Schulsystem in Bayern:G 9 soll wieder zur Regel werden

Gemeinsames Abitur für ganz Deutschland wird diskutiert

Stress lass nach: Der Wunsch bayerischer Abiturienten könnte bald in Erfüllung gehen - dank verlängerter Schulzeit.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Weniger Druck in der Mittel- und der Oberstufe, mehr Zeit fürs Lernen und Ganztagsangebote: Nach SZ-Informationen hat sich der Philologenverband auf die Eckpunkte für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium festgelegt. Das G 9 soll wieder zum Standard werden, parallele G-8- und G-9-Klassen lehnt der Verband ab.

Von Tina Baier

Die Eckpunkte, die der bayerische Philologenverband für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium entwickelt hat, stehen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung fest. Nach den Vorstellungen der Philologen soll das Gros der Schüler wieder nach neun Jahren Abitur machen. Gleichzeitig soll Gymnasiasten, die das Abitur schon nach acht Jahren ablegen wollen, dieser Weg offenstehen.

Im neuen G 9, wie es sich die Philologen vorstellen, soll die Zahl der Unterrichtsstunden pro Woche auf 30 bis höchsten 32 gesenkt werden. Vor allem Schüler der Mittelstufe und der Oberstufe würden dadurch entlastet. "Kerngedanke dabei ist, auch in Bayern den Schülerinnen und Schülern wieder mehr Zeit für Persönlichkeitsentwicklung, für den Erwerb von Wissen und Kompetenzen, für Lernen, Vertiefen und Üben, für außerschulische Lernerfahrungen, für ästhetische Bildung, für individuelle Förderung und nicht zuletzt für eine echte Hochschulreife zu geben", heißt es in der Einladung zur Pressekonferenz, auf der das Konzept der Philologen an diesem Mittwoch offiziell vorgestellt werden soll. Die Unterstufe soll weitgehend so bleiben wie sie ist. Große Diskussionen gab es darüber, ob die zweite Fremdsprache wie im G 8 schon in der sechsten oder wie im alten G 9 erst in der siebten Klasse dazukommen soll. Vieles deutet darauf hin, dass es bei der sechsten Klasse bleiben wird.

Neun Jahre sollen die Schüler besser vorbereiten

Eine Parallelführung von G-8- und G-9-Klassen lehnen die Philologen ab. Nach ihrem Konzept sollen die Gymnasiasten in der Mittelstufe entscheiden können, ob sie ihr Abitur nach acht Jahren ablegen wollen. Schüler, die sich dafür entscheiden, könnten dann eine Klasse überspringen; das könnte beispielsweise die zehnte Klasse sein. Damit sie den Sprung gut bewältigen, bekämen sie zusätzliche Förderangebote in der neunten und elften Klasse.

Extrem wichtig ist den Philologen, dass positive Neuerungen des G 8 in ihrem G 9 erhalten bleiben. Dazu gehören die Intensivierungsstunden, die es ermöglichen, Klassen aufzuteilen und in kleineren Gruppen zu lernen, aber auch die Ganztagsangebote. Beides soll nach Möglichkeit sogar noch ausgebaut werden.

Die Philologen sind überzeugt, dass ein neunjähriges Gymnasium die Schüler besser auf die Herausforderungen der Gesellschaft vorbereiten kann als ein achtjähriges. Die Anforderungen an junge Menschen seien eher gestiegen. G-8-Befürworter hatten bei der Abschaffung des G 9 noch das Gegenteil angenommen - nach dem Motto: "Man kann sich ja sowieso alles googeln."

Die Rückkehr zum G 9 ist nicht mehr aufzuhalten

Die Philologen halten es unter anderem für extrem wichtig, dass die Schüler Zusammenhänge erkennen. Deshalb sollte ihrer Ansicht nach auch die Vereinzelung der Fächer am Gymnasium überwunden werden. So könnten beispielsweise Schüler im Wirtschaftsunterricht auch über ethische Aspekte nachdenken. Zudem kann es sich eine überalterte Gesellschaft wie Bayern nach Auffassung der Philologen nicht leisten, Begabungsreserven etwa bei Kindern mit Migrationshintergrund brach liegen zu lassen.

Zusätzliche Lehrerstunden würde das neue G 9 nach Einschätzung der Philologen erst in acht Jahren kosten, weil die Zahl der Wochenstunden im neuen G 9 im Vergleich zum G 8 zunächst abnimmt. Bis dahin dürften die rückläufigen Schülerzahlen die Zusatzkosten kompensiert haben.

Langsam scheint auch Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) klar zu werden, dass die Rückkehr zu einer neunjährigen Gymnasialzeit nicht mehr aufzuhalten ist. Unter der Überschrift "Starre Lernzeit für alle Schüler überholt" erklärte er am Montag: Bayern sei "aber hinsichtlich einer qualitätsorientierten Weiterentwicklung des Gymnasiums, die auch die wachsende Heterogenität der Schülerinnen und Schüler berücksichtige, gesprächsbereit."

"Das G 8 in seiner jetzigen Form wird nicht zu halten sein", sagte Margarete Bause am Montag. Die Fraktionschefin der Grünen sprach von einer "Bankrotterklärung des Kultusministeriums", weil die eigentlich Zuständigen nicht selbst aktiv werden. Stattdessen haben Ministerpräsident Horst Seehofer und Kultusminister Spaenle auf das G-9-Konzept des bayerischen Philologenverbandes gewartet, das jetzt vorliegt.

Die Hoffnung der CSU ist wohl, damit dem Volksbegehren der Freien Wähler etwas entgegensetzen zu können, das der Philologenverband ebenfalls ablehnt. Die Partei fordert eine Wahlfreiheit zwischen achtjährigem und neunjährigem Gymnasium. FW-Generalsekretär Michael Piazolo stellte am Montag klar: "Ein Schein-G 9, das wieder auf halbem Weg stehen bleibt, lehnen wir rundweg ab."

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