunder Menschenverstand".

Ob es von den Grünen "geschickt" sei, die "Ambitionen von Katharina Schulze zum Aufhänger der Debatte" zu machen, das stellt auch Martin Hagen in Frage. Er selbst dagegen sei ja schon 40 Jahre alt "und damit unverdächtig, persönliche Interessen zu verfolgen", witzelt der FDP-Fraktionschef. Es gebe trotzdem "keinen Grund", am Mindestalter fürs Ministerpräsidentenamt festzuhalten. Zum Beispiel Alexander der Große, der habe mit nicht mal 32 Jahren "eines der größten Weltreiche der Antike erobert". Na ja, ruft jemand aus der CSU-Fraktion, Alexander der Große sei auch nicht gewählt worden.

Landtagsdebatte: Es bleibt dabei: Wie 2018 werden auch bei der Landtagswahl 2023 alle Wähler mindestens 18 Jahre alt sein.

Es bleibt dabei: Wie 2018 werden auch bei der Landtagswahl 2023 alle Wähler mindestens 18 Jahre alt sein.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Mit ihrem Gesetzentwurf verfolgen die Grünen am Donnerstag noch ein Ziel, unter anderem: die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. In manchen Bundesländern ist das schon geschehen, jetzt auch in Bayern? Auf jeden Fall, findet FDP-Fraktionschef Hagen. Wenn die Politik über Klimaschutz entscheide oder darüber, Schulden aufzunehmen, dann betreffe dies ja "ganz maßgeblich die junge Generation". Auf keinen Fall, findet Winfried Bausback (CSU). Für ihn ist es nicht vermittelbar, dass ein 17-Jähriger ohne Zustimmung seiner Eltern keinen Handyvertrag abschließen darf, aber mit seiner Stimme indirekt über Milliardenbeträge mitentscheiden soll. "Für uns gehört Geschäftsfähigkeit und Wählen-Können zusammen", das sagt auch die CSU-Abgeordnete Guttenberger.

Den SPD-Abgeordneten Arif Taşdelen überzeugt das nicht. Es gehe ja nicht darum, dass ein 17-Jähriger einen Politiker oder eine Politikerin "kauft und mit nach Hause nimmt, sondern wählt", sagt Taşdelen. Dagegen findet Richard Graupner (AfD), dass man die Gesellschaft und "unsere Jugendlichen selbst vor den möglichen schädlichen Folgen ihres Tuns schützen" müsse. Auch das Jugendstrafrecht werde ja bis zum 21. Lebensjahr angewandt. Manche Entscheidungen könnten von jungen Menschen teils "entwicklungsbedingt noch gar nicht voll überblickt werden".

Und die Freien Wähler? Hatten erst im Herbst 2021 von sich aus vorgeschlagen, das Wahlalter bei Kommunal- und Landtagswahl auf 16 Jahre abzusenken. Man stehe dieser Idee weiterhin "sehr aufgeschlossen" gegenüber, sagt Alexander Hold - trotzdem lehnt seine Fraktion den Vorschlag der Grünen ab, aus Rücksicht auf die CSU, ihren Koalitionspartner. Weil CSU und AfD ebenfalls dagegen stimmen, bleibt auch beim Wahlalter alles beim Alten in Bayern.

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